Das Gift der Drachen Drachen3
Messer längst fallen lassen und stand heulend neben dem Stein, die blutige Hand gegen ihren Bauch gepresst.
Ich vergewisserte mich, dass Tansan mich nicht umbringen würde, weil ich zugelassen hatte, dass ihre Tochter sich einen Finger amputierte, und band dann einen Fetzen meines Bitoo um ihre Wunde. Als Savga sich wieder beruhigt hatte, setzte sie sich in den Staub, streichelte ihre Hand und unterhielt mich mit einer grausigen Geschichte, die ihr eine gewisse Tiwana-Tante erzählt hatte. Darin ging es um ein Kind ohne Hände. Ich machte mich derweil daran, den getrockneten Dramdacan zu schneiden, während sich allmählich die Dunkelheit auf uns herabsenkte.
So fand uns Tansan. Dass sie da war, merkte ich erst, als Savga mit einem Keuchen hochsprang.
»Mama!«
Hastig drehte ich mich um, zu hastig. Ich kippte aus meiner hockenden Haltung um und landete mit einem schmerzerfüllten Schrei auf dem Hintern. Tansan stand vor mir, die langen Beine gespreizt und die Fäuste in die Hüften gestemmt.
»Mama, ich musste zurückkommen, wirklich. Ich konnte doch meine beste Freundin nicht ganz allein lassen, wo es doch dunkel wurde …«
»Genug!« Tansan hob eine Hand, und Savga klappte den Mund zu. »Du weißt genau, wie gefährlich es ist, allein durch die Steppe zu gehen. Hol den …«
Mit einem scharfen Ruck wandte sie den Kopf von Savga ab und starrte über das Gelände. Ich folgte ihrem Blick. Einen Moment glaubte ich, Tansan würde auf die hell schimmernde Hauptkuppel des Tempels blicken, der südlich des Arbiyesku lag, mitten in der Brutstätte. Doch dann sah ich, wie sich eine merkwürdige Silhouette aus dem Dunkel löste und sich uns ruckelnd näherte.
»Geh ins Haus, Savga.« Tansans drängender Ton beunruhigte mich sofort.
»Lass nicht zu, dass sie meine beste Freundin holen, Mama«, flüsterte Savga.
»Geh ins Frauenhaus! Sofort!«
»Versprichst du es?«
»Savga …«
»Versprichst du es?«
»Savga!«
»Mama, du musst es mir versprechen …«
»Ja. Und jetzt geh.«
Savga verschwand im Schatten. Ich stand mühsam auf.
Es war eine Rikscha, die von einem sehnigen Djimbi gezogen wurde, der kurz vor uns keuchend stehen blieb. In der Rikscha saßen zwei Edelleute. Ihre Seidenhemden waren nur nachlässig verschnürt, und ihr pomadisiertes Haar war zerzaust. Ich konnte selbst aus der Entfernung ihren nach Maska stinkenden Atem riechen.
Einer der Edelleute wedelte mit einer Hand, an deren Fingern mit Türkisen besetzte Ringe funkelten. »Schafft die Frauen heraus! Alle Frauen!«
»Wir sind allein, Bayen Hacros.« Tansan sprach das ehrerbietige Oberster Herr aus, als wäre es ein Fluch. »Der Arbiyesku liefert gerade Futter für die Brutdrachen.«
Die beiden Männer sahen sich mit glasigen Augen an, dann stand einer ruckartig auf. Die Rikscha knarrte und schwankte, und er hätte fast das Gleichgewicht verloren. Er stützte sich mit der einen Hand am Kopf seines Gefährten ab und legte die andere auf den Griff seines mit Türkisen besetzten Dolches.
»Lügst du uns an, Rishi-Hure? Du weißt, was ich mit Lügnern mache!«
»Wie es Euer Recht ist, seid Ihr herzlich eingeladen, alle Hütten und Gebäude zu inspizieren, Bayen Hacros«, erwiderte Tansan kalt und deutete auf die Lehmhütten des Geländes. Ihr langer Arm glitt ausholend durch die Luft.
Diese Bewegung und die Art, wie sie ihr Kinn hob und die Luft einsog, lenkte die Blicke der Männer auf ihre Brüste. Sie hatte diese Geste, das wurde mir sofort klar, bewusst kalkuliert.
Die Blicke der beiden Männer glitten lüstern über sie.
»Ich glaube, wir haben eine passende Hure gefunden, Neme«, stieß der Bayen, der sitzen geblieben war, undeutlich hervor.
»Wir nehmen sie beide mit, beim Drachen.« Die Stimme des stehenden Adligen war belegt vor Geilheit.
Tansan trat einen Schritt vor. »Ich genüge. Ihr braucht sie nicht.«
Mir dämmerte, was da vor sich ging, und ich starrte Tansan entsetzt an. »Du kannst nicht …«
Sie drehte sich um und … was für ein Blick! Ich trat unwillkürlich zurück, als ich ihre Miene sah, die stumme Wut darin.
»Ich habe es Savga versprochen«, fauchte sie.
»Ich werde nicht zulassen, dass du dieses Versprechen hältst.«
»Diese Entscheidung hast nicht du zu treffen.«
»Ich habe sie bereits getroffen.«
Wir starrten uns an, ohne auf die Adligen in der Rikscha zu achten, die mit zotigen Bemerkungen kommentierten, dass zwei Huren um das Privileg zankten, den Schwänzen von Bayen gefügig zu sein.
»Ihr
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