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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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sah Roy zurückspringen und den Kopf heben, dann erwiderte er meinen Ruf: „Gehört … Gehört … Gehört.“
    Eine Gestalt sprang aus dem Gebüsch auf, und Taucher stieß einen Schrei aus. Er rannte ein paar Schritte, und ich befürchtete, daß er sein Hochdruckgewehr benutzen würde. Aber der Beobachter war sehr schnell, raste jetzt davon und duckte sich im Gebüsch.
    „Hab keine Angst, Kind; dieses Geschöpf ist die Waffe deines Glücks nicht wert.“
    Ich sank wieder zu Boden und drehte, immer noch in tiefem Traum, den Kopf um. Estos Feuer schien mir in die Augen. Eine große Gestalt in Schwarz und Grün stand, keine zehn Schritte entfernt, auf der unebenen Spitze eines Felsens.
    „Wer?“ Ein verbrämtes Gewand, lange Hände, aber keine flatternden Vogelhände eines Granden. Ein Glanz von Metall, mattem Gold, grünem Gold, in einer Hand, und ich wußte es. Ich dachte die Wörter. „Der Schöpfer der Maschinen …“
    Ein leises Kichern. Ich hob meine Hand, um mich gegen Estos Schein zu schützen. Diesmal wurden die Wörter ausgesprochen: „Hütet euer Glück, Dorn Brinroyan!“
    Es setzte der erste leichte Windstoß ein, der die Reben bewegte, und ich war allein.
    Ich kletterte den Felsen hinunter und rannte, ohne mich umzublicken durch die Räume und über das freie Feld. Außer Atem gelangte ich zu Roy und Taucher.
    „Was soll das heißen?“ sagte Roy streng. „Warum folgst du uns, beobachtest uns vom Felsen aus und hoch-rufst uns?“
    „Der Beobachter …“, keuchte ich und zeigte zu der Stelle.
    „Vermutlich hast du uns gewarnt.“
    „Aber was ist es?“ bettelte ich. „Was für eine Art Person?“
    Taucher schüttelte den Kopf. „Groß, wild, männlich. Ich habe das Gefühl, dieses Geschöpf schon einmal gesehen zu haben.“
    „Irgendein Ausgestoßener“, sagte der Harfner, „irgendein erbärmlicher Beerensucher, der nach einer armen auseinandergebrochenen Fünf stöbert.“
    „Na, wie findest du ihn?“ fragte Taucher stolz.
    Er meinte den Gleiter. Er lag, von seiner Abdeckung befreit, wie ein abgestürztes Insekt, wirklich wie ein armer Flatterer, im Gras. Ich hatte noch nie einen aus solcher Nähe gemustert, obwohl ich wußte, daß sie meistens aus Krummholz angefertigt und mit ölgetränktem Stoff bezogen waren. Dieser war ein großer – fünfzehn Schritte lang, mit einer Spannweite von zwanzig Schritten, wenn einer der Flügel nicht gebrochen wäre. Trotzdem wirkte er sehr zerbrechlich, um über dem Boden darin zu sitzen. Als ich noch genauer hinschaute, sah ich, daß das Krummholz sehr fein bearbeitet worden war; zwei Längen wölbten sich vom Schwanz aus über den Sitz des Piloten. Der am hinteren Rand bogenförmige Flügel paßte durch diese Krümmung und war von kurzen festen Seidenschnüren, meist noch ungerissen, gerippt. Der Stoff war ein feines Flachsseidengewebe von blassem Hellgelb, an manchen Stellen zerrissen oder von Beerensaft und Vogeldreck befleckt. Das ganze Gerät ruhte leicht auf Krummholzschienen.
    „Er ist schön“, sagte ich schließlich. „Aber kannst du ihn wieder flugtüchtig machen?“
    Taucher lachte. „Besser als je zuvor!“
    Dann begannen er und Roy das Flugzeug nochmals zu untersuchen, gingen um es herum, bogen den gebrochenen Flügel und setzten sich auf ihre Fersen, um zwischen die Wölbungen des Krummholzes zu schauen. Ich war ungehalten über sie und hatte noch immer Angst. Es gab Zeiten, in denen Erwachsene keinen Verstand und nicht genug Angst hatten. Ich saß auf dem umgestürzten Baum und starrte durch die Büsche zum Rußschilf, zum Pfad, auf dem der Beobachter gekommen und gegangen war. Hatte er ein Boot benutzt? Mir blieb jener andere Beobachter, jene Gegenwart auf dem Felsen, im Gedächtnis; die Gewißheit dieser Erfahrung ließ nicht nach, sondern prägte sich tiefer in meine Erinnerung. Wenn ich nicht bald sprach, wußte ich, daß ich es ihnen nie erzählen würde, daß ich es überhaupt niemanden je erzählen würde.
    Ich hatte niemals in meinem Leben meiner Familie etwas Wichtiges verschwiegen. Ich hatte kaum den geringsten Streich verheimlicht, mir nicht die Mühe gemacht, über Kleinigkeiten zu lügen: geklaute Graunüsse, gefallene Maschen, die mit Baumklettereien vergeudete Zeit, statt Nahrung oder Kräuter zum Färben zu sammeln. Sollte ich jetzt davon abweichen und ihnen nicht zu erklären versuchen, daß der Schöpfer der Maschinen unser Glück beschützte?
    Taucher und der Harfner streiften Seile über die Spitze des

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