Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Götter-Opfer

Das Götter-Opfer

Titel: Das Götter-Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
mühsam angehoben.
    Zum erstenmal sah ich seine Augen.
    Sie lagen ziemlich versteckt in den Hautfalten. Sie sahen wie kleine glitzernde Kristalle aus, auf die sich Tauwasser gelegt hatte. Der Mann wollte etwas von mir, und er hob in einer mühseligen Bewegung seinen rechten Arm. Dabei fiel die Hand nach unten und erinnerte um so mehr an eine Hühnerklaue.
    Ich drehte meinen Kopf so, daß er mich anschauen konnte. Die Augen blieben glitzernd auf mich gerichtet, und dann sagte er mit leiser Stimme. »Du bist nicht sie.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Wer ist denn sie? Wen haben Sie damit gemeint?«
    »Die Frau.«
    »Eine blonde Frau?«
    Er erinnerte sich, und dieses Erinnern sorgte für einen verzerrten Mund. »Ja, sie war blond«, flüsterte er tonlos, »aber sie sah trotzdem fremd aus, als sie die Tür öffnete.«
    »Was hat sie getan?«
    Lächerlich war diese Frage nicht gewesen, er lachte trotzdem, aber es war nicht mehr als ein Krächzen. Mit der Zungenspitze befeuchtete er seine Lippen. Auf ihnen blieb Schleim zurück. »Sie öffnete die Tür. Erst dachten wir an eine Nutte, aber das war sie nicht. Sie war ein Monster. Sie war stark, und sie hat uns gepackt.« Er hustete trocken. Es hörte sich an wie trockenes Laub, das über den Boden raschelte.
    »Was tat sie mit euch?«
    Der Mann schloß für einen Moment die Augen wie jemand, der sich konzentrieren muß, um die Erinnerung zurückzuholen. Auch als er wieder sprach, blieben die Augen geschlossen. »Sie ging zuerst meinen Freund an. Mit der Faust hat sie ihm auf die Kehle geschlagen. Ein Schlag nur, und er rührte sich nicht mehr. Alles ging so schnell, und ich kann mich auch nur nebelhaft erinnern. Sie hat sich mit mir beschäftigt. O verdammt, es ist so schwer. Ich weiß auch nicht, ob ich geträumt habe, aber sie tat was, was auch eine Nutte tut, glaube ich. Dann ging sie weg. Ich habe noch ihr Lachen im Ohr. Es war die letzte Erinnerung an sie.«
    »Was passierte, als Sie wieder erwachten?«
    Er öffnete die Augen. »Darüber möchte ich ungern sprechen. Es war grauenhaft. Ich fühlte wie immer, aber ich war nicht mehr der gleiche. Ich war wie tot. Ich habe mich im Spiegel gesehen, und ich kann nicht glauben, daß ich es bin. Jetzt liege ich hier neben einem Toten, denn mein Freund ist tot.«
    Ich warf der zweiten reglosen Gestalt einen Blick zu und leuchtete auch hin. Es konnte stimmen. Er war so starr geworden. Das kannte ich von damals. Fatima hatte auch mit Professor Hogland ihr Spiel getrieben, aber er war von ihr öfter besucht worden. Sein Verfall ging intervallweise, bis er nach dem letzten Besuch so vergreist war, daß er starb.
    Und dieser Mann hier hatte schon beim erstenmal sein Leben verloren. Das war ein verdammt hartes Stück. Da mußte sie mit einer wahnsinnigen Kraft gesaugt haben.
    Die schlaffe Hand faßte nach mir. »Sie hat mich geküßt, verflucht. Ja, sie hat mich geküßt, und es sind Dinge geschehen, über die ich nicht sprechen will. Aber warum sehe ich so aus, verflucht?«
    Ich wollte ihm keine langwierigen Erklärungen geben und sprach nur davon, daß es Kismet war.
    »Ja, kann sein…«
    »Aber Sie waren kein zufälliges Opfer, Mister. Die Person hat Sie ausgesucht.« Ich dachte jetzt mehr an den Fall als an ihn und hoffte, noch Informationen zu erhalten. »Warum sitzen Sie hier im Wagen? Was ist da passiert? Wen wollten Sie beobachten, und warum haben Sie das überhaupt getan?«
    »Es war ein Job, nicht mehr.«
    »Um was ging es dabei?«
    »Nur um eine Beobachtung.«
    »War es eine Frau?«
    »Ja.«
    »Die aber nicht hier wohnt?«
    »Nein.«
    »Aber sie ist jetzt hier.«
    Der »Greis« drehte den Kopf nach links. Er deutete so die Richtung an. Auf dieser Seite lag das Haus der Lady Sarah. Daß diese beiden Aufpasser genau Bescheid wußten, ließ einfach darauf schließen, daß sie Selima praktisch nicht aus den Augen gelassen hatten und auch mich kannten, denn ich war mit ihr hergefahren. Sie mußten auch darüber informiert sein, daß Selima es geschafft hatte, zwei Männer auf so ungewöhnliche Art und Weise zu töten. Nur hatten die beiden nicht eingegriffen und eben ausschließlich beobachtet. Aus eigenem Interesse sicherlich nicht. Es mußte jemand hinter ihnen stehen und ihnen einen Befehl gegeben haben. Meiner Ansicht nach waren sie Detektive, die überhaupt nicht gewußt hatten, in welch einen brisanten Fall sie hineingerutscht waren.
    Ich sah auch, wie der Glanz in seinen Augen allmählich verschwand. Tauendes Eis, das

Weitere Kostenlose Bücher