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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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Blätterteig in den Mund steckte. Da sieht der Rest der Gäste verwundert zu, wie ich mit rausgestreckter Zunge quer durch die Räumlichkeiten auf die Toilette zurase.

Bestellung beim Universum
    Ich erzähle meiner Freundin Anne von meinem Glücksprojekt. Anne ist meine Esoterik-Freundin. Anne und ich waren ein tolles Team in der Gruppe Sonnenschein des städtischen Kindergartens. Sie saß neben mir im Stuhlkreis und wir verteidigten gemeinsam den Sandkasten gegen die Armee von doofen, kampfwütigen Piraten-Buben. Als die Pubertät über uns kam, fing ich mit dem Rauchen an und Anne mit dem Tarotkartenlegen. Ich hustete, sie sagte meine Lebensdauer voraus. Ich verliebte mich in Sascha, den Ersten in unserer Klasse, der Stretchhosen trug, und Anne verlor ihr Herz an Klaus, den Ersten in der Klasse, dem ein langer, geflochtener Zopf vom Hinterkopf baumelte. Sie mischte mir Liebestropfen und als Sascha sich doch für Karina entschied statt für mich, pendelte sie ihm eine finstere Zukunft voraus. In der Oberstufe engagierte sie sich vermehrt in der SMV und ich in der Discothek Stereo 2000, und so verbrachten wir allmählich weniger Zeit miteinander, aber wenn ihr zwei Hände für eine Séance fehlten, war ich für sie da. Wir sind immer noch beste Freundinnen. Anne ist die Einzige, die meinen Aszendenten errechnen darf und von der ich mir bereitwillig aus der Hand lesen lasse. Dank Anne weiß ich, wie mein Schutzengel heißt und dass durch den geöffneten Klodeckel in meinem Badezimmer massenweise Chi entfleucht. Kein Problem. Anne ist super. Und wenn sie mit einer Kette aus Edelsteinen einen Kaste Bier energetisiert oder ihre kleine Glas-Pyramide auf meinen Lottoschein legt, um die kosmische Energie darauf zu bündeln, muss man sie einfach gern haben. Eine gemeinsame Zeit im Sandkasten verbindet einfach, Räucherstäbchen hin oder her.
    Anne findet mein Glücksprojekt toll und hat auch gleich eine hervorragende Idee, wie ich mein Glück steigern kann: durch Wünsche ans Universum. Das finde ich hervorragend, ich wünsche mir nämlich ein iPad. Sie wissen schon, diesen flachen Computer von Apple. Um ihn mir einfach zu kaufen, ist er leider:
zu teuer,
zu unnnütz,
    ich habe nämlich schon einen Computer. Aber das ist wie mit Schuhen: Es ist völlig egal, wie viele Paare man davon hat – das in meiner Hand ist genau das Paar, das mir zu meinem Glück fehlt.
    Anne ist mit der Wahl meines Wunsches sichtlich unzufrieden, aber sie erklärt sich bereit, mir die Regeln für meine Universumsbestellung zu erklären. Man kann schließlich nicht einfach draufloswünschen. Wo kämen wir denn da hin?! Wir sitzen an ihrem kleinen Küchentisch, ich schiebe die Chakra-Räucherstäbchen auf die Seite und notiere mit.
»Du musst deinen Wunsch so formulieren, als wäre er bereits erfüllt worden«, sagt Anne. »Auf der göttlichen Schöpferebene gibt es nämlich nur das Jetzt.« Ach so. »Und wenn ich ›Ich will ein iPad‹ aufschreibe, dann klappt das nicht?«
    »Nein«, sagt Anne, »dann meint die Schöpferebene, du willst den Zustand erreichen, ein iPad zu wollen.« Ach so. »Gar nicht so helle, die Schöpferebene, was?« Anne grummelt. »Ich habe ein wunderschönes iPad. iPad, nicht iPod!«, schreibe ich auf. Damit sie sich da nicht vertut, die Schöpferebene. »Und eventuell auch das passende Keybord Dock dazu«, schreibe ich noch drunter. Wenn schon, denn schon.
Anne zieht die Augenbrauen nach oben. »Es ist besser, wenn der Wunsch mit ›Ich bin …‹ beginnt, damit überzeugen wir deine inneren Anteile leichter.« Das finde ich ja nun etwas eigenartig. »Wie? Du meinst, ich soll aufschreiben ›Ich bin ein iPad‹? Was, wenn der Wunsch tatsächlich in Erfüllung geht?« Anne rollt mit den Augen. »Nein, aber du könntest zum Beispiel sagen: ›Ich bin im Besitz eines iPad‹.« Gut, das übernehme ich so.
Anne tippt mit ihrem Zeigefinger auf mein Papier: »Und du solltest auch nie das Wort ›nicht‹ verwenden. Ins Universum geht der Wunsch als Bild ein, nicht als Worte. Wenn in deinem Wunsch ein iPod vorkommt, auch wenn du ›nicht‹ dazuschreibst, kann das missverstanden werden.« Lesen kann die Schöpferebene also auch nicht. Das sage ich aber nicht laut, Anne sieht eh schon gereizt aus. Gut, lasse ich das mit dem iPod eben weg.
»Das Keybord Dock ist vielleicht auch besser ein eigener Wunsch«, überlegt Anne laut. »Zwei Wünsche auf einmal geht nicht? Das ist ja wie auf dem Amt, für alles ein Extraformular«, beschwere

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