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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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dazu
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Die neuen Nachbarn begrüßen
Kleiderschrank ausmisten
    Nach sieben Punkten breche ich ab, ich will mich ja nicht gleich überfordern. Ich hole nach den Telefonaten zwecks Zahnarzt und Banktermin gleich die Farbe im Baumarkt und Folie zum Abdecken und streiche an diesem Vormittag das Wohnzimmer. Das dauert zwei Stunden, inklusive die Möbel in die Mitte zu rutschen und abzudecken. Zwei Stunden? Ich habe das Vielfache an Zeit damit verbracht, mich davor zu grausen! Ich habe mir vorgestellt, wie ich erst alles wegräumen und mit Folie abdecken müsste, diese Umstände und die Anstrengung, über Kopf die Decke zu streichen … Die Vorstellung von der ungeliebten Arbeit war viel schlimmer, als sie einfach zu tun. Während des Tuns fühle ich mich nicht schlecht, aber als ich zuvor daran dachte, dass ich das Wohnzimmer streichen muss, da fühlte ich mich schlecht. Und ich dachte oft dran. An diesem einen Vormittag habe ich gleich die ersten drei Punkte von meiner Liste durchgestrichen. Und es gibt fast nichts Schöneres, als Punkte von einer To-do-Liste zu streichen. Das ist motivierend und macht so ein gutes Gefühl, dass ich gleich den Rest auch noch angehe. Ich bin halt schon die Größte. Finde ich gerade.
    Eine blöde Angewohnheit ablegen
    Natürlich, blöde Angewohnheiten hat man viele. Alle Sätze unserer Liebsten, die mit »Immer machst du …« oder »Nie machst du …« beginnen, drehen sich um eine unserer blöden Angewohnheiten. Ich habe versucht, L. meine blöden Angewohnheiten als liebenswerte Eigenarten zu verkaufen, aber das funktioniert nicht. Blöde Angewohnheiten sind nicht liebenswert, sie sind blöd. Und wir haben alle welche. L. zum Beispiel sagt immer, wenn er sich zum Essen an einen Tisch setzt: »Sodele Nudele.« Zu Hause und im Restaurant und auch, wenn er mich zu einem Gala-Essen begleitet und an unserem Tisch der französische Botschafter mit versammelter Entourage sitzt. Da wäre ich um ein Haar im Boden versunken. Ich warte inzwischen schon richtig darauf, dass er es sagt. Sobald er den Stuhl zurückzieht, um sich hinzusetzen, bin ich innerlich gespannt wie eine Stahlfeder. Sagt er es? Oder sagt er es nicht? Wenn er in dem Moment aufpasst, zum Beispiel, weil er meinen drohenden Blick aufgefangen hat, reißt er sich zusammen. Ist er aber mit den Gedanken woanders: »Sodele Nudele.« Das macht mich wahnsinnig. Es klingt so, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank. Einmal, als wir beim Italiener um die Ecke essen waren, kam gerade die Pizza und L. öffnete den Mund: »S…« Weiter kam er nicht. »Sag nicht ›Sodele Nudele‹!«, blaffte ich ihn an und die Gäste an den umliegenden Tischen mitsamt dem Kellner mit der Calzone in der Hand sahen mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. L. lächelte still in sich hinein und ich hasste ihn die ganze Pizza lang. »Sodele Nudele« zählt zwar zu seinen blöden Angewohnheiten, aber es stört ja nur mich, nicht ihn. Ich hingegen möchte etwas loswerden, das mich selbst stört, nicht nur meine Umwelt. Sonst könnte ich nämlich einfach meine alte, gammlige Lieblingshandtasche, die alle außer mir eklig finden, wegwerfen und sagen: Fertig. Nein, es muss etwas sein, das ich wirklich ablegen will. Das mich an mir nervt und das ich nicht loswerde. Was mich zufriedener machen würde, könnte ich es bleiben lassen. Und da gibt es einen ganz klaren Favoriten: Ich beiße nämlich Fingernägel.
    Fingernägelkauen spielt in einer Liga mit Auf-Haarspitzen-Rumbeißen und Permanent-mit-dem-Fuß-Wippen. Das sind Angewohnheiten, da möchte man denjenigen schon mal fest an den Schultern packen, ihn schütteln und schreien: Hör! Auf! Falls Sie das in Erwägung ziehen: Es nützt rein gar nichts. Was auch nichts nützt, ist eine Mutter, die einem auf die Finger haut, sobald man die in den Mund steckt. Man verbessert nur seine Reaktionen. Jana hat das auch versucht und mir auf die Pfote gehauen. Das hat mich so sauer gemacht, dass ich um ein Haar zurückgehauen hätte. Ich bin auch einigermaßen verdattert, wie viele Menschen, denen ich lange nicht so nahe stehe wie Jana oder meiner Mutter, sich das Recht herausnehmen, mich auf meine Fingernägel anzusprechen. Die Drösel zum Beispiel:
    »Sie kauen Fingernägel, richtig?«
    Ich meine, was soll das? Ich schaue ja auch nicht auf ihren Hintern und sage: »Und Sie essen gerne, richtig?«
    L. hingegen versucht gar nicht erst, mich davon abzubringen. Ich glaube,

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