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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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sogar ein großer Teller voll Pfannkuchen mit Ahornsirup. Aber irgendwo im Haus war Ava, und ich wollte wieder zu ihr. Ich musste mich vergewissern, dass sie wirklich da war. Erst als ich mein Rührei aufgegessen hatte – genauso zubereitet, wie meine Mutter es immer gemacht hatte –, fiel mir auf, dass ich zum ersten Mal seit Wochen keinen Albtraum gehabt hatte. Ich nahm mir vor, Henry danach zu fragen, und überlegte, ob es an dem Traum mit meiner Mutter gelegen haben konnte. So musste es sein. Dabei hatte ich eher erwartet, Eden Manor würde meine Albträume noch verschlimmern, statt sie zu verscheuchen.
    Bevor ich Ava jedoch wiedersehen konnte, informierte mich Calliope, dass ich meine Lehrerin kennenlernen solle. Als ich aufgegessen hatte, war sie die Einzige, die mir den Weg zeigen konnte. Ella glänzte auffallend durch Abwesenheit. Ich hoffte, das bedeutete, dass sie damit beschäftigt war, Ava zu helfen – doch wenn man bedachte, wie sehr sie mich schon jetzt zu hassen schien, vermutete ich, sie würde sich so wenig wie möglich in meiner Nähe aufhalten.
    Unterwegs kamen wir an einer Schale mit Obst vorbei, und mir fiel wieder ein, was ich Henry nicht hatte fragen können.
    „Warum kostest du mein Essen vor?“
    Calliope hielt eine Tür für mich auf. „Um sicherzugehen, dass niemand versucht, dich umzubringen.“
    „Warum sollte das jemand wollen?“
    Bei dem Blick, den sie mir zuwarf, fühlte ich mich wie eine Idiotin, dass ich die Antwort nicht längst wusste.
    „Weil, sobald Henry die Herrschaft über die Unterwelt abtritt, jemand anders seinen Platz einnehmen wird. Nicht alle drücken dir die Daumen, weißt du?“
    „Warte mal, was?“ In meiner Sorge über das, was mit mir passieren würde, wenn ich die Prüfungen bestand, hatte ich nichteine Sekunde darüber nachgedacht, was mit Henry geschehen würde, wenn ich versagte. „Wer?“
    „Das kann ich dir nicht sagen. Pass auf!“
    Abrupt blieb ich stehen und wich haarscharf einer Vase auf einem Sockel aus. Das Ding sah teuer aus. Und uralt. Erschrocken holte ich Luft und bewegte mich vorsichtig daran vorbei.
    „Hier drin“, erklärte Calliope und wies auf eine Tür. Sie öffnete sie, und ich trat ein, den Blick auf das einzig Interessante im dahinterliegenden Raum gerichtet: einen kleinen hölzernen Tisch mit je einem dazu passenden Stuhl an beiden Stirnseiten. Alles andere war eintönig weiß, und das Zimmer roch wie frisch gestrichen.
    „Wir sehen uns danach“, verabschiedete sich Calliope, als sie die Tür hinter mir zuzog. Panisch wirbelte ich herum und stakste auf sie zu – wobei ich es schaffte, über den dicken Teppich zu stolpern.
    „Warte!“, rief ich, doch es war zu spät. Die Tür war bereits geschlossen, und zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass sie auf der Innenseite keinen Griff hatte. Ohne Hilfe würde ich hier nicht mehr rauskommen.
    Eine knappe Minute lang stand ich da wie die letzte Idiotin und versuchte herauszufinden, wie ich aus dem Zimmer gelangen könnte. Auf der anderen Seite war ein großes Fenster, aber ich befand mich im dritten Stock. Selbstmörderisch wäre ein Sprung zwar nicht, aber es würde wehtun, unten aufzutreffen. Außer der Tür gab es keinen weiteren Ausgang, also blieb mir wohl nichts anderes übrig, als zu warten.
    Ich streifte die Schuhe von meinen schmerzenden Füßen, setzte mich an den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Stuhl war unbequem und das Zimmer zu warm, aber wenigstens musste ich nicht mehr in diesen High Heels herumlaufen.
    Schwerer Weihrauchduft erfüllte die Luft und brachte mich zum Niesen. Ich sah über die Schulter, erblickte ein bekanntes Gesicht, und meine Augen wurden groß. Hinter mir stand Irene, die Sekretärin aus der Schule, in einem weißen Gewand ähn-lich wie das von Ava. Das Kleidungsstück umschmeichelte ihrenKörper auf wundervolle Art, doch das war nichts verglichen mit ihrem Haar. Vorher war es rot gewesen. Jetzt war es von einem tiefen Rubinrot, so leuchtend, dass es im Sonnenlicht fast funkelte. Es konnte unmöglich echt sein.
    „Hallo, Kate“, riss sie mich freundlich lächelnd aus meiner Erstarrung. „Es ist schön, dich wiederzusehen.“
    Ich zögerte. „Gleichfalls.“
    Sie ließ sich mir gegenüber nieder – mit einer Grazie, für die jede Tänzerin den rechten Arm gegeben hätte. Unwillkürlich fühlte ich Bitterkeit in mir aufsteigen. Was sollte sie mir eigentlich beibringen? Schön zu sein?
    „Sind hier noch mehr Leute

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