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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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hinter dem Förster her.
    Dieser kam bergwärts zur zweiten Partie und setzte sich dort, nahe bei den beiden Holzhauern von der Gschwend auf einen liegenden Stamm. Nach einigen unverfänglichen Worten über den Abschluß der Arbeiten fragte er plötzlich den Kaspar: »Na, Thums, wie gefällt es Ihnen nun auf der Gschwend?«
    »Sehr gut, Herr Förster, ganz gut«, versicherte der Kaspar.
    »Haben Sie eigentlich noch Angehörige oder Verwandte drüben?«
    Nun wurde der Kaspar unsicher und schien die Antwort zu überlegen. Auch der Ambros hielt für eine kurze Weile inne und sah den Förster an. Dem Förster entging nichts.
    »Mein Vater lebt noch drüben in Stubenbach.«
    Die Frage war dem Thums also unangenehm gewesen. Schnell kam nun auch die zweite Frage:
    »Kommen Sie gar nicht mehr hinüber? Besuchen Sie Ihren Vater nicht?«
    Der Kaspar hatte sich gefaßt: »Nein, der hat eine zweite Frau genommen, die — die mag ich net.«
    »Kommt den Ihr Vater nicht herüber?«
    »Nein!«
    Der Förster erhob sich und sagte im Gehen: »Zahltag ist am Freitag, am Samstag könnt ihr euch arbeitslos melden. Hoffentlich gibt es bald Schnee, damit wir mit dem Ziehen anfangen können. Bis dahin muß ich euch leider zum Stempeln schicken.«
    Sie sahen ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war.
    »Warum hat der jetzt nach meinem Vater gefragt?« argwöhnte der Kaspar.
    Der Ambros schielte über seine lange Nase hinweg und rieb sich überlegend das Kinn. »Er glaubt es halt net, daß wir net auch schmuggeln, wo wir doch die beste Gelegenheit hätten, und da wollte er einmal auf die Stauden klopfen.«
    Schweigend nahmen die Holzhauer in der Forstkanzlei das letzte Lohngeld in Empfang, lässig, als würde ihnen ein Trinkgeld gereicht, die Jüngeren, bedächtig und etwas bedrückt die Alten. Und der Weber bemerkte mit einem arroganten Grinsen:
    »Die Schinderei beim Holzzug mache ich heuer nimmer mit, Herr Förster, da ist mehr an Schuhen und Gewand hin, als verdient ist. Solange so ein Hungerlohn gezahlt wird, laß ich die Arbeit bleiben.«
    »Gut«, antwortete ihm Greiner ungerührt, »wenn Sie ein einträglicheres Geschäft haben, meinetwegen.«
    Auf der Gschwend saßen sie an diesem Abend in der Stube des Ambros zusammen, und während draußen die Regenschauer auf das Schindeldach trommelten, beratschlagten sie, was für den Winter noch vorzusorgen wäre. Zum erstenmal war die graue Sorge in der Stube und machte die vier jungen Leute nachdenklich.
    »Wird net viel sein, was wir an Unterstützung bekommen«, meinte der Kaspar bekümmert, »jetzt wär eine andere Arbeit recht. Aber wo sollen wir da heroben etwas zu verdienen haben?«
    Sie sahen ihn nur stumm an und wußten, warum er es sagte und woran er dachte und doch nicht davon sprechen wollte. Dann sahen der Kaspar und die Frauen erwartungsvoll auf den Ambros, der nach einer langen Weile langsam maulte:
    »Verhungern werden wir schon net. Aber früher hat man die Holzhauer das ganze Jahr arbeiten lassen —war was anderes als die Unterstützung.« Die Burgl war in den letzten Tagen schweigsam geworden, und nun mußte sie davon reden, was sie bedrückte:
    »Wird eine lange Zeit werden, der Winter. Wird sein, als wären wir gar nimmer auf der Welt, sondern irgendwo anders.«
    Die Lina meinte tröstend: »Ich weiß das schon, wie das ist. Wir halten das schon aus. Sind meine Leute über zwanzig Jahre da heroben gewesen, und wenn net die Mutter gestorben wär, dann hätt es sich der Vater net nach drunten verlangt.«
    Die Burgl schämte sich. »Freilich, hast auch recht. Ich bin halt noch ein wenig ängstig, und wenn ich erst einen Winter hinter mir habe, dann wird es mir nimmer so schwerfallen.«
    »So schön wie da heroben, können wir es woanders net haben — wenn das net wäre, dann — eigentlich bräuchte es den Förster nix anzugehen, wenn wir —«, brummte der Ambros und der Kaspar horchte auf.
    »Wenn man wüßte —«, bemerkte er, »hab noch viele Bekannte drüben.«
    Der Wind schoß in pfeifenden Böen über die Gschwend, und die schweren Regentropfen klopften wie Erbsen an die kleinen Fenster der Stube.
    »Mir fallen die besten Sachen erst im Schlaf ein«, grinste der Ambros und klopfte die Pfeife aus.
    Da gingen sie auseinander und bald verlöschten die stumpfen Lichter in den zwei Häusern. Die Gschwend lag in der stürmischen Herbstnacht, als hätten sich die Einöder im Dunkel und in der Erde verkrochen. In Stinglreut war ein Leben, als wäre jeder Tag

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