Das Gold des Bischofs
ganze Familie ums Leben gekommen war, als das Dach unter dem Gewicht des Schnees einstürzte.
Alle Arbeiten an der Kathedrale waren zum Erliegen gekommen. Selbst für die Steinmetzarbeiten, die für gewöhnlich bei jedem Wetter vorangingen, war es zu kalt geworden. Nur aus den Zelten auf dem Burghof, die den Bauleuten als Unterkunft dienten, war rhythmisches Klopfen zu hören.
Das kalte Wetter brachte noch eine weitere Gefahr. Gegen die Kälte wurden Feuer entfacht, die zu groà für die Kamine waren. Zumindest ein Haus war während der Nacht in Flammen aufgegangen. Es hatte einen so heftigen Brand gegeben, dass das schneebedeckte Gebäude innerhalb weniger Augenblicke davon verzehrt worden war, bevor überhaupt Alarm gegeben wurde.
Menschen schaufelten reihenweise den Schnee von der StraÃe, damit wenigstens ein Mindestmaà an Geschäften stattfinden konnte. Aber es dauerte nicht lange, bis frischer Schneefall die Lücken wieder schloss. Nur wenige Stände auf dem Marktplatz hatten geöffnet, und darin standen unglückliche Lehrlinge, die heftig in die kalten Hände hauchten und mit den FüÃen stampften.
Geoffrey wäre gern nach Chester-le-Street geritten, wo angeblich der Sheriff sein sollte. Er wollte dringend wissen, ob der Mann dort tatsächlich ein berechtigtes Anliegen hatte, oder ob Durnais sich fröhlich durch die Landschaft grub. Aber die Schneeverwehungen auf den HauptstraÃen reichten Gerüchten zufolge bis zum Widerrist eines Pferdes, und darum brauchte er gar nicht erst aufzubrechen. Geoffrey tröstete sich damit, dass der Schneefall auch die Schatzsuche erschwerte und der Sheriff ohne die Hilfe der beiden anderen Karten dem Zufall ausgeliefert war.
Da Reiten nicht zur Debatte stand, konzentrierte Geoffrey sich auf das, was er im Inneren der Stadt erledigen konnte. Früh am Morgen streifte er über den Marktplatz und führte ungezwungene Gespräche mit den Händlern dort. Aber er hörte nichts Neues von Simon, und über Durnais erfuhr er nur, dass der Sheriff normalerweise tat, was der Prior von ihm verlangte, und wie ungewöhnlich es für ihn sei, die Stadt zu verlassen.
Sehr viel leichter war es, die Stadtbewohner über den Cellerar zum Reden zu bringen. Genau genommen war es schwierig, sie wieder zu bremsen, nachdem sie erst einmal damit angefangen hatten. Der arme, eingeschüchterte Eilaf mochte nur widerstrebend Geschichten über den unbeliebtesten Mönch der Abtei erzählt haben, aber andere waren mehr als erfreut, bei einem willigen Zuhörer ihrem Ãrger Luft machen zu können.
Burchard war nicht der einzige Schurke im Benediktiner-Habit, wie es den Anschein hatte. Subprior Hemming warb billige Hilfskräfte an, um die Felder des Klosters zu bestellen, so dass die Einheimischen nicht genug verdienten, um ihre Familien zu unterhalten; und Prior Turgot hatte die unbeliebte Gewohnheit, Pächter zu entlassen, die mit der Pacht mehr als drei Monate im Rückstand waren, während die meisten Grundherren eine längere Frist zugestanden.
SchlieÃlich stand Geoffrey inmitten einer groÃen Gruppe aufgebrachter Bürger, von denen jeder seine eigene Geschichte zu erzählen wusste, wie die Abtei ihm geschadet hatte. Einige Beschwerden waren ernst zu nehmen, aber in anderen wurde einfach nur jede Art Unglück den Benediktinern zugeschrieben. Geoffrey kam zu dem Schluss, dass die Abtei anscheinend ein strenger, unduldsamer Oberherr war, die Bürger von Durham allerdings auch ein unverblümter und verbitterter Haufen. Es war ebenfalls deutlich, dass Burchard viele unbeliebte Arbeiten des Klosters zufielen und er daher zum offensichtlichen Ziel des Hasses wurde.
Eleanor war mit Roger nach St. Giles gegangen, und Geoffrey hatte zugestimmt, später mit ihr zusammen einige Hexen aufzusuchen und sie nach rot gefärbten Pfeilen zu fragen. Er empfand keine groÃe Begeisterung für diese Aufgabe, denn er war besorgt, dass eine vielleicht eine Abneigung gegen ihn fasste und ihn mit einem Fluch belegte. Allerdings freute er sich schon auf die Aussicht, ein wenig Zeit allein mit Rogers lieblicher Schwester zu verbringen.
Er bahnte sich einen Weg über den Markt zurück zu Eleanors Haus, als er plötzlich eine vertraute Gestalt aus einem der Läden kommen sah â aus einer Apotheke, wie Geoffrey an dem Schild über der Tür erkannte.
»Guten Morgen, Witwe Jarveaux«,
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