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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Fallwinkel und Geschwindigkeit ab. Dann ließ sie eine schwarze Zunge hervorschnellen und fügte es ihrem Mageninhalt zu. Nabob schaute schockiert von seinen Klauen auf das Monstrum. Die Klaue schmerzte von der Eiseskälte, sein Kopf schwirrte vor Wut. Was war es gewesen? Hätte es ihm nützlich sein können? Jetzt würde er es nie erfahren.
    Der komplexe Kiefer der Pergamotte schnappte noch immer auf und zu, kaute wie ein verhungernder Hecht mit gespaltenem Kiefer, der verzweifelt auf Nahrung wartete, auf Luft.
    Nabob knurrte, zerrte eine weitere Schublade aus einem Schrank und wollte sie der Pergamotte zuwerfen. Dazu kam er jedoch nicht.
    Erst als sich die Fühler der Pergamotte kerzengerade aufrichteten, sie ihr Maul zuklappte und ihre Facettenaugen zitterten, bemerkte Nabob, daß etwas nicht stimmte. Er schaute mit offenem Mund zu, wie die Pergamotte besorgt die Klauen auf genau die Stelle ihres Bauches legte, an der er ihren Magen vermutete. Auf ein leises Rülpsen hin schielte sie verschämt. Sie plusterte die Backen auf, und feiner Rauhreif bildete sich auf ihren, na ja, ›Lippen‹. Sie hob eine Klaue vor den Mund, als Nabobs Instinkt ihm endlich dazu riet, in Deckung zu gehen.
    Und keine Sekunde zu früh.
    Mit einem letzten Schluckauf, der beunruhigend nach ›Hoppla!‹ klang, füllte sich der Keller mit lautem Magen-Darmknurren, bevor nach einer feuchten Explosion frischzerkautes Pergament die Luft ausfüllte. Fetzen feuchter Dokumente klatschten gegen Wände und Aktenschränke; der ganze Raum war mit Pergamentmatsch bedeckt.
    Nabob blieb mehrere Minuten lang mit der noch immer schmerzenden Klaue zitternd hinter einem Schrank liegen und hörte nur das Geräusch herabtropfenden Pergamentbreis. Nervös linste er in das Chaos und atmete tief durch. In der Ecke saß mutterseelenallein die Pergamotte in einem Dokumentengemetzel, die Fühler flach an den Kopf gelegt, und stöhnte wie ein Hündchen, das etwas Unbekömmliches gefressen hat.
    Aber für Nabob war etwas anderes viel interessanter als die leidende Pergamotte mit den akuten Verdauungsstörungen: das seltsame Objekt, das unmittelbar vor ihr aufleuchtete. Von der versuchten Verdauung scheinbar gänzlich unbeschädigt, lag da der dünne und geheimnisvolle Ordner. Seine Klauen pochten, als würden sie ihn wiedererkennen, und seine Milz bebte aufgeregt.
    Irgendwie war er sich sicher, daß niemand von diesem … diesem … Etwas … wußte.
    Er sprang über den Schrank und schlich sich an das Dokument heran. Er wich bewußt dem warnenden Blick der schmollenden Pergamotte aus, die ihm offensichtlich die Schuld an ihrem Unfall gab. Er zog ein Stück Schublade aus den Trümmern und berührte mutig die Umschlagseite. Dichter Dampf strömte heraus, als er den Hefter aufschlug und einen neugierigen Blick auf den mysteriösen Inhalt warf.
    Seine Katzenpupillen weiteten sich entsetzt, als er auf die seltsam verwinkelten altmodischen Buchstaben und verzerrten Abbildungen starrte. Er wurde aus beiden nicht schlau.
    Gestalten mit langen, wallenden Bärten versteckten sich hinter grotesken Felsformationen und schauten sich verstohlen um. Auf der nächsten Seite kroch eine Gruppe von ihnen auf ein gewaltiges Loch im Boden zu. Und noch weiter hinten beobachteten sie, von anderen Felsen verborgen, Strichmännchen mit Hörnern und Schwänzen, die große Dreizacke in den Klauen hielten.
    Daß etwas an Nabobs Fund eigentümlich war, schien von blendender Offensichtlichkeit zu sein. Er konnte zwar die Klaue nicht auf ihn legen (er zuckte bei dem Gedanken zusammen), aber er mußte mehr erfahren, soviel war ihm klar.
    Er wickelte den Hefter vorsichtig in einen Stapel Pergamente ein und verstaute ihn in der Tasche seiner Tunika. Dann machte er sich daran, den Raum zu säubern, um jede Spur davon zu verwischen, daß sich auch nur im entferntesten etwas Ungewöhnliches zugetragen haben könnte. Er würde es auf keinen Fall zulassen, daß Byrernst ihm unangenehme Fragen über den Fund stellte. Jedenfalls nicht, bevor er wußte, was ihm da in die Klauen gefallen war.
    Nabob verfluchte die kotzende Pergamotte ausgesprochen wortreich. Dann schüttelte er sich und fing an, aufgeweichte Pergamentstreifen von der Decke abzuziehen.
     
    Ein blutroter Blitz durchfuhr die trübe Atmosphäre und rumpelte lautstark durch das Unterweltreich Höllien. Eine Unmenge reparaturbedürftiger Fähren pflügte klebrige Furchen in den Schlamm des Flusses Schleimau und rülpste chthonischen

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