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Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Titel: Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Kiefer
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meine …« Er ließ offen, was er meinte. Vielleicht wusste er es auch nicht.
    »Für viele Menschen ist die Vorstellung, dass Behinderte Sex haben könnten, ein Tabu«, mischte ich mich ein. »Irgendwie darf es das gar nicht geben, also dürfen auch keine solchen Vorlieben existieren.«
    »Solange es ein gesundes Begehren ist …«, begann Steffi.
    »Hört, hört!«, feixte ihre Freundin. »Was ist denn das, ein gesundes Begehren? Können Behinderte gesund begehren?«
    Steffi wurde rot.
    »Sie meint«, sprang ich ein, »dass es kein Fetisch sein soll.«
    »Ja genau«, stimmte Jasmin zu. »So sehe ich das auch. Und Sex muss natürlich im Einverständnis beider stattfinden. Gerade weil das für manche Behinderte selbst ein Tabu darstellt.« Sie hob den Arm. Wenn sie gekonnt hätte, wäre es wahrscheinlich der Zeigefinger gewesen. »Ein Handicap darf man doch nicht sexy finden!«
    »Es gibt auch Frauen mit solchen Riesenbrüsten, dass ich ihnen einen Behindertenausweis ausstellen würde«, meinte ein Blonder mit Pferdeschwanz, ein Kumpel von Stöpsel.
    »Und Männer, die auf solche Silikonballons stehen«, ergänzte Stöpsel mit einem Unterton, der mich vermuten ließ, sein Kumpel liebäugle mit Körbchengröße XXL.
    »Es geht doch darum«, sagte Jasmin, »dass sich manche Männer mächtig und überlegen fühlen könnten, wenn eine gelähmte Frau beim Sex ihr Beine nicht bewegen kann.«
    »Das ist widerlich!«, rief ich empört.
    »Wahrscheinlich meinen sie mit Amelo genau solche Männer«, sagte Jasmin. Sie legte ihre Hand auf meinen Arm. »Du musst achtgeben, Ines!«
    »Das mach ich, klar! Ich bin ja auch gewarnt worden. Wenn ein Typ sehr viele Frauen aus der Community kontaktiert und sie treffen will, könnte das ein Hinweis sein.«
    »Wieso sollen sich Liebe, Erotik und Rollstuhl ausschließen?«, fragte Stöpsel und warf mir einen seiner Spezialblicke zu. Sehr lang. Sehr tief.
    »Ich behaupte das nicht«, grinste ich.

    Meines Wissens ist Sex für gelähmte Männer problematischer als für gelähmte Frauen. Männer benutzen eine Penispumpe oder andere Hilfsmittel. Aber einmal abgesehen von allen Verirrungen und Verwirrungen: Man kann sich auch ganz einfach in einen Menschen verlieben. Und dieser Mensch kann zufälligerweise im Rollstuhl sitzen.
    Ich glaube, Frauen im Rollstuhl haben es im Alltag leichter als Männer im Rollstuhl. Schon oft verzweifelte ich vor Treppenaufgängen und quatschte dann einen freundlich aussehenden Mann an, ob er mich hochtragen könnte. Für einen Mann im Rollstuhl sind solche Situationen schwieriger zu meistern. Auch wenn Frauen nachgesagt wird, prinzipiell hilfsbereit zu sein: Einen Mann die Treppe hochzutragen ist kein Kinderspiel. Und ob ein Mann einen anderen Mann fragen würde … ob der Gefragte das dann überhaupt machen würde? Womöglich hielte man ihn für schwul, und dieser Gefahr gehen die meisten Männer aus dem Weg, wenn sie nur hundert Kilometer gegen den Wind ruchbar wird.
    Schade, dass unser Zusammenleben durch so viele Vorurteile begrenzt wird. Und andererseits sehr angenehm, da Vorurteile auch durchschaubar machen. Als Frau im Rollstuhl wecke ich manchmal aus purer Berechnung Beschützerinstinkte. Ich kann gucken wie ein kleiner Hund, der von seinem Frauchen vergessen wurde. In Notsituationen mache ich das glatt. So schamlos bin ich, dass ich meine Behinderung vor steilen Stufen ausnutze und an Mutter- und Beschützerinstinkte appelliere!

    Trotz der Erfahrungen und Erkenntnisse von der Startrampe lernte ich auch »normale« Männer kennen, die gern mit mir ausgingen. Und so stellte ich nach nicht mal einem Jahr auf Rädern fest, dass ein Rollstuhl kein Hinderungsgrund für Liebesglück ist. Es ging nicht um Beine oder Räder. Es ging um mich. Diese Erkenntnis haute mich glatt um. Damit hatte ich nicht gerechnet! Und auch nicht damit, Opfer eines liebeskranken Menschen zu werden.
    Bis heute weiß ich nicht, ob derjenige, den ich hinter dem Stalking vermutete, tatsächlich dahintersteckte und vielleicht sogar ein Amelo war, denn natürlich verwischte er seine Spuren. Mit Wolfgang, einem Kumpel aus dem Hotel, war ich abends in einer Kneipe. Wir hatten viel Spaß an einem ziemlich großen Tisch, und ich versprühte großzügig Charme nach links und rechts. Wolfgang kannte mich und meine Art ja schon – der vermeintliche Stalker aber nicht und verstand hier wohl etwas falsch.
    Tagelang rief er mich immer wieder an, schickte SMS, und als ich ihm sehr deutlich zu

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