Das Gold des Bischofs
zum Stillstand.«
»Ich verstehe«, sagte Geoffrey und betrachtete Alice. »Bläschen im Mund. Ich habe vor kurzem erst einen Mann mit Bläschen im Mund gesehen.«
»Wirklich?«, fragte der Apotheker erschrocken. »Ich hoffe, nicht in Durham. Natürlich gibt es noch viele andere Substanzen, die Schäden an Zunge oder Zahnfleisch bewirken können. Der Biss von Schlangen beispielsweise, und verschiedene Metalle wie Blei oder Quecksilber.«
»Ich habe tatsächlich Schwierigkeiten mit Ratten«, verkündete Alice matt und blickte den Apotheker flehentlich aus ihren groÃen, blauen Augen an. »Dieser Ritter verdächtigt mich einer anderen Anwendung des Nieswurzes. Aber ich habe Ratten. Ihr könnt meine Diener fragen.«
»Das ist nicht nötig«, erwiderte der Apotheker. »Wir kennen uns schon so lange, und wenn Ihr sagt, Ihr habt Ratten in Eurer Vorratskammer, dann habe ich keinen Grund, an Euren Worten zu zweifeln.«
»Danke«, sagte Alice und zog Zuversicht aus der Unterstützung des Apothekers. Allmählich löste sie sich aus ihrer Rolle als hilflose Dame in Not. »Jeder in Durham weiÃ, dass ich unter einer Rattenplage leide, und einige Leute haben sie selbst gesehen â riesige braune Viecher, so groà wie Katzen.«
»Ich habe sie gesehen«, sprang ihr ein Lehrling mit kurzen, fettigen Haaren bei. »Mein Hund ist ein guter Rattenjäger, aber selbst er würde es nicht mit einem der Ungeheuer aus Jarveauxâ Scheunen aufnehmen.«
Alice schenkte Geoffrey ein spöttisches Lächeln. »Meine Ratten sind berüchtigt. Es ist nur natürlich, wenn ich Schritte einleite, um sie auszurotten. Und dafür benötige ich den Nieswurz.«
Ihr Gesichtsausdruck war selbstgefällig und zuversichtlich, vor allem als die Lehrlinge ein lebhaftes Gespräch mit dem Apotheker anfingen, wie sie Alice helfen könnten, ihre riesenhaften Schädlinge loszuwerden. Durch die vorgetäuschte Ohnmacht hatte sie Zeit zum Nachdenken gewonnen und sich auch das Mitgefühl der Zuschauer verschafft. Geoffrey wusste, er würde sie nun nicht mehr so weit einschüchtern können, dass sie den Mord gestand â sie hatte nicht nur keinen Grund, das zu tun, sondern die Stadtbewohner würden es auch nicht dulden. Ein heller Teint wies die meisten der Lehrlinge als Sachsen aus, und sie würden das einem Normannen nicht durchgehen lassen.
Geoffrey überlieà Alice also der liebevollen Fürsorge ihrer Bewunderer und ging zum Rand des Marktplatzes, wo der Boden steil zum Fluss hin abfiel. Hier stand er für eine Weile, blickte aufs Wasser hinaus und dachte nach. Jarveaux war mit einem blasenübersäten Mund gestorben, einige Tage, nachdem seine Frau ein Gift mit genau dieser Wirkung gekauft hatte. Bedachte man noch, wie gut der Tod ihres Mannes Alice zupass kam, dann war das ein allzu groÃer Zufall. Geoffrey wusste, dass Jarveaux ermordet worden war, und er hatte genug Hinweise, dass seine Frau die Schuldige war. Aber warum? War es genau das, wonach es aussah â hatte sie einen allzu alten Ehemann loswerden wollen, um das Leben zu genieÃen? Oder gab es andere Gründe, etwa eine Schatzkarte?
Einige Augenblicke später trat Alice wieder nach drauÃen. Erfolgreich hatte sie jede angebotene Begleitung ausgeschlagen und war allein. Sie bewegte sich behutsam, um nicht auf der vereisten StraÃe auszurutschen, aber sie sah nicht aus wie eine Frau, die gerade erst aus einer Ohnmacht erwacht war. Ihr Schritt war zuversichtlich, den Kopf trug sie hoch erhoben, und in ihren Bewegungen lag eine gewisse Ãberheblichkeit. Nach Geoffreys Ansicht benahm sie sich ganz wie eine Frau, die glaubte, dass sie soeben mit einem Mord davongekommen war.
Als Geoffrey zu Stanstedes Haus zurückkehrte, hielt sich Eleanor in der Küche auf. In Aussicht auf einen Vormittag mit Hexenbesuchen trug sie bereits einen dicken Mantel und robuste Stiefel. Die Brüder Littel hatten gerade eine Wachschicht hinter sich und unterhielten sich mit ihr, während sie ihnen das Frühstück bereitete.
»Seid Ihr sicher?«, fragte sie. »Und ein Irrtum ist ausgeschlossen?«
Der ältere Bruder zuckte mit den Achseln und schaufelte sich einen Löffel Haferbrei in den Mund, was seine Antwort kaum verständlich machte: »Kein Irrtum. Das Schwein ist nirgendwo aufzufinden.«
»Schwein?«, hakte Geoffrey nach und fragte
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