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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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nachzuhelfen … Würg!«
    Mit dem markerschütternden Geräusch von Krallen auf einer Schiefertafel bewegte das Wesen seinen komplexen Kauapparat und seufzte wie eine Kettensäge. Kurz bot sich Nabob der beunruhigende Anblick von etwas, das nach speichelbedeckten Rasierklingen in einem tiefen Rachen aussah.
    »Ich schwör’s, ich brauche diese Art von Arbeitsanreiz nicht«, quiekte Nabob und wich zurück.
    Byrernst warf den Kopf bösartig in den Nacken und lachte laut auf. »Es ist nicht für Sie, obwohl der Gedanke verführerisch ist. Es ist für den Inhalt der Schubladen.«
    »Häh?« brachte Nabob hervor.
    »Also, Sie können auch gern versuchen, Nimmerbrenn-Pergament zu verbrennen. Aber nicht in der Arbeitszeit, klar? Verfüttern Sie alles. Ich will, daß der Raum bis morgen leer ist.«
    »Aber was … Was ist das?«
    »Das Neuste aus der Bürowelt-Abteilung. Ursprünglich die Kreuzung einer Stalagmotte mit einem Pergamentwurm, aber man hat ein bißchen daran herumgetüftelt. Ich habe es Pergamotte getauft. Gefällt’s Ihnen?«
    »Hübscher Name«, grunzte Nabob vorsichtig. »So einprägsam.«
    »Es ist seit einer Woche nicht mehr gefüttert worden. Ich würde mich an Ihrer Stelle an die Arbeit machen. Ich wäre mir nicht so sicher, daß es den Unterschied zwischen Pergament und bestimmten Körperteilen kennt.« Mit einem boshaften Kichern drehte Byrernst sich auf dem Huf um und machte sich auf den Weg in die Feuergruben des Leidens, wo er ein Rauchverbot einführen wollte.
    Die Pergamotte gurgelte hungrig und trippelte ein paar Schritte vorwärts. Ihre zuckenden Fühler nahmen in der Nähe Nahrung wahr.
    Nabob quiekte erschreckt und wich in einen Aktenschrank zurück. Angestrengt grunzend zog er eine Schublade heraus und warf sie der sabbernden Pergamotte zu. Sie schmatzte gierig und starrte das fliegende Leckerli erwartungsvoll an. Mit tödlicher Zielsicherheit schnappte sie die Schublade aus der Luft. Ein Grinsen verzerrte ihr eigentlich nur aus einem Maul bestehendes ›Gesicht‹. Jahrhundertealtes Pergament, in Schieferkästen gelagert … eine Delikatesse!
    Sekunden später hatte Nabob eine zweite Schublade in das offene Maul geworfen. Er krümmte sich beim Geräusch der schlitzenden und reißenden Zähne. Ihr Hals blähte sich auf, ihre Augen schraubten sich zu, und sie verschlang die ganze Schublade mit einem einzigen, übelkeitserregenden Schluck.
    Die Pergamotte grinste, öffnete ihr riesiges Maul und rülpste gierig. Das Signal war nicht mißzuverstehen. Sie wollte mehr. Mehr. Mehr! Sofort.
    Ein leises Gurgeln hallte durch die Gänge, als die Pergamotte ihre Lippen leckte und sich mit einer grotesken Klaue ein Stück Buchrücken aus den Zähnen stocherte. Nabob starrte sie kurz an, und ihm wurde der Ausdruck auf ihrem Gesicht plötzlich beunruhigend bewußt. Irgendwie wurde er das nagende Gefühl nicht los, daß sie ihm, wenn er nicht schnell für Pergamentnachschub sorgte, sekundenschnell das Bein abbeißen würde.
    Verzweifelt schluckend wetzte er zur nächsten Schublade, zerrte sie aus den Schienen und warf sie der Pergamotte zu. Von Nabob unbemerkt, fiel ein einzelner Schnellhefter mit Pergamenten aus der Schublade und landete auf dem von Spinnweben bedeckten Boden. Wenn der Hefter Augen gehabt hätte, hätte er blinzelnd da gelegen und versucht, sich an das erste Lavalicht seit Jahrhunderten zu gewöhnen.
    Nach mehr antiken Pergamenten hungernd, entriß die Pergamotte Nabob das nächste Schubfach und zermalmte es in Rekordzeit. Dann hörte man das schreckliche Geräusch schmatzender Schneidwerkzeuge. Von der Kaugeschwindigkeit entsetzt, wirbelte Nabob herum und stürzte sich auf die nächste Ladung.
    Er entdeckte den Hefter und hob ihn auf. Er hätte ihn der Pergamotte zwischen die Kiefer geworfen, wenn seine blutroten Katzenaugen nicht die großen Buchstaben bemerkt hätten, die ihn von der Vorderseite her anlachten.
     
    Äußerst streng geheim! Auf keinen Fall lesen!
    Lassen Sie’s bleiben!
    Jawohl. Sie sind gemeint!
     
    Nabob erstarrte, schaute sich nervös um und grinste, als er den Hefter aufblätterte.
    Plötzlich schrie er erschreckt auf und starrte auf seine Klauen. Zwischen den Krallenspitzen flogen grelle Funken eisiger Fluoreszenz in einem brennend kalten Nebel hin und her. Reflexartig warf er den Ordner weg und steckte die Klaue mit einer Hagelexplosion in den Mund.
    Die Facettenaugen der Pergamotte entdeckten das herabfallende Dokument und schätzten mit gieriger Genauigkeit

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