Das Glück eines Sommers
Dad?«
»Sie hat mir ein bisschen was erzählt, als wir uns kennengelernt haben, aber ich bin nie hier gewesen.«
»Warum hat sie uns nie mit hierhergenommen?«
»Das hatte sie vor«, antwortete Jack. »Sie wollte diesen Sommer mit euch hierher, sobald ich … Jedenfalls, das war ihr Plan.«
»Sind wir deswegen hier? Um Moms letzten Wunsch zu erfüllen?«
»Zum Teil, ja.«
Jackie zupfte seinen Dad am Ohr. »Cory?«, fragte er und deutete auf seinen Bruder, der sich eine pinkfarbene Boa um den Hals geschlungen hatte und lange weiße Handschuhe trug, dazu eine Tiara.
»Ja, das ist Cory«, sagte Jack und grinste breit. »Und ganz offensichtlich ist er sich seiner Männlichkeit sehr sicher.«
Er schaute zu Mikki, die mit den Fingern über die Initialen ihrer Mom strich.
Jack blickte aus dem Fenster. »Hey, Leute, schaut euch das mal an!«
Die Kinder liefen zum Fenster und blickten voller Ehrfurcht auf den Leuchtturm, der sich neben dem Haus auf einer Felsspitze erhob.
»Der steht wirklich nah am Haus«, bemerkte Mikki.
Und Cory fügte hinzu: »Glaubst du, der gehört uns auch?«
»Ja«, antwortete Jack. »Eure Mom hat mir davon erzählt. Das war einer ihrer Lieblingsplätze.«
Lizzies Schwester Tillie. Sie ist jetzt im Himmel.
Sie verließen das Haus und stiegen auf die Felsspitze. Der Leuchtturm war schwarz-weiß gestreift und bestimmt fünfzehn Meter hoch. Jack probierte die Tür. Sie war abgeschlossen, aber er konnte durch ein kleines Fenster ins Innere schauen. Er sah eine Wendeltreppe aus Holz. An der Wand waren Kisten gestapelt, und alles war von Staub bedeckt.
»Was für ein Durcheinander«, sagte Mikki, die ebenfalls durchs Fenster spähte.
An der Außenwand befand sich ein altes, verwittertes Schild. Jack kratzte ein wenig Dreck ab und las: »Lizzies Leuchtturm«. Er trat einen Schritt zurück und blickte voller Ehrfurcht den Turm hinauf.
Cory betrachtete das handgemalte Schild. »Wie hat Mom denn dieser Leuchtturm gehören können?«
»Er gehört zum Haus dazu. Und er war einer ihrer Lieblingsorte«, antwortete Jack und machte sich auf den Weg um den Leuchtturm herum, um einen zweiten Eingang zu suchen. »Ist das nicht cool?«
»Das ist doch nur ein alter Leuchtturm, Dad«, sagte Mikki.
Jack drehte sich zu ihr um. »Aber eure Mom hat ihn geliebt.«
Jackie zupfte seinen Vater am Hosenbein und deutete auf den Turm. »Was ist das?«
»Ein Leuchtturm, Jackie«, erklärte Cory. »Ein großes Licht.«
»Großes Licht«, wiederholte Jackie.
Jack ließ seinen Blick über das Anwesen schweifen. »Also, ich bin begeistert.«
»Was?«, rief Mikki.
»Das ist ein wundervoller Ort, um den Sommer zu verbringen.«
»Aber Dad«, protestierte Mikki. »Das ist eine Müllhalde. Und meine Freunde …«
»Das ist keine Müllhalde. Eure Mutter ist hier aufgewachsen«, sagte Jack mit scharfer Stimme. »Und wir werden hierherziehen.« Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu: »Zumindest für einen Sommer.«
KAPITEL 22
Zurück in Cleveland, zogen sie aus dem gemieteten Haus und parkten ihre wenigen Möbel bei Sammy, der beschlossen hatte, sie nach South Carolina zu begleiten.
»Was soll ich allein den ganzen Sommer anfangen?«, hatte Sammy gesagt, als er von den Plänen der Familie erfahren hatte. »Außerdem hat Sam junior sich an die Kinder gewöhnt. Wenn sie nicht da sind, jault er die ganze Zeit. Ich meine, ich komme ja ohne euch zurecht, aber der Hund macht mir Sorgen.«
Sie schlossen Sammys Garagenhaus ab, schoben Sam juniors dicken Hintern in den VW und fuhren los. Sammy fuhr den VW-Bus, und Jack folgte in seinem Pick-up mit Sammys Harley auf der Ladefläche. An Lizzies Grab legten sie einen Zwischenstopp ein. Jack wusste, dass es für alle schwer sein würde, doch er wollte, dass seine Kinder ihre Mom noch einmal besuchten.
Sie steckten frische Blumen in die Vase, und jedes der Kinder sagte etwas zu seiner Mutter. Mikkis Worte waren jedoch nicht zu hören. Jack kämpfte mit den Tränen. Als Jackie wissen wollte, wo seine Mom war, sagte Mikki ihm, sie würde schlafen. Jackie legte sich neben das Grab seiner Mom und flüsterte nur, um sie nicht zu wecken.
Sie teilten die Fahrt in zwei Etappen. Die Nacht verbrachten sie in zwei angrenzenden Zimmern in einem Motel in Salem, North Carolina. Sam junior blieb mit einem Wassernapf im Bus, die Fenster offen, aber nur so weit, dass er nicht hindurchklettern konnte. Doch gegen Mitternacht begann er so herzzerreißend zu heulen, dass Jack und Sammy ihn
Weitere Kostenlose Bücher