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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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verstehst du mich? Wenn ich zum Förster und zu den Grenzern gehe, dann wird das halbe Dorf eingesperrt, und du als allererster.«
    Da gab es der Sepp auf und hinkte, sich die Seite haltend davon.
    »So kannst du mir nimmer kommen, das hat sich aufgehört, und gehen tu ich einmal, wenn ich will!« bellte die Resl hinter ihm her.
    Der Weber natürlich wieder im Wirtshaus, dachte der Förster auf dem Heimweg. Und zwischen dem Holzhauer und dem Wirt mußte eine dicke Freundschaft bestehen, weil dieser sich für den anderen einlegen wollte. Man mußte sich das merken.
    Der Winter hatte doch etwas überwältigend Schönes, freute er sich, als sich das Gewölk lichtete und ein Stück Sonnenschein über die verschneiten Höhen wanderte. Im Winter duldete der Wald kein Geheimnis, denn jedes Wesen hinterließ im Schnee seine Spuren. Am Dorfende und bis hinauf zum Forsthaus war es der Eindruck seiner Skier und der runden Schneereifen der Männer von der Gschwend. Ab und zu wurden diese Eindrücke von den Krallenzeichen einer Krähe oder eines Rehwildes gekreuzt. Erst wenn er nach Weihnachten mit dem Holzzug beginnen ließ, würde der tote Wald wieder Menschenlaute hören und von Männerstiefeln und Schlittenkufen gezeichnet werden. Die Schneehöhe reichte bereits aus und morgen wollte er sich einmal am Hochruck und in der Teufelswand umsehen, wo die großen Hiebe des Sommers gelagert waren. Ein Tannenbäumchen war ja auch noch einzuholen, und was er heute im Rucksack heimbrachte, würde er im Dienstzimmer in den Schreibtisch sperren und erst am Heiligen Abend unter den Baum legen. Wie froh war er, daß nun Weihnachten kam und die Vorbereitungen dazu seine Frau etwas beschäftigten. Dazu war das kleine Annerl gottdank ein recht lebendiges Plappermäulchen und in der Vorfreude auf Weihnachten und das Christkind so aufgeregt, daß Vater und Mutter genug damit zu tun hatten.
    Ob alles nicht schon anders gekommen wäre, wenn nicht das kleine süße Mädel wie ein Band die Eltern zusammengehalten hätte?
    Nun war es wenigstens wieder so, daß er sich auf sein einsames Daheim droben im Forsthaus freute, und die stille Zeit widmete er nun auch ganz seiner Familie. Wenn die Arbeit im Walde wieder losging, dann war er ohnedies unter Tags wieder im Wald.
    Der nächste Morgen kam hell und klar, und die Sonne war noch nicht über den Bergrücken heraufgekommen, als der Förster schon unterwegs war. Die Nacht war kalt gewesen, und die Skier zischten im gefrorenen Schnee. Auf dem gegenüberliegenden Hang blitzten schon die Millionen Kristalle an den Bäumen, und die Waldschatten hatten ein leuchtendes Blau. Gegen den grünlichen Morgenhimmel flirrten feine Stäubchen, die ein leichter Wind von den schneetragenden Bäumen löste. Dieses Wetter härtete den Schnee und brachte eine gute Ziehbahn, kalkulierte er. Es lag viel Scheit- und Blockholz droben auf dem Hochruck und in den Schlägen auf der anderen Seite des Teufelsbaches, und die Holzhauer konnten im Akkord ein schönes Stück Geld verdienen. Er vergönnte es ihnen und war froh, wenn ein guter Winter die Bringung des Holzes sicherte.
    Schier fremd kam ihm der Wald im tiefen Schnee vor. Gerade streifte der erste Sonnenstrahl auch auf dieser Bergseite die Gipfel der Bäume, als er dicht an der Waldweide unterm Hochruck vorbeifuhr.
    Er stutzte und hielt an. Deutlich zeichneten sich auf der tiefverschneiten Fläche die Tritte runder Schneereifen ab, kamen vom Wald, führten zur niederen Hütte, die im Schnee vergraben lag, und dann weiter gegen den Steig, der von der Weide in die Teufelsschlucht und weiter nach Stinglreut hinunterführte. Es schoß ihm heiß über den Rücken und, den Steig und den Wald verlassend, fuhr er hinüber zur Hütte.
    Der verschneite Eingang war freigescharrt, so daß er die Türe einen Spalt weit aufreißen konnte. Wieder schlug ihm der kalte Tabakrauch entgegen, als er sich durchzwängte und nach dem Steinherd tastete. Die Steine waren noch warm, in der daraufliegenden Asche noch heiße Glut. Hastig suchte er ein Streichholz und zündete es an.
    »Verdammt noch einmal«, fluchte er. Auf dem Erdboden waren deutlich zwei frische dunkle Flecke, und als er mit dem Finger prüfte, wurde ihm die Gewißheit, daß es Blut war. Frisches Rehblut!
    In seinem Kopf raste es. Wenn er nur eine halbe Stunde eher gekommen wäre! Da hatte er geglaubt, der tiefe Schnee würde die Lumpen abhalten — Er sprang ins Freie und stieß die Türe mit dem Fuß zu, schnallte die Bretter an

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