Das Glück reicht immer für zwei
am Ende würde es sich nur als Zeitverschwendung erweisen.
Sie erinnerte sich, wie sie mit Ralph so dagesessen hatte. Bereits wenige Monate nach ihrer Hochzeit. Nachdem er die Nacht zuvor mit Freunden ausgegangen war, kurierte er seinen Kater aus, während sie sich den Kopf zerbrach, ob sie einen Fehler begangen hatten. Ralph hatte sich mit Alkohol betäubt, weil er eine Rolle am Project Arts Center nicht bekommen hatte, von der er sich sicher war, die ideale Besetzung zu sein. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen, dass er sogar seinen Job als Barmann in einer der Bars in der Innenstadt an den Nagel gehängt hatte. Obwohl sich Britt ärgerte, dass er nicht damit gewartet hatte, bis er die Rolle in der Tasche hatte, bemühte sie sich, Mitgefühl zu zeigen.
»Das Problem ist«, sagte Ralph, der sie mit seinen blutunterlaufenen Augen ansah, »dass du kein Verständnis für mich hast. Du denkst, ich bin selbst schuld.«
»Natürlich tut es mir leid, dass du die Rolle nicht bekommen hast«, sagte sie entrüstet. »Ich halte es einfach nur für dumm, den Job hinzuschmeißen, bevor du eine Zusage hattest.«
»Ich bin kein Barmann«, sagte Ralph. »Ich bin Schauspieler.«
Sie war versucht zu sagen, er sei ein Schauspieler ohne Engagement, aber sie wusste, dass es die Sache nur schlimmer gemacht hätte. Schließlich war allgemein bekannt, wie schwierig es war, als Schauspieler einen Fuß in die Tür zu bekommen. Talent allein reichte nicht. Mindestens ebenso wichtig war Glück. Und, rief sie sich ins Gedächtnis, Ralph war großartig und sexy, und sie hätte ihm so sehr eine Rolle in einem heißblütigen Stück gewünscht. Oder, wie sie dann in ihrer nüchternen Art dachte, wenigstens fürs Erste eine Rolle in irgendeinem Eiscremewerbespot.
Sie hatte ihr Bestmögliches getan, o ja. Doch ein paar weitere
Monate später war ihre Ehe gescheitert. Ihre Freunde bedauerten sie, beteuerten, wie schade es sei, aber sie solle sich nicht allzu sehr grämen, schließlich sei sie noch jung und habe noch alle Zeit der Welt, um den Richtigen zu finden. Britt indes war klar, dass dieselben Leute schnurstracks zu Ralph rannten, um ihm ebenfalls ihr Mitgefühl auszudrücken und über sie herzuziehen. Man wisse ja, dass es unmöglich sei, mit ihr zusammenzuleben, ehrgeizig, wie sie war. Sie sei so sehr mit ihrer eigenen Karriere beschäftigt gewesen, dass sie wohl kaum Zeit gefunden habe, ihn zu unterstützen. In diesem Punkt hatten sie sich geirrt, dachte sie jetzt. Obwohl es ihr gar nicht ähnlich sah, hatte sie Ralph jede nur erdenkliche Unterstützung zukommen lassen.
Leo machte eine Bemerkung, und Britt lächelte abwesend. Sie hörte kaum zu, und im Grunde war es ihr herzlich egal, was er zu sagen hatte. Sie fragte sich nur, warum er allein auf dem Schiff war. Falls er allein war. Wie Mia konnte sie das ebenfalls kaum glauben.
Aber sie würde ihn natürlich nicht danach fragen. Es interessierte sie auch nicht wirklich. Am liebsten wäre sie augenblicklich nach Hause zurückgekehrt und hätte wieder ihr normales Leben aufgenommen. Und wenn sie mit diesem Wunsch die absolute Ausnahme auf der Aphrodite war, machte ihr das nicht das Geringste aus.
4. Kapitel
POSITION: KARIBISCHES MEER.
WETTER: SCHÖN UND TROCKEN. WIND: SÜDOST, STÄRKE 4.
TEMPERATUR: 25°. LUFTDRUCK: 1014.5 MBAR.
Kaum hatten sie ihren Hauptgang beendet, erhob sich Leo von ihrem Tisch und entschuldigte sich. Er fühle sich wie gerädert und sei hundemüde. Nicht ohne ihnen zu versichern, dass es gewiss nicht an ihrer Gesellschaft liege, dass er sich so früh zurückziehe, im Gegenteil, sie seien bezaubernde Tischnachbarinnen gewesen. Er schob seinen Stuhl zurück, nickte ihnen steif zu (und kam sich dabei wie ein Schauspieler in einem verstaubten Stück vor), dann fuhr er mit dem Aufzug zu Deck A hinauf – oder nach Apollo, wie es sinnigerweise genannt wurde. Leo war sich sicher, dass er am Ende dieser Reise die Nase voll hätte von all diesen griechischen Namen.
Er öffnete die Tür seiner Kabine und ging hinein. Als er sie am frühen Abend zum ersten Mal betreten hatte, war er erstaunt über die luxuriöse Einrichtung gewesen. Andererseits war es so erstaunlich auch wieder nicht. Man durfte diesen Luxus wohl erwarten bei einer Kreuzfahrt, die ihn so viel kostete wie seine letzten fünf Reisen zusammen. Als er die Suite gebucht hatte, war sie ihm angemessen erschienen. Umso unangemessener erschien sie ihm jetzt.
Bis zur letzten Minute war er unschlüssig
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