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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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scherzend.
    »Ist net viel zu machen. Passen die Herren Beamten zu stark auf«, parierte sie.
    Zwei Motorräder kamen ihnen entgegen, und junge Männer folgten auf neuen Fahrrädern.
    »Muß euch nicht so schlecht gehen, da hinten am Ende der Welt. Motorradi kaufen? Dazu braucht man viel Geld. Ich kann mir keins leisten. Und neue Fahrradl?«
    »Ich kann net so schnell marschieren wie Sie, Herr Wachtmeister«, schnaufte die Weberin und wurde langsamer.
    »Na, dann lassen Sie sich nur Zeit.« Schnell ausschreitend verschwand er bald um eine Wegbiegung.
    »Ach du mein Herrgottl, ist der dumm!« kicherte die Botin hinter ihm her.
    Als sie das Dorf erreichte, steuerte sie das Reibenwirtshaus an, ging durch den Garten in die Küche und stellte aufatmend den Rückenkorb ab.
    »Ein Zettel ist auch drinnen«, raunte sie der Resl zu, die den Korb nahm und damit in einen Nebenraum ging. Die Botin folgte ihr.
    »Der Gendarm war auch wieder ein wenig neugierig gewesen. Aber da kommt er net dahinter.« Lachend nahmen sie die kurzabgeschnittenen Weckenzipfel aus dem Korb. Darunter waren in Schachteln Uhren, Zigarettenmaschinen und Zigarettenpapier.
    »Schwer ist das Zeug gewesen«, seufzte die Botin.
    »Ist ja recht«, sagte die Wirtsresl grob, »umsonst brauchst du es ja net zu tun!«
    »Aber einmal wird mir doch einer in den Korb schauen, entweder auf dem Heimweg oder auf dem Rückweg. Was ist dann?«
    »Dann weißt du von gar nix und sagst, ein Fremder hätt dich gebeten, das Zeug mitzunehmen.«
    Draußen auf dem Dorfplatz zogen der Keppl und der Thums mit einem Leiterwagen voll Weißkrautköpfen vorbei, und der Gendarm Schneider hielt sie an und kramte in ihrer kleinen Ladung herum.
    »Krautköpfe, nix als Krautköpfe!« grinste der Ambros. »Für den langen Winter.« Mit einer entlassenden Handbewegung ließ sie der Gendarm weiterfahren. Es nieselte und sie schlugen sich den Rockkragen
    hoch.
    »Hättest ihm gesagt, daß wir die ganze Arbeitslosenunterstützung auf dem Wagerl haben!« sagte der Kaspar mißlaunig.
    »Wegen der paar Pfennig dreimal in der Woche drei Stunden weit stempeln gehen, ist das net ein Blödsinn? Da haut man mehr an Schuhen und Gewand herunter, als was man bekommt!« ärgerte sich auch der Ambros.
    Dann begann der Berg, und durch den trostlos nässenden Wald rissen und schufteten sie ihre Last aufwärts, einen Weg von fast zwei Stunden vor sich.
    In einer Schnaufpause mäkelte der Kaspar: »Das hat man davon, wenn man ganz hinten am Ende der Welt wohnt!«
    Der Ambros aber hatte andere Gedanken und meinte: »Wenn es nur schneien tät und der Holzzug bald angehen könnte! Da wär wieder was verdient, und wir zwei können am Tag einmal öfter abfahren als die andern. Ist schon gut, wenn man so nahe an der Arbeit ist. Die Meinige kommt nach Weihnachten ins Wochenbett und die Deinige auch noch im Winter. Wenn es schlechten Schnee gibt, dann — hätte der Meinigen gern zu Weihnachten eine Freud gemacht.«
    »Hast du gesehen? Alle haben Geld, nur wir haben keins. Die verdienen mit dem schwarzen Geschäft zehnmal mehr als mit der Arbeit. Ich tät auch gern meiner Burgl eine Freude machen. Ambros, niemand glaubt es uns, daß wir net auch über die Grenze gehen, also?«
    »Zieh an — muß noch einmal drüber nachdenken«, brummte der Ambros, und sie rissen wieder ihren Leiterwagen vorwärts über die groben Steine und die ausgewaschenen Wegrinnen, und ihr Schweiß verdampfte wie feiner Nebel.
    Die Berge ließen das graue Gewölk nicht mehr los, bis es sich in Regenschauern auflöste. Der Wald hatte keine Farben mehr, es schien, als bestünde er nur mehr aus verrenktem, zackigem und wirr in Nebel und Nässe getauchtem Geäst, aus toten, mit Flechten bewachsenen Stämmen und traurig hängenden, dunklen Asthänden der Fichten und Tannen. Das Gewehr unter dem schützenden Umhang geborgen, fast lautlos wie ein Waldgeist, schritt der Förster Greiner dahin und hörte das stoßende Anschlagen der Räder an die Steine. Er ging hinüber zum Weg und erkannte die beiden Gschwender und ihre Ladung.
    Sie decken sich für den Winter ein, dachte er, Kraut und Kartoffeln, die Hauptnahrung in der Einöde, dazu die Ziegenmilch und im Kasten einen kleinen Mehl- und Zuckervorrat. Solange diese Leute sich mit so bescheidenen Verhältnissen abfanden, waren sie glücklich und kannten viele Sorgen nicht, die anderen zu schaffen machten, die sich um die Genüsse und Vergnügungen des guten Lebens sorgen mußten. Hart und schön war das

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