Das glückliche Ende der Welt.
etwa sein schadenfrohes Lachen sah, das er nicht verkneifen konnte. Daß es beim Reibenwirt laut herging, hörte er wohl. Noch mehr hätte es ihn wohl gefreut, wenn er gewußt hätte, daß sich in der Wirtsküche der Wirtssepp und die Brüder Weber in die Haare gekommen waren, weil sie sich nicht einigen konnten, wer für den Verlust der Ochsen aufkommen sollte, und daß man den alten Thums hinauswarf, als er trotz des Fehlschlages auf der Auszahlung seines Helferlohnes bestand.
Auf der Guglwies begegnete ihm der Förster Greiner und fragte ihn, wie es ginge, und nach einigem Zögern wollte er wissen:
»Wie steht es mit euren Frauen, Keppl, ob ihnen wohl der Winter nicht zu langweilig wird?«
»Bis zu Weihnachten wird es ihnen nix ausmachen, Herr Förster, und nachher wird es bei allen zweien zum Kinderwiegen, und das ist noch nie langweilig gewesen.«
»Ihr könnt als die Ersten mit dem Holzzug anfangen, wenn es einmal soweit ist. Die anderen, denke ich, reißen sich jetzt doch nicht so sehr um die Arbeit, die haben andere Geschäfte.«
»Im Winter wird net viel los sein mit den anderen Geschäften«, meinte der Ambros mit einem schiefen Lächeln und verabschiedete sich.
Der Mann hat halt ein Kreuz mit seiner Frau, dachte er im Weitergehen. Was nicht in den Wald paßt, sollte auch nicht in den Wald kommen. Das ist eine alte Geschichte. Die Unruhigen und Rastlosen will der Wald nicht, die sich im schönen Gewand zeigen wollen, den Tanzboden suchen, gern ein wenig scharmuzieren und sich schöntun lassen wollen, die kommen in der Einschicht nicht auf ihre Rechnung. Ist halt so: die einen rennen in den Wald, um Ruhe zu finden, und die andern rennen in die Stadt, um vor der Ruhe zu flüchten.
Das Schneetreiben hatte die Gschwend schon fußhoch eingeweht. Die zwei Häuser sahen ihm aus der Mulde entgegen wie weißbemützte Ungeheuer, die mit dunklen Augen im braunen Gesicht auf ihn warteten. Das Pochen eines Hammers klang, als käme es unter den Häusern aus der Erde. Seine Ankunft versammelte sie wieder alle in der Kepplstube und neugierig warteten sie, ob er etwas zu berichten hatte.
»Fehlt sich nix«, beruhigte er sie, »die werden sich hüten, überhaupt etwas davon zu sagen, und werden froh sein, daß sie den Grenzern noch entkommen sind. Ich hab ja gesagt, daß wir noch unser Winterfleisch brauchen, und das haben wir«, tat der Ambros, als wäre das nächtliche Abenteuer weiter nichts gewesen.
Draußen fiel die Nacht ein. Bald duftete es wieder vom Ochsenbraten, und die Bierflaschen kamen auf den Tisch. Der Ambros war redselig und gut gelaunt, wie ihn selbst die Lina noch nicht gesehen hatte. Nach dem Essen stiftete die Lina noch einen Extraschnaps, und bald fühlte sich der Kaspar in der verrauchten Stube wie ein General, der eine gewonnene Schlacht hinter sich hatte. Die Frauen drängten ihn, bis er zur Mundharmonika griff und die böhmische Polka spielte. Sie hängten sich ein, schunkelten und klatschten in die Hände, der Ambros stampfte einen falschen Takt dazu, und dann sangen sie voller Übermut: Haben wir ein Glück, haben wir ein Glück —« Der gemauerte Ofen knarzte und brummte und machte ihnen die Köpfe heiß.
Draußen schüttete der Winter mit vollen Händen
den Schnee über die Waldberge und die Gschwend.
Und es schneite weiter, Tag und Nacht, einmal in leichten feuchten Sternchen, dann wieder Flocken, die wie Tüchlein von oben kamen. Nur einmal noch zeigte ein Gestapfe an, daß noch ein Grenzgänger über den Berg gegangen war. Die Spur führte nicht mehr zurück. Der alte Thums hatte sich noch rechtzeitig abgesetzt, bevor der meterhohe Schnee und die vom Sturm zusammengetragenen Wächten die Grenze sperrten. Der Wind deckte die Skispuren der Grenzstreife innerhalb kurzer Zeit zu.
Der Wald war totenstill geworden, und selbst wenn ein Baum seine Schneelast abstreifte, geschah dies lautlos.
Auch über Stinglreut hatte sich das Schweigen des Winters gelegt. Die Wirtshäuser waren wieder leer, die dunklen Geschäfte gingen nicht mehr, und das Geld hatte zu rollen aufgehört. Die Männer stapften verdrossen den weiten Weg in die Stadt zum Stempeln, und die Holzhauer warteten auf den Beginn des Holzzuges.
Von der Gschwend plagten sich der Ambros und der Kaspar auf den geflochtenen Schneereifen dreimal in der Woche über vier Stunden durch den Schnee und auf der verwehten Straße, um sich beim Arbeitsamt zu melden und die Unterstützung abzuholen. Sie vergaßen nicht, sich jedesmal im
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