Das Gluecksarmband
wörtlich!», sagte Vera begeistert. «Ein Kreuzworträtsel.» Während sie immer noch Mollys Hand hielt, entdeckte sie das Glücksarmband und strich mit den Fingern darüber. «Gehört das Ihnen?»
«Ja», antwortete Molly. Die Erwähnung des Kreuzworträtsels beunruhigte sie ein wenig.
«Tut mir leid … jetzt ist das Bild verschwunden. Oder vielleicht bin ich auch einfach durcheinander. Und müde …»
Endlich ließ Vera Molly los. «Haben Sie Wein?», fragte sie.
«Ja, natürlich. Kate, könntest du mal …», bat Molly mit verzweifeltem Blick, und Kate führte Vera zum Sofa und versprach, ihr ein Glas Rotwein zu holen. Währenddessen starrte die alte Dame aber weiterhin Molly an, als sei sie selbst ein großes Rätsel.
«Erzähl mal, Mom, wie habt ihr beiden euch denn kennengelernt?», fragte Molly jetzt munter.
«Also, Vera ist nicht nur Tänzerin, sondern auch Platzanweiserin im Lincoln Center. Wir kennen uns schon seit Jahren, stimmt’s, Vera?»
Vera trank einen großen Schluck Wein. «Ja, seit Jahren. Kennengelernt haben wir uns, als Ihre Mutter versucht hat, sich während einer Wagner-Oper von einem Stehplatz auf einen freien Sitzplatz zu schleichen. Ich habe sie natürlich gelassen. Ich meine, es war schließlich Wagner … der dauert doch immer ewig lange … da sollte niemand die ganze Zeit stehen müssen.»
«Können wir dir irgendwie helfen?», fragte Eileen ihre Tochter.
«Vielleicht könnt ihr schon mal die Kerzen da anzünden.» Molly deutete auf den alten Kandelaber, den sie ebenfalls bei Frank besorgt hatte.
«Ja, gerne. Ach, und das hätte ich fast vergessen …», Eileen drückte ihr eine Schachtel in die Hände.
Molly war überrascht. «Was ist das denn?» Als sie den Deckel abhob, stockte ihr der Atem, denn der Duft weckte tausendfache Erinnerungen. Die Tränen traten ihr in die Augen. «Du hast irischen Christmas Pudding gemacht?» Einfach genial. Das war die perfekte Ergänzung zu Mollys erstem Weihnachtsessen in ihrer Wohnung, und der Geschmack würde sie an die schönen Weihnachtsfeste ihrer Kindheit erinnern, damals, als Seamus noch lebte.
Eileen lächelte verlegen. «Es ist so lange her, ich hatte schon Angst, dass ich das Rezept vergessen haben könnte.»
Sie begann, die Kerzen auf dem Leuchter anzuzünden, wobei Danny sie fachkundig unterstützte. Molly war inzwischen ganz ruhig und ging in die enge Küche zurück, um alles noch einmal zu überprüfen. «Cranberry-Kompott … gebackener Schinken … Gewürznelken …» Sie klopfte sich mit einem Kochlöffel an den Kopf, während sie die Liste durchging. Kate war ihr in die Küche gefolgt.
«Na, das war ja etwas seltsam», bemerkte die Freundin.
«Wer – Madame Vera? Das kannst du laut sagen. Sie scheint schon ziemlich alt zu sein, und offenbar hat sie keine Verwandten in der Nähe.»
Kate schaute Molly an. «Du denkst in letzter Zeit an nichts anderes als an Familie, was?»
«Im Moment denke ich nur an mein Weihnachtsessen …»
«Kann ich noch was helfen?»
«Ja, schenk mir Wein nach – mein Glas ist leer.» Molly deutete auf die Flaschen auf der Arbeitsplatte.
«Gern.» Kate entkorkte einen neuen Merlot und schenkte Molly nach. «Weißt du, vielleicht solltest du Vera das Armband zeigen, wo sie doch Hellseherin ist», zog sie Molly auf.
Molly erwiderte nichts, behielt den Gedanken aber im Hinterkopf und wollte ihn nicht sofort verwerfen. Mit dem Kreuzworträtsel hatte die wunderliche Alte ja recht gehabt, vielleicht konnte sie also auch irgendetwas Hilfreiches über das Armband sagen. Aber was den großen dunklen und gutaussehenden Mann anging … also, das klang genau wie der übliche Quark, den solche Frauen produzierten, um sich ein paar Dollar zu verdienen.
Kurz darauf verkündete Molly, das Essen sei fertig, und alle drängten sich um den Tisch.
Kate brachte den Weihnachtsschinken und die Beilagen aus der Küche, und Molly folgte unter Beifallsbekundungen mit dem Truthahn, der Füllung und dem Kompott. Als alle um den voll beladenen Tisch saßen, zögerten sie, als seien sie unsicher, wie es weitergehen solle.
Da sie zum ersten Mal zum Weihnachtsessen eingeladen hatte, war Molly sich auch nicht sicher.
«Ein Gebet?», schlug Eileen vor und lächelte ihrer Tochter ermutigend zu.
«Ja.» Molly sah sich rasch um, dann kniff sie die Augen zusammen und holte tief Luft. «Lass uns … lass uns immer glücklich sein …», stammelte sie. «Lass uns immer …», sie setzte noch einmal neu an,
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