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Das Glück der Familie Rougon - 1

Das Glück der Familie Rougon - 1

Titel: Das Glück der Familie Rougon - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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    »Nicht, als ob mir am Kreuz der Ehrenlegion etwas läge«, bemerkte Roudier zu Granoux, den er in eine Fensternische gezogen hatte. »Ich habe es zur Zeit von LouisPhilippe, als ich Hoflieferant war, ausgeschlagen. Ach! LouisPhilippe war ein guter König; Frankreich wird nie wieder so einen finden!« Roudier wurde jetzt wieder Orléanist. Dann fügte er mit der durchtriebenen Heuchelei eines alten Strumpfhändlers aus der Rue SaintHonoré hinzu: »Aber Sie, mein lieber Granoux, meinen Sie nicht, daß sich das Bändchen in Ihrem Knopfloch gut ausnehmen würde? Schließlich haben Sie die Stadt ebensogut gerettet wie Rougon. Gestern hat man in einem Kreise sehr vornehmer Leute gar nicht glauben wollen, daß Sie mit einem Hammer einen solchen Lärm vollführen konnten.«
    Granoux stotterte Dankesworte, wurde dann rot wie eine Jungfrau bei ihrem ersten Liebesgeständnis, neigte sich zu Roudiers Ohr und flüsterte:
    »Sagen Sie bitte niemandem etwas davon, aber ich habe Grund, anzunehmen, daß Rougon das Band für mich beantragen wird. Er ist ein guter Kerl.«
    Der ehemalige Strumpfhändler wurde ernst und legte fortan große Höflichkeit an den Tag. Als Vuillet mit ihm von der wohlverdienten Auszeichnung sprach, die ihr Freund soeben erhalten habe, antwortete er sehr laut, um von Félicité, die wenige Schritte von ihm entfernt saß, gehört zu werden, daß Männer wie Rougon »eine Ehre für die Ehrenlegion« seien.
    Der Buchhändler stimmte ihm bei; man hatte ihm am Morgen die förmliche Zusicherung gegeben, daß er wieder die Kundschaft des Gymnasiums bekommen werde.
    Was Sicardot betrifft, so war er zunächst leicht verärgert, in Zukunft nicht mehr der einzige Ordensträger des Kreises zu sein. Seiner Meinung nach hatten nur Militärpersonen Anrecht auf das Band. Pierres Mut überraschte ihn. Doch gutmütig, wie er im Grunde war, taute er bald auf und rief schließlich, daß die Napoleons es verständen, die Männer von Herz und Tatkraft auszuzeichnen.
    So wurden Rougon und Aristide mit Begeisterung empfangen; alle Hände streckten sich ihnen entgegen. Man umarmte einander sogar. Angèle saß auf dem Sofa neben ihrer Schwiegermutter; sie fühlte sich glücklich und betrachtete den gedeckten Tisch mit dem Staunen einer starken Esserin, die noch nie so viele Schüsseln beisammen gesehen hat. Aristide ging zu ihr, und Sicardot trat heran und beglückwünschte seinen Schwiegersohn zu seinem ausgezeichneten Artikel im »Indépendant«. Er nahm ihn wieder in Freundschaft auf. Auf die väterlichen Fragen, die er an den jungen Mann richtete, antwortete dieser, es sei sein Wunsch, mit Kind und Kegel nach Paris überzusiedeln, wo ihm sein Bruder Eugène weiterhelfen würde, aber dazu fehlten ihm fünfhundert Francs. Sicardot versprach sie ihm und sah schon, wie seine Tochter von Napoleon III. in den Tuilerien empfangen wurde.
    Inzwischen hatte Félicité ihrem Mann ein Zeichen gegeben. Pierre, stark umworben und teilnahmsvoll wegen seiner Blässe befragt, konnte sich nur eine Minute frei machen. Er konnte seiner Frau ins Ohr flüstern, daß er Pascal wiedergefunden habe und daß Macquart noch diese Nacht die Stadt verlasse. Mit noch leiserer Stimme erzählte er ihr vom Wahnsinn seiner Mutter, wobei er einen Finger auf den Mund legte, als wolle er sagen: Aber kein Wort davon, das würde uns den Abend verderben! Félicité verzog überlegen die Lippen. Sie wechselten einen Blick, in dem sie ihren gemeinsamen Gedanken lesen konnten: Von nun an würde ihnen die Alte nicht mehr im Wege sein; man würde die Hütte des Wilderers abreißen, wie man die Mauern des Fouqueschen Anwesens abgerissen hatte, und sie selbst würden künftig Achtung und Ansehen in Plassans genießen.
    Die Gäste aber betrachteten die Tafel. Félicité forderte die Herren auf, Platz zu nehmen. Es herrschte allgemeine Glückseligkeit. Als man eben die Löffel zur Hand nehmen wollte, bat Sicardot mit einer Handbewegung um einen Augenblick Geduld. Er erhob sich und sprach ernst:
    »Meine Herren! Ich möchte im Namen der Anwesenden unserm Gastgeber sagen, wie glücklich wir über die Anerkennung sind, die sein Mut und seine Vaterlandsliebe ihm eingetragen haben. Ich sehe, daß Rougon einer Eingebung des Himmels gefolgt ist, als er in Plassans blieb, während diese Lumpen uns über die Landstraßen schleiften. Darum findet der Entschluß der Regierung meinen größten Beifall … Lassen Sie mich vollenden … Sie werden nachher unsern Freund

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