Das Gift der Drachen Drachen3
festhaltend. Unten flackerten Kerzen, und ich hörte Yimtranu mit jemandem reden. Mit einem Mann. Ich raffte alle Kraft zusammen, um die Treppe hinabzusteigen, blieb aber wie angewurzelt stehen, als ich hörte, was Yimtranu sagte.
»… brauche mehr Drachenmilch. Die übliche Menge zum üblichen Preis.«
Die Antwort des Mannes war ein unverständliches Brummen, dem ein Fluch von Yimtranu folgte.
»Er spielt ein gefährliches Spiel, wenn er einfach den Preis erhöht«, krächzte sie. »Also gut, geh zu ihm und sieh zu, ob du diese Kröte herunterhandeln kannst. Wenn nicht … dann geh einfach weg. Er wird den Preis in spätestens einer Woche senken, wenn er nicht riskieren will, dass sein Herr seinen gestohlenen Schatz entdeckt.«
Der Mann antwortete brummend, dann klickten Münzen, Schritte ließen die Dielen knarren, und die Tür öffnete sich quietschend.
Meine Gedanken überschlugen sich. Wenn Yimtranu tatsächlich so weit gesunken war, dass sie Schwanzstärker für Bayen zusammenbrauen musste, um ihre Familie zu ernähren, war es durchaus vorstellbar, dass sie verbotenerweise Drachenmilch, also Gift, in ihren Produkten verwendete, wegen ihrer mächtigen, aphrodisierenden Wirkung. Und nach dem, was ich gerade belauscht hatte, schien dieser Mann sie mit diesem Gift zu versorgen.
Ich hastete in die Kammer zurück, wo Savga immer noch in der Ecke kauerte, riss den Riegel der Fensterläden hoch, stieß sie auf und beugte mich weit hinaus. Da war er, eine einsame Gestalt auf der Straße, die gerade um eine Ecke bog.
»Bleib hier!«, stieß ich an Savga gerichtet hervor und wirbelte herum. »Ich komme spätestens morgen früh wieder zurück.«
Die Furcht in ihrem Blick traf mich bis ins Mark.
»Ich komme zurück«, wiederholte ich, aber das konnte ihre Furcht nicht vertreiben. Gereizt bückte ich mich, hob sie auf meine schmerzende Hüfte und trampelte die Treppe hinab.
»Die Kleine hat sich beschmutzt«, rief ich Yimtranu im Vorübergehen zu. »Ich muss sie waschen.«
»Nur Huren gehen zu dieser Stunde auf die Straße!«, fuhr Yimtranu mich an, aber ich war schon durch die Tür gestürmt. Savga hüpfte auf meiner Hüfte auf und ab.
Draußen packte ich sie fester und rannte zum Ende der Gasse. Ich bog um die Ecke, hinter der der Mann verschwunden war, und kam an einer Gruppe alter Männer vorbei, die auf dem Boden würfelten. Und an einem Jungen, der an eine Wand pinkelte, während ein Hund ihn jaulend umkreiste.
Schließlich erreichten wir eine Kreuzung. Schwer atmend blieb ich stehen, blickte nach links und nach rechts …
Da war er. Er war es ganz bestimmt. Die schlanke Gestalt des Mannes war leicht gebeugt, als müsste er gegen Wind ankämpfen. Ich holte bebend Luft, setzte Savga auf die andere Hüfte, ignorierte den Schmerz in meinen Rippen und folgte ihm durch diese und die folgenden Gassen. Ich hielt mich im Schatten und ignorierte die Blicke der Leute, an denen wir vorüberkamen.
Plötzlich standen wir auf dem dunklen, verlassenen Marktplatz von Xxamer Zu. Rechts von uns erhob sich der Tempel der Brutstätte. Der Mann überquerte den Marktplatz und ging zu zwei verlassenen Gebäuden.
»Kannst du eine Weile laufen, Savga?«, keuchte ich. Es war grausam, zu fragen, weil sie schwach war und den ganzen Tag nichts gegessen hatte, aber in meinem Brustkorb brannte der Schmerz der gebrochenen Rippen, und ich wollte auf keinen Fall die Chance versäumen herauszufinden, wo ich vielleicht eine Quelle für das von mir so ersehnte Gift finden konnte, nur weil ich das Kind tragen musste …
Sie nickte kurz.
Ich ließ sie rasch zu Boden, packte ihre Hand und zog sie hinter mir her über den leeren Marktplatz.
Unsere Füße klatschten auf den harten Lehmboden, der noch warm von der Hitze des Tages war. Der Wind trieb einen Ball aus trockenem Gras vor uns über den Weg, und einige Männer, die vor einer Taverne standen, riefen uns höhnische Bemerkungen zu. Savga sah mich ängstlich an.
Närrin!, zischte eine Stimme in meinem Kopf. Du hättest sie zurücklassen sollen. Geh zurück, bevor ihr beide Schaden nehmt!
Der Mann verschwand in einer Gasse zwischen den zwei verlassenen Gebäuden. Ich zog Savga hinter mir her.
Sie sog scharf die Luft ein, verängstigt von der Dunkelheit und der Enge der Gasse, in der es nach menschlichen Exkrementen stank. Meine Instinkte warnten mich unüberhörbar davor weiterzugehen. Doch statt umzukehren, packte ich Savgas Hand fester und zerrte sie in die Dunkelheit hinein.
Vor
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