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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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Sorge sein. Wenn ich in Betracht ziehe, wie er sich in Bezug auf dich verhalten hat, würde ich vermuten, dass er dich zu fragen gedenkt. Doch was der Rat entscheidet, ist endgültig. Wenn du nicht für mich bestehst, wirst du auch für ihn nicht bestehen.“
    Der Gedanke, James könnte mich gern genug haben, um sich bis in die Ewigkeit mit mir abzugeben, genau wie Henry es anbot, war mir nie gekommen. Ich holte tief Luft und versuchte, mich ruhig zu verhalten. Henry musste nicht unbedingt recht haben – James und ich waren nur Freunde, wenn überhaupt. Henry wusste das. Sie wussten es beide.
    „Was würde ich machen? Ich meine, wenn ich bestehe – wie funktioniert das Ganze?“
    „Es ist eine Aufgabe, genau wie die meisten anderen Dinge“, erklärte Henry. Ich sah, wie die Lichter vom Baum sich in seinen Augen spiegelten. „Ein Großteil besteht darin, in Streitsachen zu schlichten, oder darin, unentschlossenen Seelen zu helfen, ein tieferes Verständnis zu erlangen. Wir greifen nicht ein, außer die Seele erwartet, gerichtet zu werden.“
    „Und was geschieht mit diesen Seelen?“, hakte ich nach undversuchte mich zu erinnern, was meine Mutter war. Methodistin? Lutheranerin? Presbyterianerin? Würde es eine Rolle spielen?
    „Das hängt allein von der Beschaffenheit ihres Glaubens ab“, antwortete Henry. „Wenn sie glauben, dass sie in menschlicher Form umherwandeln werden, dann ist es das, was geschieht. Wenn sie glauben, sie werden nichts als eine Kugel aus Wärme und Licht sein, dann wird es so sein.“
    „Was, wenn das, was sie glauben, und das, was sie wollen, zwei verschiedene Dinge sind?“
    „Auch da kommen wir ins Spiel.“
    Ich schwieg. Die Aussicht, für den Rest der Ewigkeit die Toten zu regieren, schien unmöglich, so wie etwas weit Entferntes, das ich niemals erreichen würde – und ich war mir gar nicht so sicher, ob ich das überhaupt wollte. Ich tat das hier nicht für den Job, nicht einmal für die Unsterblichkeit. Nachdem ich Henry täglich sah, konnte ich mir nicht einmal vorstellen, wie einsam die Ewigkeit sein konnte. Ich war nicht besonders scharf drauf, es selbst zu erleben.
    „Was, wenn ich nicht damit umgehen kann?“, fragte ich ihn. „Was, wenn ich kläglich versage und du jemand anders finden musst?“
    Es dauerte einen langen Moment, bis er antwortete.
    „Dazu sind die Prüfungen da. Ich habe meinen Teil erfüllt, indem ich dich ausgewählt habe, und ich glaube, du bist in der Lage, damit umzugehen. Meine Brüder und Schwestern prüfen dich, weil in dieser Aufgabe eine große Verantwortung liegt und kein Raum für Fehler bleibt. Wenn du es nicht kannst, wirst du es nicht tun. So einfach ist das.“
    Gar nichts daran war einfach, aber ich konnte mich nicht auf das konzentrieren, was danach kommen würde, solange ich es überhaupt erst mal bis zum Frühling schaffen musste. Selbst wenn ich alle Prüfungen bestand: Wenn der Rat mich nicht mochte, waren all diese Spekulationen sinnlos. Mit James hatte ich bereits eine Stimme gegen mich. Wenn es eine einstimmige Entscheidung sein musste, hatte ich schon verloren.
    „Henry?“, sprach ich ihn leise an. Er starrte auf den Baum. „Du weißt, dass ich bestehen will, oder?“
    „Aufgrund der Tatsache, dass du immer noch hier bist, habe ich das angenommen, ja.“
    Ich ignorierte seinen Sarkasmus. Warm lag seine Hand unter meiner, und ich drückte sie sanft.
    „Es ist nicht nur wegen meiner Mutter. Ich will es auch für dich schaffen. Ich weiß, dass du schon sehr lange kämpfst, und mir ist klar, dass ich bloß ein weiteres kleines Mädchen bin, das versucht auszuhelfen. Ich weiß, dass du denkst, ich werde versagen, aber – ich mag dich, Henry, und ich tu das hier auch für dich, okay? Ich will nicht, dass du vergehst.“
    Obwohl er mich nicht anblickte, sah ich, wie sich sein Mund zu einem freudlosen Lächeln verzog.
    „Du könntest niemals bloß ein weiteres kleines Mädchen sein“, widersprach er. „Ich möchte dich nicht beeinflussen oder das hier noch schwerer für dich machen, als es ohnehin schon ist. Aber denk niemals, es würde mich nicht kümmern, was mit dir geschieht, Kate. Es mag unmöglich sein, dass jemand Persephones Platz einnimmt, doch wenn das der Fall ist, dann nicht aufgrund einer Unzulänglichkeit deinerseits. Aber wenn irgendjemand dazu fähig ist, dann bin ich mir sicher, dass du es bist.
    „Dann gib bitte nicht auf“, wiederholte ich. „Ich werde niemals Persephone sein, und das weiß ich

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