Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
Hilfskoch zerteilte Muscheln, Ivan steckte bis zu den Ellbogen in einer Masse aus Fleisch und Gewürzen, die er knetete. Als sie hereinkam, stieß er einen Pfiff aus und hob grüßend das Kinn. Juan stand am Herd und rührte in einem großen Gusstopf herum. »Hey, Jefa «, rief er und bedeutete ihr, herüberzukommen. »Sie sollten mal die Suppe probieren, eh? Ich glaube, ich hab gerade unser Spezial-Tagesgericht gefunden.«
Sie nahm einen Löffel und probierte. Es war eine kräftige, sämige Hühnerbrühe mit Tomaten, Knoblauch, Gewürzen
und Hühnerstückchen. Sie schloss die Augen und legte sich die Hand auf den Mund, damit sich die Aromen entfalten konnten. Es war, als hätte sie noch nie zuvor eine Hühnersuppe gegessen. »Großer Gott«, sagte sie auf Englisch. »Das ist ja unglaublich.«
Er lächelte, und in seinen sanften Augen blitzte aufrichtige Freude auf. » Gracias, Jefa .«
»Das kommt definitiv auf die Karte.« Sie nahm einen frischen Löffel und tauchte ihn ein zweites Mal ein. »Wer hat Ihnen eigentlich Kochen beigebracht?«, fragte sie auf Spanisch.
» Mi padre . Er hatte ein Restaurant in Juarez. Guter Koch«, antwortete er. »Nicht immer klug, aber er hat es gut gemeint. Ich habe heute eine Kerze für ihn angezündet.«
»Ich habe zu Hause einen Altar aufgebaut«, sagte sie. »Meine Schwester wäre heute siebenunddreißig geworden.«
Er sah sie an. Nickte auf seine typisch stille Art.
» Jefa !«, rief Ivan. »Kommen Sie mal her, und probieren Sie das.«
Elena grinste. »Unser Junge braucht Aufmerksamkeit«, sagte Juan.
»Komme schon!« Sie ging zu Ivan. »Hey, Ivan. Was machen Sie denn da?«
Er grinste sie an und hob ein Stück helles Fleisch hoch. »Hühnerhackfleisch für die Schweinefleischgegner. Eine Wurst wie Chorizo, nur ohne all die Dinge, vor denen den Leuten graut.«
Elena beugte sich über die Schüssel, woraufhin ihr die Schärfe von Kreuzkümmel, die würzige Samtigkeit von Salbei und das leicht rauchige Aroma von Chipolte-Chili in die Nase stiegen. »Riecht lecker.« Sie kniff die Augen zusammen. »Aber die Zwiebeln sind eher ungewöhnlich. Sollten sie nicht erst später dazukommen?«
Er zuckte mit den Schultern und ließ das Fleisch klatschend von einer Hand in die andere fallen. Dann schnupperte auch er und schürzte die Lippen, als wolle er den Geruch in seiner Nase bewahren. »Ich experimentiere ein bisschen. Vielleicht noch etwas Knoblauch. Und ich habe überlegt, ob ich Koriander dazugeben soll.«
Seine Augen glitzerten in einem fast irrealen Blauton, und um seinen sinnlichen Mund spielte ein Lächeln. »Sind Sie high oder so was?«, fragte sie ihn.
»High vor Liebe, Schwester, high vor Liebe.«
»Also gut, Meister. Ich will Sie ja nicht beleidigen, aber vielleicht sollten Sie zusehen, dass Sie hiermit fertig werden. Wir haben noch eine Menge anderer Dinge zu tun.«
»Alles klar«, sagte er lässig. »Sie ging mir nur schon seit Tagen im Kopf herum, und endlich bin ich darauf gekommen, was fehlen könnte.«
Elena nickte. »Lassen Sie mich probieren, wenn Sie so weit sind.« Sie tätschelte ihm den Rücken und machte sich auf den Weg in die zweite Küche.
»Moment mal, Schwester.« Er bekam den Zipfel ihrer Kochjacke zu fassen. »Sie haben mir gerade auf den Rücken geklopft. Ich muss Ihnen noch mal ins Gesicht sehen.«
Elena wandte sich ihm zu, sorgsam darauf bedacht, sich keinerlei Gefühlsregung anmerken zu lassen. »Was?«
Er richtete seinen Blick auf sie, ließ ihn forschend über ihre Züge wandern – Kinn, Augen, Hals, Mund. Dann hob er mit der Andeutung eines Lächelns das Kinn. »Ah-ha!«
Sie mimte die Ahnungslose. »Ich habe eine Menge Arbeit, Rasputin.«
Sie hörte sein Lachen hinter ihr, als sie die Flucht in die obere Küche antrat. Dort herrschte eine völlig andere Stimmung. Fahles Nordlicht fiel durch die Fensterreihe an der hinteren Wand und tauchte den Raum in düster-bläuliche
Schatten. Tansy, die natürliches Licht bevorzugte, stand vor einem der Fenster und rollte Teig aus. Aus den Lautsprechern drangen leise lateinamerikanische Rhythmen, und es roch nach Zimt und warmem Teig. Elena knurrte der Magen. »Wow, das riecht ja fantastisch.«
Das Szenario glich einem Gemälde von Vermeer, still und friedlich: eine Frau in Jeans, einem schlichten weißen T-Shirt und Schürze, das zerfurchte Gesicht weich im fahlen Herbstlicht, die Arme über und über mit Mehl bestäubt.
Tansy hob den Kopf. »Hallo, Schätzchen«, sagte sie mit ihrer
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