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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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mich schon hart an«, seufzte die Lina, »aber der Försterin zulieb nehm ich es noch auf mich. Ich meine, daß ich gar nicht mehr weit habe zu meiner schweren Stund.«
    »Sorg dich nur net«, tröstete die Burgl, »ein Christkindl wird es schon net werden, und wir bringen dich bald wieder schön nach Haus. Werden uns net lange halten, aber absagen konnten wir net, wenn uns die Förstersleute schon einladen.« Das Forsthaus auf der Guglwies war hell erleuchtet, und man wartete schon auf die Nachbarn vom Berg, die sich etwas schüchtern in die Küche schoben. Nach dem freundlichen Empfang durch den Herrn und die Frau des Hauses, und nachdem sie vor Wein und Gebäck saßen, tauten die Einöder erst ein wenig auf. Die Försterin, glücklich über den Besuch, brachte die Frauen bald zum Reden, und zu ihrer Unterhaltung trug auch das kleine Annerl viel bei, das in seliger Erwartung immer wieder wissen wollte, ob denn das Christkind noch nicht gekommen und das Wohnzimmerfenster auch ganz bestimmt offen sei, damit es mit seinen Geschenken ungehindert ins Haus könne. Der Ambros und der Kaspar mühten sich, die Riesenzigarre in Brand zu halten, die ihnen der Förster überreicht hatte, und schmunzelnd hörte sich Greiner ihre unbeholfenen Reden an. Der Schnee wäre gut und überhaupt sei der heurige Winter für den Holzzug prächtig, und wenn der Frost anhalte, könne man an hellen Tagen vielleicht sogar dreimal mit einer Schlittenlast abfahren.
    »Wir haben uns auch ein kleines Bäuml gerichtet«, erzählte indes die Burgl am anderen Ende des Tisches. »Und wenn wir heimkommen, werden wir es anzünden.«
    Fröstelnd zog die Lina den Wollschal enger um die Schultern.
    »Ist mir grad, als tät net viel fehlen und wir bekommen ein echtes Christkindl. Kommt mich schon arg hart an. Oft fürcht ich mich davor, daß die Wehmutter net rechtzeitig heraufkommen könnte.«
    »Kommt nur sofort, wenn etwas ist«, beruhigte die Försterin sie, »wir telefonieren gleich.« Inzwischen hatte sich der Förster aus der Küche gestohlen und kehrte nun, mit einem lustigen Zwinkern um die Augen, wieder zurück.
    Ins Forsthaus war das Christkind gekommen, und an der seligen Freude des Kindes nahmen alle teil. Den großen Baum und den Geschenktisch bewundernd, blieben die Leute von der Gschwend an der Zimmertür stehen, bis sie die Försterin an den Gabentisch zog: »Kommt nur näher, auch für euch hat das Christkind etwas gebracht.«
    Geblümte Schürzenstoffe für die Frauen und je eine neue Tabakspfeife für den Ambros und den Kaspar überreichte sie und war selber über das Ereignis, das die Einförmigkeit im Forsthaus so angenehm unterbrach, tief glücklich. Die Geschwender standen verlegen und hielten ihre Geschenke wie Kinder, die erst noch auf eine Bestätigung warteten, daß ihnen das alles auch wirklich gehöre. Und das Zimmer war erfüllt vom Jubeln und Wundern des kleinen Annerl. Bewegt betrachtete der Förster Greiner das friedliche Bild, während seine Frau ans Klavier eilte und das Lied von der Heiligen Nacht spielte. Zu ihrer hellen Stimme fügte sich der sonore Bariton ihres Mannes, und, angeeifert, klangen die Stimmen der Frauen von der Gschwend dazu. Schließlich fiel auch der Kaspar ein, und plötzlich beteiligte sich auch der Ambros, laut, rauh und gründlich falsch singend, so daß die Försterin, ihr Lachen verbergend, sich nach der ersten Strophe schon umwandte und erklärte, daß es genüge. Die Rippenstöße der Lina hatten den Ambros nicht zum Schweigen bringen können, und er sah schnüffelnd um sich, als hätte er den Hauptteil des Gesanges bestritten. Herzlich lachte der Förster: »Anna, eine so schöne Weihnachtsfeier haben wir da heroben noch nicht erlebt!«
    »Ja, wirklich«, erklärte sie glücklich, »ich sehe es ein, daß auch in dieser Einschicht am Ende der Welt glückliche Stunden sein können. Man braucht dazu nicht viele Menschen um sich zu haben. Das ist so wie eine Familie. Wir müssen öfter zusammenkommen, dann ertragen wir die Waldeinsamkeit leichter.«
    »Ich danke dir, Anna, für dieses Wort«, sagte der Förster erleichtert, »bin auch der Meinung, daß wir uns zusammensitzen sollten, wenn uns die Langeweile packen will.«
    Zur peinlichen Überraschung der zwei Frauen und des Ambros richtete sich nun der Kaspar stramm auf und fing zu reden an, und der Burgl klopfte das Herz bis zum Halse.
    »Das meinen wir auch, Herr Förster und Frau Försterin, und es ist so schön da heroben im Hochwald, und

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