Das Gold des Bischofs
besuchen wollte. Einer wies sie auf eine Gasse hin, die sie auf dem Weg zu Ida besser meiden sollte, weil dort Eiszapfen von den Dächern fielen. Gerade näherten sie sich dem Häusergewirr zwischen Kathedrale und Burg, als sie Cenred begegneten. Er kam keuchend über den vereisten Boden auf sie zu und kniff gegen den gleiÃenden Schnee die Augen zusammen. Mit seiner vor Kälte geröteten platten Nase sah er einem Schwein noch ähnlicher als sonst.
»Ich hatte kein Glück bei der Suche nach dem Mörder Eures Ehemannes«, erklärte er nach kurzem GruÃ. »Niemand kennt irgendwelche Gesetzlosen, die eine zehnköpfige Reisegruppe angreifen würden, zu der noch dazu ein Ritter und ein Knappe gehören. Allmählich frage ich mich, ob die Täter nicht selbst Reisende waren und inzwischen schon weitergezogen sind.«
»Und was ist mit dem Sheriff?«, fragte Geoffrey. »Ist er inzwischen wieder zurück?«
Cenred schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum er nie in Chester-le-Street angekommen ist. Vielleicht hat er nach fünfzehn Jahren Dienst beschlossen, sich mal eine Pause zu gönnen.«
»Ohne Euch davon zu erzählen? Ist er etwa ein Mann, der seine Pflichten im Stich lassen würde, um einer Laune nachzugeben?«
»Nein«, gestand Cenred ein. »Doch die Grafschaft ist groÃ. Vielleicht ist er gegangen, um einige entlegenere Gegenden zu inspizieren. Für gewöhnlich übernehme ich das. Aber er wollte sie vielleicht einmal selbst sehen.«
»Wiederum ohne Euch davon zu erzählen?«, fragte Geoffrey. »Er hätte doch bestimmt einen Boten gesandt, um Euch wissen zu lassen, was er vorhat?«
Cenred gab bei dieser Befragung einen unwilligen Laut von sich. »Gewiss hat er seine Gründe. Aber wie sie auch lauten, Euch gehen sie nichts an.«
Das, befand Geoffrey, hing sehr davon ab, ob Durnais in diesem Augenblick gerade eifrig nach dem Schatz der Kathedrale grub. Je mehr er darüber nachdachte, umso wahrscheinlich fand er es, dass die ungewöhnliche Abwesenheit des Sheriffs tatsächlich etwas mit Flambards Schatz zu tun hatte. Er musterte Cenred nachdenklich. Wusste der Stellvertreter des Sheriffs mehr über Durnais Verschwinden, als er zugab? Arbeiteten sie gar zusammen, um den Schatz ausfindig zu machen? Geoffrey glaubte das nicht. In dem Fall wäre vermutlich Cenred mit Karte und Schaufel ausgezogen, während Durnais zu Hause geblieben wäre.
»Ihr seid im Auftrag von Prior Turgot unterwegs«, stellte Cenred fest und erwiderte Geoffreys Blick kühl. »Ihr glaubt, das gibt Euch das Recht, jeden nach den verschwundenen Schatzkarten zu fragen. Aber da irrt Ihr Euch. Mir ist dieser sagenhafte Schatz gleichgültig, und ich kenne Flambard gut genug, um zu bezweifeln, dass er überhaupt existiert. Vermutlich ist es nur eine üble normannische Intrige gegen die Sachsen.«
»Wie das?«, wollte Geoffrey wissen und fragte sich, was für Hirngespinste Cenred ihm als Nächstes wohl auftischen würde.
Cenred schürzte die Lippen. »Das ist ganz offensichtlich. Es gibt überhaupt keinen Schatz, aber die Normannen â Prior, Cellerar und Sheriff â werden behaupten, dass wir Sachsen ihn gestohlen haben. Das liefert ihnen einen Vorwand, das Haliwerfolc höhere Steuern für ihre verfluchte Kathedrale zahlen zu lassen.«
Ist es das?, dachte Geoffrey. Konnte es so einfach sein? Es klang glaubwürdig, und Flambard war sicher der Richtige für eine solche Verschwörung.
»Turgot meinte, Ihr wüsstet vielleicht, ob Durnais eine von Flambards Karten erhalten hat«, sagte er und beschloss, vorläufig davon auszugehen, dass Cenred sich täuschte und der Schatz existierte. »Hat er?«
»Ich weià es nicht«, antwortete Cenred steif. »Durnais hat mir nichts davon erzählt.«
»Hat er irgendwelche Botschaften erhalten, bevor er aufgebrochen ist?«, drängte Geoffrey weiter. »Vielleicht von einem Ritter oder von einem Mönch in Flambards Diensten?«
»Alle Mönche der Abtei stehen in Flambards Diensten«, stellte Cenred düster fest. »Und der normannische Sheriff möchte gern gute Beziehungen zu der normannischen Abtei aufrechterhalten, weswegen ständig Mönche in der Burg sind.«
»Jarveaux wurde ermordet, müsst Ihr wissen«, verkündete Geoffrey und wollte Cenred damit deutlich machen, dass
Weitere Kostenlose Bücher