Das göttliche Dutzend
Rauchkohlenstoff in die Luft. Die Schreie gequälter Seelen gellten ungehört durch die brütende Hitze.
Kurz gesagt, es war ein stinknormaler Schreitagnachmittag.
Das heißt, ohne die Ansammlung neun Fuß großer Dämonen, die verstohlen am Flußufer auf und ab schlenderten, wäre es ein stinknormaler Schreitagnachmittag gewesen. Gewöhnlich hätten sie im ›Gomorrha‹ Lava-Martinis weggekippt, als gäbe es kein Morgen. Aber heute war es anders. Etwas Seltsames ging vor.
Es waren nach und nach mehr geworden, und sie beobachteten eine andere kleine Gruppe, die auf einem verlassenen Stück Ufer fleißig bei der Arbeit war. Fasziniert und beträchtlich mißtrauisch hatten ihre Katzenaugen jedes kleinste Detail der Tätigkeit aufgeschnappt und versuchten zu verstehen, was da genau ablief.
»Und? Schon rausgekriegt, was es ist?« grunzte ein Beobachter, ein Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde.
»Nö«, grunzte Kapitän Nörglpytter und saugte an seiner Bölkpfeife. »Aber es gefällt mir nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht. Über Bauarbeiten hätte man mich informieren müssen. Erst recht so nah an der Mole.« Er polierte nervös das Abzeichen, das ihn als Sprecher der ›Koalition renitenter Unterwelt-Fährschiffer‹ auswies. Man hätte ihm Gelegenheit geben müssen, jegliche Erschließungspläne von vornherein verwerfen zu können. Man hätte ihn anhören müssen. Hätte ihm die Zeit gewähren müssen, eine Versammlung einzuberufen, auf der über den Zeitpunkt entschieden wurde, eine Versammlung zu diesem Plan abzuhalten, die Versammlung wegen eines Verfahrensfehlers abzusagen und in ein paar Jahrzehnten neu anzuberaumen, wenn Gras über die ganze Sache gewachsen war. So gehörte es sich einfach nicht. Es stank nach Leistungsfähigkeit, und Edikt 93 der Koalitionsregeln besagte eindeutig: ›Leistungsfähigkeit als theoretisches Modell der Arbeitspraxis wird anerkannt, so lange es sich nicht auf bestehende Operationssysteme auswirkt.‹ Das wußte auch jeder. Zumindest glaubte Nörglpytter, daß jeder es wußte. Aber seit der neue Obertotengräber im Amt war, wurden die Dinge einfach nicht mehr auf ordentlich bürokratische Art geregelt.
Ein Welle neugierigen Tuscheins ging durch die Gruppe, als ein Arbeiter einen großen Käfig auf die Baustelle zog. Im Handumdrehen hatte der Dämon eine Spur aus Steinen vom Käfig zu einer markierten Stelle gelegt, war hinter den Käfig gehechtet und hatte mit nervösen Klauen die Käfigtür geöffnet. Plötzlich wurde der schwarze Rückenpanzer eines vielbeinigen Wesens sichtbar, das sich auf die Steine stürzte und sie zu Staub zermalmte, bevor es sich an der markierten Stelle vergrub. In wenigen Augenblicken hatte die Stalagmotte das Fundament für eine kleine Bude herausgeknabbert.
Langsam wurde es Kapitän Nörglpytter zuviel. Atemlos und doch heftig fluchend, dabei dichte Wolken ranzigen Pfeifenrauchs ausstoßend, klapperte er über die Felsen. Seine Hufe warfen Funken auf der glatten Oberfläche, und sein Schweif peitschte hin und her.
»Wer hat hier das Kommando?« fragte er kurz darauf einen Arbeiter, dem er seinen süßlichen Mundgeruch ins Gesicht blies. Der Dämon zeigte auf einen einfachen Teufel, der gerade etwas scharlachrot Glänzendes aus der Tasche zog und hektisch hineinsprach. Hinter Nörglpytter luden zwei Dämonen etwas Langes und Schweres von einem flachen Lastwagen.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu erklären, was sich hier genau abspielt?« fauchte Nörglpytter über das Getöse der nagenden Stalagmotte hinweg. Der Teufel machte eine wegwerfende Klauenbewegung und sprach weiter.
Nörglpytters Rückenstacheln richteten sich vor Wut auf. »Wissen Sie überhaupt, wer ich bin?« brüllte er beleidigt.
Der Teufel drehte sich um, legte eine Klaue auf seine schwarzen Lippen und führte das Gespräch fort.
Wie Kapitän Nörglpytter es nicht anders gewohnt war, ignorierte er die Bitte um Ruhe. »Seit zwölf Jahrhunderten bin ich der ordnungsgemäß gewählte Sprecher der Koalition renitenter Unterwelt-Fährschiffer«, grunzte er herablassend.
»Hören Sie mal, sehen Sie nicht, daß ich beschäftigt bin?« schnaufte der Teufel. Er flüsterte noch ein paar abschließende Worte, dann sagte er: »Los jetzt. Oberste Priorität.« Dann warf er das Mhodemm mit einer Bewegung aus dem Unterarm in die Luft. Nörglpytters Mund stand weit offen, als er sah, daß das insektenähnliche Wesen vier Siliziumschwingen ausbreitete und auf das Zentrum von
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