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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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und knüpfte in die zerfaserten Fäden ein Symbol meines Namens. Ich reichte es der Omor und gab ihr das orangefarbene Runenband zurück. Dann ging sie, und ich befestigte das Seidenband wieder mit zittrigen Fingern; ich war beunruhigt und beängstigt, denn sie hatte mir wieder Hoffnung gegeben. Das Schaukeln der Zelle würde mich kaum in Schlaf wiegen; ich lauschte und wartete stundenlang, dann träumte ich von orangefarbenen Runenbändern, die sich überall in Rintoul über Straßen und Gärten und Hochstege wanden. Ich befand mich zwei Tage in dieser Unrast, dann holten mich bei Esders Licht die Omor und ein anderer Vasall plötzlich aus der Schlafzelle und führten mich zwischen sich ab.
    Wir stiegen zur nächsten Halbetage über die Treppe hinab; die Omor verließ uns, und als ich mich umwandte, grinste sie betrübt und winkte. Ich habe ihren Namen nie erfahren, und ihre Hilfe kam für die Pläne des Großen Ältesten zu spät. Aber ich fand heraus, daß sie tatsächlich ihre Information zum Rondell der Freundschaft gebracht hatte und dafür bezahlt worden war; ich hoffte, daß sie damit ihre Freiheit erkaufen könnte. Nun bog der andere Vasall den fünf verschiedenen Schlafzellen gegenüber ab und führte mich zu einem großen Wasch- und Ankleideraum, den vermutlich die Diener und Vasallen benutzten. Zwei Diener standen an einer Wasserlache und betrachten hilflos eine Gestalt, die sich weinend und zitternd am Boden krümmte.
    „Wir können ihn kaum reinigen …“ sagte der eine. Ich erkannte mit Schrecken, das dieses Geschöpf mit dem verfilzten Haar und der beschmutzten Tunika Gordo Beethan war.
    „Der ist in besserem Zustand“, sagte mein Vasall. Er zeigte zu einem Becken und einem Haufen frischer Kleidung, wie sie die Diener trugen, von nicht schlechter Qualität.
    Ich rannte zu Gordo und kniete neben ihm nieder. „Laßt mich …“ sagte ich. „Ich kann ihm helfen. Er ist mein Freund.“ Die Diener zuckten die Achseln und beobachteten, wie ich Gordo beruhigend, besänftigend ins Ohr flüsterte.
    „Oh, Dorn Brinroyan“, sagte er hohl flüsternd, „ich dachte, daß sie dich getötet hätten.“
    „Faß Mut“, sagte ich. „Wir kommen lebendig aus diesem Netz. Das weiß ich. Laß mich dein Gesicht waschen.“
    Daraufhin beugte er sich über die Lache, und ich rieb mit einem Schwamm sein Gesicht mit erwärmtem duftenden Wasser ab, das sogar die Diener dort benutzten. Dann kamen die Diener mit Scheren und schnitten seine schmutzige Tunika auf, und er stieg langsam in das Becken. Er war erbärmlich dünn, aber nicht von Schnitten oder Prellungen gezeichnet, und das warme Wasser belebte ihn. Wir bürsteten sein Haar, und die Diener trocknete ihn ab und kleideten ihn an, während ich mich wusch und frische Sachen anzog. Ich achtete darauf, meine eigenen guten Stiefel und mein Vogel-Clan-Zeichen – das ich versteckt hielt – zu behalten, aber die neuen Kleidungsstücke paßten mir mehr oder weniger.
    Es gab keine Spiegel, und ich war froh darüber. Ich wollte mich nicht im Gewand der Pentroys sehen; und es war auch besser, daß Gordo sich nicht selbst sah. Der Lehrling der Wahrsagerin war dürr und seltsam; das hatte die Gefangenschaft aus ihm gemacht; vielleicht hatte sein Verstand ein feineres Muster, da er einem Zeugen gehörte. Wir wurden durch den Waschraum und aus dessen fernster Ecke hinausgeführt. Ich war gerade im Begriff, den Vasallen zu fragen, wohin wir gingen, aber die Worte kamen nicht heraus; wir befanden uns auf einem Hochsteg in einer steifen Brise. Gordo stutzte; der Vasall lachte und trieb uns mit seinem kurzen Stock an. Ich schaute weit über den in Esders Licht perlenweißen Ozean und trat so tapfer, wie ich konnte, nach draußen, wobei ich Gordo am Handgelenk mitriß.
    „Guck dir den Ozean an“, rief ich. „Komm um Cullin und Hingstull willen heraus.“ Gordo hob den Kopf, und wir überquerten den Hochsteg. Die Luft belebte ihn; seine Augen waren nicht mehr so beschattet. Auf der anderen Seite ließ uns der Vasall in einem Korbaufzug hinab. Diesmal fragte ich ihn: „Wohin gehen wir?“
    „Zum Seeblumenraum.“
    „Was ist das?“
    „Ach, ein kleiner Ort, in dem sich der Rat manchmal trifft.“
    Wir betraten ein nur zweistöckiges altes Gebäude durch Vorhangsmauern und gelangten in ein schönes rundes Gemach, das eine niedrige Decke hatte und mit Seeblumen in antikem Stil bemalt war. Ringsherum befanden sich Korbgeflechte in der Höhe einer großen Person, und in der Mitte

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