Das Glück über den Wolken: Roman (German Edition)
Winter mit Luke entdeckt hatte und es traurig und verfallen gewesen war, war es dennoch hübsch gewesen. Jetzt sah es gepflegt aus und war wieder in einem guten Zustand. Nicht zum ersten Mal dachte Sophie darüber nach, was für eine schöne Aussicht man darin haben musste. Vielleicht konnte man vom Dachgeschoss aus sogar das Meer sehen.
Das Dach war fast vollständig ersetzt worden, genauso wie die Regenrinnen und viele Fensterrahmen und Türen. Erfreut bemerkte Sophie, dass die Kletterpflanze, die an den Wänden rund um das Haus emporkroch, noch da war. Um was für eine Pflanze es sich genau handelte, konnte Sophie nicht sagen. Doch ohne sie hätte das Haus nackt gewirkt.
Sophie fing an, sich das Gebäude genauer anzusehen. Sie blickte durch eines der Fenster und bemerkte, dass in den Räumen unten neuer Parkettboden lag. Der Garten war umgegraben, aber noch nicht neu angelegt worden; durch den Zementmischer und den Generator wirkte es wie eine Baustelle, doch über allem lag auch schon eine vielversprechende Aura. Kein Zweifel, bald würde alles wieder wunderschön sein.
Luke würde gegen Mittag eintreffen, also konnte Sophie bis dahin das Haus noch ganz entspannt genießen. Sie lief herum, sah sich alles an und dachte nach, bis das Hungergefühl schließlich zu stark wurde und sie zurück zur Pension fuhr, um zu frühstücken.
»Möchtest du Eier und Schinken?«, fragte Moira. »Du hast gestern Abend nicht viel gegessen, und die viele frische Luft und die Bewegung haben dich bestimmt hungrig gemacht.«
Sophie schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht sicher, ob ich Eier und Schinken runterkriege.«
»Okay, setz dich, dann bekommst du ein Croissant. Ich habe welche aufgebacken.«
Sophie ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Glaubst du, ich muss wirklich hier sein?«
»Wie meinst du das? Du bist hier!«
»Ja, aber ich könnte wieder nach Hause fahren. Ich glaube nicht, dass ich hier von Nutzen sein kann, und …«
»Du hast Angst, Luke wiederzusehen?« Moira legte das warme Croissant auf Sophies Teller.
»Nein! Ich glaube einfach, dass meine Anwesenheit nicht nötig ist. Schließlich sind doch die Innenarchitektin und die Handwerker da.« Sie griff nach der Marmelade. »Okay, es stimmt: Ich habe Angst, Luke wiederzusehen.«
»Du willst doch sicher nicht, dass er dich für zu feige hält, ihn zu treffen, oder?«
»Nein.«
»Siehst du«, fuhr Moira fort, »wenn du hier bist und es dir gut geht, dann wird er nicht glauben, dass er dir das Herz gebrochen hat. Und du willst doch auch Matilda nicht enttäuschen. Was wird sie denken, wenn sie herausfindet, dass du den ganzen Weg hergekommen und dann einfach wieder nach Hause gefahren bist?«
Sophie zuckte mit den Schultern. »Sie sollte eben nicht versuchen, die Kupplerin zu spielen.«
»Bist du sicher, dass sie das versucht?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht will sie aus irgendwelchen sentimentalen Gründen – die wahrscheinlich mit der Tatsache zu tun haben, dass sie Engländerin ist – gern, dass wir zusammen sind. Aber Ali passt perfekt zu ihm. Sie sind gleichaltrig, beide Amerikaner, kommen aus der gleichen gesellschaftlichen Schicht. Luke und ich haben überhaupt nichts gemeinsam. Wenn ich an all die Dinge denke, die er meinetwegen durchmachen musste – Fish and Chips, Marmite, Zugfahren am Sonntag …« Er war damit gut zurechtgekommen, fiel ihr wieder ein. Er hatte sich nicht beklagt oder das Land auf herablassende Art mit Amerika verglichen, er hatte einfach alles mitgemacht, ohne sich zu beschweren.
»Luke wirkte wie ein richtig netter Kerl«, meinte Moira. »Gut aussehend, reich, das ja, aber kein Snob.«
»Nein, okay.« Sophie befeuchtete ihre Fingerspitze und sammelte die Croissant-Krümel auf. »Wenn ich bleiben muss …«
»Du musst bleiben«, bestätigte Moira.
»Ich glaube, dann mache ich mich jetzt mal fertig. Wenn ich Luke wiedersehen muss, will ich gut aussehen – oder zumindest so ›gut‹ wie möglich.«
Nach dem Frühstück ging Sophie nach oben, putzte sich die Zähne und kämmte sich noch einmal die Haare, schminkte sich jedoch nicht. Luke sollte nicht denken, sie hätte extra für ihn Make-up aufgelegt. Dann fand sie einen Kompromiss, indem sie etwas Wimperntusche und ein winziges bisschen Lipgloss auftrug. Nachdem sie ihr Werk im Spiegel begutachtet hatte, wischte sie das Lipgloss jedoch wieder ab. Sie hielt gerade einen Kajalstift in der Hand, als sie Luke ankommen hörte.
Ihr war fast übel vor Anspannung, Aufregung,
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