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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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während David Wagner Unterlagen von einem Stapel auf einen anderen hievte und dabei einen sehr beschäftigten Eindruck zu machen versuchte. Nur keine Eile, sagte Wanda stumm. So schnell wirst du uns nicht los.
    Verflixt!
    Schon auf der Fahrt nach Sonneberg hatte sich das ungute Gefühl in Wandas Magen breitgemacht, daß alles längst nicht so glattlaufen würde, wie die Männer annahmen. Als am Abend zuvor im »Schwarzen Adler« die Biergläser erhoben wurden, um den »erfolgreichen«Bankbesuch zu feiern, hatte Wanda zwar den anderen zugeprostet, den Optimismus der Männer, für die der Bankbesuch am nächsten Tag nur noch eine Formsache bedeutete, aber nicht teilen können. Ganz im Gegenteil: David Wagner hatte doch schon angedeutet, daß es Probleme geben könnte! Und war es nicht ein schlechtes Omen, etwas zu feiern, was noch gar keinen Bestand hatte? Beschwor man durch solch ein Verhalten das Übel nicht geradezu herauf?
    Das haben wir nun davon, ging es ihr jetzt durch den Kopf, während das Schweigen immer mehr Raum einnahm.
    Karl starrte angestrengt aus dem Fenster, als erwarte er, irgendwo im dichten Blätterwerk der Kastanie eine Lösung zu finden.
    Gustav Müller Sohn pulte so lange an seinem Westenknopf herum, bis er diesen in der Hand hielt.
    Der Bankangestellte schaute bedeutungsvoll auf die Uhr, als wolle er sagen: Ich habe noch andere Termine! Termine, die erfolgversprechender sind.
    Es war dieser Blick, der Wandas Kampfgeist erwachen ließ.
    Nicht mit ihr! Sollten die vielen Stunden, die sie mit Harry in der Brooklyn Bar verbracht hatte, umsonst gewesen sein? Stunden, in denen ihr nichts anderes übriggeblieben war, als den Heldengeschichten der Börsianer zu lauschen?
    Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem sich ihre Anwesenheit in der Brooklyn Bar auszahlte!
    Sie holte tief Luft, zog gleichzeitig das dicke Bündel Geldnoten, das Startkapital der Genossenschaft, aus ihrer Tasche und legte es mit einer nachdrücklichen Geste auf den Tisch. Funkelte David an.
    Â»Es gibt noch eine andere Möglichkeit, wie Sie uns zu unserem Geld verhelfen können …«

    Â»Was heißt das, die Lauschaer haben sich nicht abwimmeln lassen?« Gerhard Grosse runzelte die Stirn. »Bestimmen inzwischen schon die Kunden, mit wem wir Geschäfte machen? Warum haben Sie die Kerle nicht einfach zu einer anderen Bank geschickt? Sollen die sich doch mit deren Kreditwunsch abgeben, wir werden es jedenfalls nicht tun.«
    David Wagner versuchte krampfhaft, sich die Aufregung, die er verspürte, nicht anmerken zu lassen.
    Â»Genau das habe ich den Herren auch vermittelt. Sie sitzen übrigens noch unten in meinem Büro«, erwiderte er so ruhig wie möglich. »Aber – inzwischen geht es nicht mehr um einen Kredit.« David machte eine Pause, was ein erneutes Stirnrunzeln seines Vorgesetzten zur Folge hatte. Hastig, ohne sich die Worte so sorgfältig zurechtgelegt zu haben, wie er es gern getan hätte, fuhr er fort:
    Â»Es ist vielmehr so, daß die Lauschaer Genossenschaft allergrößtes Vertrauen in unser Bankhaus hat.« Wie ein aufgeregter Bräutigam trat er von einem Bein aufs andere.
    Es war geschehen!
    Das, wovon er so lange geträumt hatte, war eingetreten: Es war tatsächlich jemand gekommen, der ihm einen Batzen Geld auf den Tisch knallte und sagte: »Machen Sie was draus!« Daß dieser Jemand ausgerechnet in der Gestalt von Wanda Miles daherkam … Wer hätte das gedacht?
    Wie sie ihn dabei angeguckt hatte! So herausfordernd, als wolle sie fragen: Traust du dich? Und David hatte Mühe gehabt, nicht laut hinauszuschreien: Ja! Ja! Ja!
    Elftausend Goldmark lagen zwei Stockwerke tiefer auf seinem Schreibtisch! Du lieber Himmel – was fürMöglichkeiten! Oh, er hatte schon genau im Kopf, wie er es anfangen würde. Alle Börsenberichte der letzten vier Wochen würde er nochmals gründlich durchgehen, jede noch so kleine Chance würde er aufspüren, das Geld sorgfältig aufteilen, ein bißchen in diesen Topf, einen Teil in jenen … Wie hatte seine Großmutter stets gesagt? Es wäre unklug, alle Eier in einen Korb zu legen.
    Aber …
    Das Geld stand nicht ihm zur Verfügung. Niemand verlangte von ihm , es zu vermehren. Niemand traute ihm das zu. Statt dessen würde er es zu seinem Kollegen Siegbert Breuer bringen müssen, der für die

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