Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
letztlich wird sie es einsehen: Das ist endlich eine Chance, aus der Armut herauszukommen!«
Die Schiffspassage hatte ein Großteil der Männer noch gar nicht bezahlt, der Kapitän hatte sie im Vertrauen darauf befördert, dass sie das Geld auf den Goldfeldern bald verdient hätten. Die jungen Gottesdienstbesucher wollten zweifellos ihre Fahrt nachträglich bezahlen, was aber andere Goldsucher anging …
»Teilweise sind es richtige Gauner!«, meinte Chris Timlock kopfschüttelnd. »Manche Kerle auf dem Schiff … widerlich! Und auch im Lager – da herrscht ein rauer Ton, sage ich Ihnen, Mrs. Edmunds!«
Die Digger, wie man die Golgräber nannte, kamen jedoch nicht alle aus der Alten Welt. An Bord einiger der fünfundsechzig Schiffe, die in Otago Harbour angelegt hatten, waren altgediente Goldsucher aus Australien.
»An die muss man sich halten«, meinte Chris mit leuchtenden Augen. »Die wissen, wie man’s macht!«
Der Umstand, dass sie trotzdem noch nicht zu größerem Reichtum gekommen waren, schien ihn nicht zu beunruhigen. Jeder der Männer glaubte fest an sein Glück.
Zu sicherem Reichtum gelangten in diesen Tagen erst mal sämtliche Händler in und um Dunedin. Schaufeln und Schüsseln zum Goldwaschen waren gleich am Montagmorgen ausverkauft, die Digger prügelten sich um die letzten Werkzeuge. Auch was die Essensvorräte betraf, war die Stadt dem Ansturm nicht gewachsen. Binnen kürzester Zeit verkauften die Farmer von Waikouaiti ihr gesamtes Korn. Rund um Dunedin reduzierte sich der Tierbestand drastisch, die Goldgräber schossen auf alles, was sich bewegte und dann eine Mahlzeit versprach – auch gern mal auf frei laufende Schafe, Katzen und Hunde. Die sanitäre Situation in den improvisierten Lagern war grauenhaft. Die frische Bergluft Otagos wich einem durchdringenden Gestank nach Exkrementen, sobald man sich der Zeltstadt näherte. Allerdings zogen die Goldgräber, wie Mrs. Cooper vorausgesagt hatte, gleich in den nächsten Tagen weiter Richtung Gabriel’s Gully, wie man das erste Goldfeld in Tuapeka nannte. Die Schotten atmeten auf und hofften, sie damit los zu sein. Aber Reverend Burton schüttelte den Kopf.
»Es wäre besser, man rüstete sich für den nächsten Ansturm«, meinte er, als er Kathleen und Claire verabschiedete.
Sie waren ein paar Tage bei den Coopers geblieben und hatten den anderen Frauen der Gemeinde geholfen, Tee- und Suppenküchen zu organisieren, um die hungrigen Männer zu verpflegen. In den Lagern galt jetzt schon das Recht der Stärkeren. Die armen und optimistischen Kirchgänger vom Land oder aus Arbeiterfamilien konnten sich gegen die alten Glücksritter aus Australien und von der Westküste nicht durchsetzen. Nicht nur Träumer füllten die Hügel rund um Dunedin – es kam auch der Abschaum aus den Lagern der Walfänger und Seehundjäger, erfolglose Goldsucher aus Collingwood im Nordwesten und freigelassene Sträflinge aus Australien, die sich das Geld für die Passage sicher nicht mit ehrlicher Arbeit verdient hatten.
Und natürlich strömten diese Menschen weiterhin in die Stadt – es war fast unmöglich, zum Tuapeka River zu gelangen, ohne die Stadt Dunedin zu passieren. In Dunedin orientierten sich die Goldsucher nach der Ankunft, man deckte sich mit Zelten, Grabwerkzeugen und Proviant ein – und wenn jemand wirklich Gold gefunden hatte, so machte er es hier zu Geld. Natürlich war die kleine schottische Gemeinde mit diesem Andrang meist wenig calvinistisch gesinnter Männer völlig überfordert. Die Händler missbilligten den Goldrausch, taten aber dennoch ihr Bestes, die Wünsche der Kunden zu befriedigen. Sehr schnell begann man, Lebensmittel aus den Canterbury Plains zu holen, und importierte ganze Schiffsladungen von Werkzeugen aus England.
In Dunedin nahm die Bautätigkeit nie gekannte Formen an. Schließlich strömten nicht nur Goldsucher in die Stadt, sondern auch Menschen, die bleiben wollten. Handwerksbetriebe, Geschäfte und Banken eröffneten in atemberaubender Geschwindigkeit, natürlich auch Pubs und Freudenhäuser. Schon sechs Monate nach dem Eintreffen der ersten Goldsucher hatte sich die Einwohnerschaft der Stadt verdoppelt – mittlerweile kamen etliche mit ihren Frauen und Kindern.
»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie«, erklärte der Reverend, als Kathleen und Claire wieder mal in die Stadt kamen, den Wagen vollgeladen mit Wollerzeugnissen von den Farmen.
Neuerdings rissen die Menschen sich ihre gewebten Decken,
Weitere Kostenlose Bücher