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Das Gift der Drachen Drachen3

Das Gift der Drachen Drachen3

Titel: Das Gift der Drachen Drachen3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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all diese Toten nicht mir anhängen, für den Schmerz, die Verluste, die Trauer. Bitte nicht. Gewiss nicht. Ich war nicht schuld daran.
    Arbeite.
    Arbeite.
    Ertränke deine Sorgen in Erschöpfung. Lenk dich von deinen Ängsten ab. Leugne deine Sucht.
    Wie ein Magnet wurde ich vom Töpferclan von Xxamer Zu angezogen. Damals war es mir nicht klar, aber in der Rückschau ist es vollkommen offensichtlich: Meine nächtlichen Vorträge führten mich immer und immer näher an meine wahre Familie heran, an meine Wurzeln. Bis ich eines Nachts meine Mutter in der Menge sah.
    Mein Verstand schien plötzlich vollkommen leer zu sein. Piahs Stab traf mit voller Wucht meinen Rücken. Ich ging zu Boden und verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, wurde ich auf den Rücken gerollt. Ein Kreis von Frauen umringte mich, meine Mutter unter ihnen.
    Ihr Haar glänzte wie das Fell eines wilden Tieres und reichte ihr bis zur Hüfte. Mahagonifarben, von grauen Strähnen durchzogen. Ihre Augen waren von Falten eingefasst. Sie wirkte besorgt und etwas verängstigt.
    »Willst du vielleicht Wasser?«, fragte sie. Ihre Stimme war tiefer als die meiner Mutter und ein wenig kratzig, als rauchte sie Wasserpfeife wie ein Mann. Ich konnte den öligen Tabakgeruch an ihr wahrnehmen. »Kannst du dich aufsetzen?«
    »Ich dachte … Du bist nicht …« Ich versuchte, mich zusammenzureißen. »Wer bist du?«
    Ihre Lippen waren schwarz, nachdem sie ein Leben lang Slii-Kerne gelutscht hatte, um ihren Hunger zu stillen. Ihre Zähne waren zerstört oder fehlten. Sie hatte ein Geschwür auf der Oberlippe. Ihre Hände fühlten sich trocken an, wie Papier, als sie sanft meinen Arm umfaste. »Ich bin Mawenab, vom Danku. Wenn du aufstehen kannst, Lehrerin, dann solltest du über Nacht bei uns bleiben. Er hat dich hart getroffen, heho!«
    Sie warf Piah einen vernichten Blick zu, der neben den hockenden Frauen stand, die mich vor der Menge schützten.
    »Es war nicht deine Schuld, Piah«, krächzte ich. »Ich habe nicht aufgepasst. Du hast uns allen eine gute Lektion erteilt.«
    Er lächelte dankbar und sah mich dann fragend an. Würde ich mit zum Arbiyesku zurückkommen oder über Nacht hier bleiben?
    Ich war nicht mutig; mein erster Impuls drängte mich, mit ihm zu gehen. Aber dann gab ich meiner Müdigkeit nach, dem Schmerz in meinem Herzen und im Rücken, wo er mich getroffen hatte.
    »Ich bleibe heute Nacht im Danku«, sagte ich. Mein Puls beschleunigte sich, denn meine Worte fühlten sich an, als würde ich ein beschämendes Geheimnis verraten. Meine Wangen wurden heiß vor Verlegenheit.
    Er nickte, und die Frauen des Danku umsorgten mich, schoben die Gaffer zurück, richteten mich auf, demütig und geehrt von meiner Gegenwart. Zwei Frauen schlangen meine Arme über ihre Schultern und schleppten mich zum Danku.
    Ich sah eine Andeutung von meiner Schwester in dem Gesicht, der Körperhaltung und dem Hüftschwung eines jungen Mädchens, das vor mir ging. Ich erhaschte eine Spur von meiner Mutter in der Art, wie eine alte Frau ihr Kinn bewegte. Ihr zahnloser Kiefer war so runzlig und schwarz wie Rosinen. Ich hörte Mutters Lachen in dem der Frau zu meiner Linken. Meine Brust schmerzte so sehr, dass ich überzeugt war, dass mein Herz aufhören würde zu schlagen.
    Ich ging die wacklige Holztreppe zum Frauenhaus des Danku hinauf. Freundliches Lächeln empfing mich, flüchtige Berührungen. Wasser. Essen. Kinder, die mich staunend ansahen.
    Sie erkannten meine Mutter nicht in mir. Ich platzte vor Worten, die auszusprechen ich zu ängstlich war: Meine Mutter war hier geboren worden! Ihr seid meine Nabeltante, meine Großmutter, meine Nichten. Aber ich durfte ihnen meine wahre Identität nicht verraten. Ich war die Einohrige Radikale, die wegen der Art respektiert wurde, wie sie inspirierte, wegen dessen, was sie lehrte. Sie kannten und akzeptierten mich als das, und ich hatte so große Angst, dass sie mich wegschicken würden, sollten sie erfahren, dass ich mehr oder weniger war als das, wofür sie mich hielten. Ich war in der Vergangenheit zu oft von meiner Familie wegschickt worden. Ich war nicht mutig genug, um das erneut zu riskieren, nicht einmal dann, wenn ich eben die Familie täuschte, die zu verlieren ich fürchtete. Fragt mich nicht nach der Logik darin. Es gibt keine. Nur Angst.
    Seht Ihr? Ich bin nicht mutig und bewundernswert, im tiefsten Grunde. Aber ich frage mich: Ist es denn einer von uns?
    »Schlaf jetzt«, krächzte Mawenab. Ihre alten Hände

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