Das Gift der Drachen Drachen3
mit denen man seine Widersacher beschimpfte: Fleckbauch, Dschungel-Ausgeburt, Drachenhure.
Dann fiel mir wieder ein, wie sich meine Mutter, als ich neun Jahre alt war, darüber aufgeregt hatte, dass ich durch die Schuld des Komikons von Brut Re dem Drachengift ausgesetzt worden war. In einem Wutanfall hatte sie verraten, dass sie von derselben Art wie der Drachenmeister war: eine Djimbi. Ihre Worte zogen mir einen Schleier von den Augen fort, von dessen Existenz ich nichts geahnt hatte, und ich hatte meine Mutter auf einmal als das gesehen, was sie war: ein Fleckbauch. Eine Djimbi Sha.
Nur wenige Monate später hatte ein ähnlicher Wutanfall Waivias mir einen anderen Zauber entrissen, der mir seit meiner Geburt vor den Augen gelegen hatte, und ich hatte auch sie gesehen, wie sie wirklich war. Djimbi Sha. Ein Fleckbauch.
Nur ich war keiner.
Hatte ich gedacht.
»Es ist einer der wirksamsten Zauber, die über dir liegen. Wie ein Schutzschild, Babu! Er ist so mächtig, dass er dich daran hindert, wirklich du selbst zu sein. Dein Mondblut fließt nicht, stimmt’s? Verdammt, es stimmt. So mächtig ist dieser Zauber. Du wirst niemals Kinder gebären, solange er über dir liegt. Und du wusstest es nicht einmal, Mädchen, stimmt’s?«
Ich konnte das ›nein‹ einfach nicht aussprechen, das in meiner Kehle festzustecken schien.
»Die Person, die dich mit diesem Zauber belegt hat, musste ihn üben und perfektionieren, bevor sie ein so ausgezeichnetes Ergebnis erzielen konnte. Schließlich ist das nicht so einfach, wie einen Topf Farbe anzumischen, heho! Vor Jahren habe ich die Haut dreier Makmakis von Brut Re verdorben, als ich versuchte, eben diesen Farbton zu erzielen. Es ist nur dem Geld zu verdanken, mit dem ich sie entschädigt habe, und den Gewändern, die diese Diener der Toten tragen, dass sie ihr Leben weiterführen konnten, ohne wegen der unmöglichen Färbung ihrer Haut ausgestoßen zu werden, die ich verursacht hatte.«
»Ich bin keine Dj…«
Gen reagierte blitzschnell und drückte mir seine große Hand auf den Mund. Savga presste sich mit einem leisen Schrei noch dichter an mich.
»Sprich das Wort nicht aus!«, befahl Gen. »Es wird die Fasern des magischen Netzes schwächen, das sich um dich schlingt.«
Ich klammerte mich ebenso an Savga, wie das Mädchen mich umklammerte. Sie hechelte an meiner Brust wie ein verängstigtes Kätzchen.
Langsam ließ Gen die Hand von meinem Mund sinken und hockte sich wieder hin. Ich konnte auf meinen Lippen das bittere Weihrauchöl schmecken, an der Stelle, wo er mich berührt hatte.
Schließlich bemerkte ich, wie fest ich Savga hielt; meine Fingernägel gruben sich in die weiche Haut ihrer Oberarme. Ich ließ sie los. Schluckte. »Aber … wie? Wie könnt Ihr sehen, was ich nicht sehe?«
»Ich habe meine Mittel und Wege.«
»Und andere?«
Er tat diese Möglichkeit mit einem verächtlichen Schnauben ab. »Du brauchst dir deshalb keine Sorgen zu machen, heho! Das Netz, das um dich geknüpft wurde, ist sehr stark. Es reicht weit über deine Hautfarbe hinaus. Dein Wesen selbst wurde mit dem Zauber verwoben. Dein Geruch, die Flecken, die Fältchen und der Geschmack deiner Haut, all das wurde verborgen. Selbst jemand, der sich mit den Djimbi-Gebräuchen gut auskennt, hätte Schwierigkeiten, dich als das zu enttarnen, was du bist. Wenn ich nicht mein halbes Leben nach dir gesucht hätte, hätte selbst ich dich nicht als das erkannt, was du bist!«
Ich starrte auf meine Hände, die mir so vertraut und dennoch auf einmal so fremd vorkamen. »Und was bin ich?«
»Die Dirwalan Babu«, antwortete Gen. »Die Tochter des Himmelswächters. Und dazu eine Saroon .«
Ich hob den Kopf.
Erneut hatte er die Finger unter der perfekt geformten Spitze seines gestutzten Bartes verschränkt. »Du bist das Ergebnis der Paarung zwischen einer Munano , einer halbblütigen Djimbi, mit einem Fa-pim-Mann.«
»Mein Vater war kein Fa-pim!«
»Kein Ludo Fa-Pim , das nicht, nein. Kein Grundbesitzer von drachengesegnetem reinem Blut. Aber was die Vererbung angeht, betrachtet der Imperator jeden, der von den Bewohnern des Archipels abstammt und nicht von Djimbiblut verseucht ist, als Fa-pim. Das ist die Wahrheit. Nur die Fleckbäuche sind Clachio.«
Clachio. Abschaum, der ausradiert werden muss. Eine heilige Frau hatte vor einem Jahrzehnt diesen Ausdruck benutzt, bevor sie meine Weiblichkeit weggeschnitten hatte.
Seine Worte glitten in meinem Inneren herum wie die Rückenflosse eines
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