Das Gold des Bischofs
trotzdem erklären, warum.«
»Wir besitzen zwei der drei Karten. Eine zeigt ein Kreuz, während die andere zwei Flüsse und eine StraÃe darstellt. Die dritte muss irgendeinen bestimmbaren Ort aufführen, wie den Namen eines Dorfes und die Gegend bezeichnen, wo der Schatz verborgen liegt.«
»Ja«, merkte Eleanor nachdenklich an. »Der Sheriff besitzt womöglich diese Karte, und er hat sich dann sofort an den bezeichneten Ort begeben, um zu sehen, ob er dort irgendwelche Spuren findet.«
»Aber so findet er den Schatz nie«, wandte Roger ein. »Mein Vater meinte, man käme nur mit allen drei Karten weiter.«
»Und damit hat er vermutlich Recht«, stellte Geoffrey fest. »Genau genommen kann man sogar davon ausgehen, dass er Recht hat. Immerhin reden wir hier von Flambard. Aber wenn du eine Karte bekommst, auf der der Name eines Dorfes steht, und wenn du weiÃt, dass irgendwo in der Nähe dieses Ortes ein Schatz vergraben liegt, der groà genug ist, um damit eine Kathedrale bauen zu können â eines der groÃartigsten Bauwerke der Christenheit überhaupt! â, was würdest du dann tun?«
»Ich würde gleich zu diesem Dorf reisen und danach suchen«, verkündete Roger, ohne zu zögern.
»Genau«, bestätige Geoffrey.
»Es heiÃt, Durnais wäre nach Chester-le-Street gegangen«, grübelte Eleanor. »Aber das ist gewiss nur eine Täuschung, um die Leute abzulenken und das wahre Ziel geheim zu halten. Ich wusste immer, dass an diesem listigen alten Burschen mehr dran ist, als man auf den ersten Blick erkennen kann.«
»Vielleicht war es Durnais, der Xavier und seinen Begleitern aufgelauert hat«, gab Geoffrey zu bedenken. »Das kommt mir einleuchtend vor. Er wollte wohl an Xaviers Karte heran.«
»Aber Xavier hatte seine bereits bei Jarveaux abgegeben«, wandte Eleanor ein. Sie lächelte, zufrieden mit ihren Schlussfolgerungen. »Das alles hat mich am Anfang verwirrt, aber jetzt verstehe ich es viel besser.«
»Gut«, sagte Geoffrey, der immer noch weit mehr Fragen als Antworten sah.
»Aber wir dürfen Simon nicht aus den Augen verlieren«, wandte Roger ein. »Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, warum er eine dieser Karten bei sich zu Hause hatte. Mir wäre wohler zumute, wenn ich wüsste, dass er in Sicherheit ist.«
Dem konnte Geoffrey nur zustimmen â zumindest hätte er dann einen Anhaltspunkt, dass Simon nicht zur gegnerischen Seite gehörte. Er blickte aus dem Fenster und hoffte von ganzem Herzen, der Schneefall würde endlich nachlassen, damit sie ihre Untersuchungen zu einem Abschluss bringen und die Stadt verlassen konnten, solange sie dazu noch in der Lage waren.
Spät in der Nacht, als die Stadt still und finster dalag, schlüpfte Geoffrey aus Eleanors Haus und stapfte durch den Schnee nach Owengate. Anscheinend hielten die Wachen das schlechte Wetter für Schutz genug, denn sie waren nirgendwo zu sehen. Ungestört entriegelte Geoffrey die Pforte und gelangte zum Fluss. Dort ruderte er unbeholfen â denn es war schon viele Jahre her, dass er zuletzt ein Boot gesteuert hatte â über den Wear zu den Häusern von Elvet.
Bei Jarveauxâ Haus stand er lange Zeit im Dunkeln, dachte nach und beobachtete. Als er sicher war, dass der Haushalt im Schlaf lag, schlich er zur Tür und steckte den Schlüssel, den Eilaf ihm gegeben hatte, ins Schloss. Er passte nicht.
Ãberrascht zog Geoffrey ihn wieder heraus. Er fühlte sich rau an, alt und rostig, wohingegen das Schloss sich so kühl und glatt anfasste, wie es für neues Metall typisch war. Nachdenklich rieb Geoffrey sich das Kinn. Anscheinend hatte jemand in allerjüngster Zeit das Schloss ausgetauscht.
9. K APITEL
Geoffreys Hoffnung auf besseres Wetter zerschlug sich, nachdem in der Nacht noch mehr Schnee gefallen und am Morgen die Stadt beinahe nicht wiederzuerkennen war. Dicke Schneewehen verwandelten die schäbigen Hütten bei der Kathedrale in groÃe, weiÃe Wogen, von denen einige so hoch aufstiegen, dass von den Häusern darunter überhaupt nichts mehr zu sehen war. Geoffrey hörte herzzerreiÃende Schluchzer und blickte aus dem Fenster. Dort drauÃen grub gerade eine Frau den Leichnam eines Mannes aus dem Schnee aus; er war erfroren, wo er in der Nacht gestürzt war. Mehrere Leute schaufelten rings um ein Häuschen, in dem womöglich eine
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