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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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sondern auch verspannt. »Damit wollte er den Unschuldigen spielen, denke ich.«
    »Ihm hätte aber doch klar sein müssen, dass ihm das nichts nützt!«
    »Mörder reagieren nicht logisch und zielgerichtet. Manche verraten sich sehr schnell. Sie sind geradezu darauf aus, Indizien zu hinterlassen, die zu ihrer Festnahme führen. Im Grunde war es für Zimmermann eine Erlösung, als wir ihn verhaftet haben. Glaub mir, ich habe so was nicht zum ersten Mal erlebt.« Kessler stöhnte leise und ließ sich in seinen Sessel zurückfallen. In seinem Blick war etwas Melancholisches, als er aus dem Fenster blickte. »Ich will dich nicht länger aufhalten, Nikolaus. Du hast sicher noch ein paar CDs, die du hören musst.«
    Es klang bitter, und Alban wusste, warum. Kessler beneidete ihn. Der Mann hatte drei Kinder, wohnte in einem Reihenhäuschen in Hardtberg, für das er im Monat neunhundertfünfzig Euro Darlehensrückzahlung an die Bank zu leisten hatte, und konnte sich gerade so ein Auto leisten, das jedoch seine Frau fuhr. Sie arbeitete stundenweise in einem Sonnenstudio, damit sie überhaupt über die Runden kamen. Kessler hatte Alban vor einigen Monaten nach einem Quartettabend sein Herz ausgeschüttet. Dabei hatte Alban auch erfahren, dass Kessler nur Polizist geworden war, weil sein Vater, ein einfacher Arbeiter aus Siegburg, es so gewollt hatte. Kessler hätte viel lieber Musik studiert.
    »Ich kann nicht glauben, dass Zimmermann einen Mord begangen hat, Gerhard«, sagte Alban entschieden. »Was habt ihr denn überhaupt gegen ihn in der Hand?«
    Kessler warf Alban einen abschätzigen Blick zu. »Wir haben unsere Informationen, glaub mir.«
    »Informationen? Welche denn?«
    »Das ist Polizeisache.« Er schwieg einen Moment und blickte auf die Tischplatte. Alban konnte fast körperlich spüren, wie er sich zusammenriss, um wach zu bleiben.
    Plötzlich ging die Tür auf. Ein Polizist in Uniform kam herein, legte Kessler wortlos etwas auf den Tisch und verließ das Büro sofort wieder.
    Der Hauptkommissar zog die Papiere zu sich und überflog sie kurz. »Das hab ich mir gedacht«, murmelte er. Er rieb sich über das Gesicht.
    »Wann kannst du nach Hause?«, fragte Alban.
    »Jetzt. Ich habe nur noch auf dich und deine Unterschrift gewartet.«
    »Ich hätte das Protokoll doch auch bei einem Kollegen unterschreiben können.«
    »Wenn du mit irgendeinem Passus darin nicht einverstanden gewesen wärst, wäre ich gern dein Ansprechpartner gewesen.«
    »Vielen Dank. Das weiß ich wirklich zu schätzen, Gerhard. Aber tu mir bitte den Gefallen und sag mir, warum ihr Zimmermann verhaftet habt. Und was mit der Partitur passiert.«
    »Die Partitur kannst du haben. Zimmermann hat sie dir geliehen, und dabei bleibt es jetzt erst mal. Es kann natürlich sein, dass Forderungen von Angehörigen des Besitzers kommen …« Er blätterte wieder durch einen Stapel Papier. Zwischen Aktennotizen tauchte das Notenheft auf. Kessler zog es heraus und reichte es Alban. Dann stand er auf, ging zur Tür und nahm seinen Mantel vom Haken.
    Alban blieb sitzen. »Was ist jetzt mit Zimmermann?«
    Kessler seufzte. »Gibst du denn gar nicht auf?«
    »Nein«, sagte Alban trotzig. »Und ich habe noch viel Energie.«
    »Du kannst gern bleiben, wenn es dir hier gefällt. Ich fahre jetzt jedenfalls.«
    Alban stand auf. »Wie kommst du nach Hause?«
    »Mit der Bahn. Sie fährt vor dem Präsidium ab.«
    »Ich weiß was Besseres«, sagte Alban.
    Minuten später bog Alban auf die Konrad-Adenauer-Allee in Richtung Norden ein. »Also – raus mit der Sprache«, sagte er und blickte Kessler, der neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, auffordernd an.
    Der Hauptkommissar schwieg.
    Alban ließ nicht locker. »Es ist klar, dass du mir im Präsidium nichts sagen durftest. Aber jetzt sind wir unter uns, Gerhard. Sag mir endlich, warum Zimmermann den Mord begangen haben soll.«
    Kessler hielt seine Tasche stocksteif auf dem Schoß fest. »Warum willst du das denn so genau wissen?«
    »Erstens, um meine Menschenkenntnis zu verbessern. Mir kam dieser junge Mann alles andere als gewalttätig vor, und er tat mir leid. Ich bin hundertprozentig sicher, dass er Angst um seinen Freund hatte. Zweitens interessiert mich immer noch, wo diese Partitur herkommt. Und in diesem Zusammenhang hätte ich gern noch mal mit Zimmermann über das Manuskript gesprochen. Vielleicht ist ihm ja dazu noch was eingefallen.«
    Alban hatte die Abzweigung zur Reuterstraße erreicht und hielt an der Ampel.

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