Das Gold des Bischofs
eine Karte erhalten und beschlossen, vor allen anderen nach dem Schatz zu suchen. Aber das heiÃt, dass wir uns bei Odard getäuscht haben: Wir sind davon ausgegangen, dass er Durnais eine falsche Karte ausgehändigt hat, um ihn in die Irre zu führen. Aber wenn Durnais in Finchale war, dann muss Odard ihm doch die richtige gegeben haben.«
»Aber Durnais muss schon verrückt gewesen sein, wenn er glaubte, allein mit dem Hinweis auf Finchale den Schatz aufspüren zu können«, merkte Roger kopfschüttelnd an. »Es ist eine weitläufige Gegend, und er könnte wochenlang dort graben und doch nichts finden.«
»Manche Leute lassen ihre Vernunft hinter sich, wenn sie von der Aussicht auf Gold geblendet werden«, sagte Eleanor. »Wir beide wissen, dass es aussichtslos wäre, nach Finchale zu gehen und aufs Geratewohl zu graben. Aber ein gieriger Mann denkt vielleicht nicht so weit. Es ist wie bei den Glücksspielen, die ich mitunter im Bordell verfolgen kann.«
»Wie meinst du das?«, fragte Roger verwirrt.
»Die Männer, die dort spielen, wissen genau, dass sie letztendlich verlieren werden â denn das tun sie immer. Aber trotzdem sitzen sie Nacht für Nacht da und hoffen auf den Sieg, der all ihre Gebete verstummen lässt. Mit dem Schatz ist es dasselbe: Die Möglichkeit, in den Besitz eines so märchenhaften Reichtums zu kommen, und sei sie noch so klein, bringt die Männer um den Verstand und lässt sie unvernünftige Dinge tun â wie beispielsweise ganz Finchale umzugraben.«
»Flambard würde dem zustimmen«, befand Geoffrey. »Und eben deshalb lehnte er es ab, einer einzelnen Person zu vertrauen.«
»Damit hatte er Recht«, befand Eleanor grimmig. »Dem Sheriff konnte er jedenfalls nicht vertrauen. In der Zwischenzeit erhielt Jarveaux ebenfalls seine Karte, machte aber keine Anstalten, mit den anderen in Verbindung zu treten. Er wartete bestimmt darauf, dass sie ihn ansprächen und ihr Wissen mit ihm teilten, während er selbst den Besitz seiner Karte verleugnen wollte.«
»Und dann hätte er nach Finchale gehen können, um den Schatz nach eigenem Gutdünken zu bergen«, setzte Geoffrey die Ãberlegung fort. »Und selbst Turgots Motive sind ein wenig fragwürdig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Schatz zum persönlichen Gebrauch zurückhalten würde â¦Â«
»Warum nicht?«, unterbrach ihn Eleanor. »Ihr müsst Euch nur mal sein hübsches Haus anschauen und wisst sofort, dass nicht alle Gelder der Abtei dem Gemeinwohl zugeführt werden. Wie viel von Flambards Gold würde wohl der Kathedrale zugutekommen, und wie viel der Abtei â oder gar ihm selbst! â, wenn der Prior es allein verwalten könnte?«
Das war richtig, befand Geoffrey. Er betrachtete Eleanor und Roger düster. Es war wirklich traurig, dass Flambard in ganz Durham nicht einmal drei Männer gekannt hatte, die ehrlich genug gewesen waren, den verborgenen Schatz der Kathedrale zukommen zu lassen. Sein einziger, wenn auch geringer Trost war der Gedanke, dass dies wohl mehr über Flambards Umgang aussagte als über die Stadt selbst.
Den Rest des Tages über bemutterte Eleanor Geoffrey wie eine Glucke, bis dieser sich wünschte, er hätte nie eine Ohnmacht vorgetäuscht. Eleanors Fürsorge reichte so weit, dass sie ihm am Abend sogar Fischsuppe einflöÃen wollte, eine Delikatesse, die bei Geoffrey ungute Erinnerungen weckte. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte man ihn mit so einer Speise vergiften wollen. Er lehnte es ab, davon zu trinken, aber sie bestand darauf, und schlieÃlich gab er nach, nur damit sie ihn endlich in Ruhe lieÃ. Nach der faden Brühe fühlte er sich wirklich krank und war mehr als froh, früh zu Bett gehen zu können. Dort kaute er dann verzweifelt auf den Kräutern aus seinem Waschwasser herum, um den üblen Geschmack loszuwerden.
Da Geoffrey Eleanors Gefangener war, begab sich Roger zur Burgkapelle und inspizierte dort Durnaisâ Leichnam. Der bullige Ritter konnte nur wenig tun, um der Todesursache nachzugehen, ohne dabei Verdacht zu erregen. Aber der Mönch, der den Toten aufbahrte, erklärte bereitwillig, dass Durnais den halben Fluss Wear in der Lunge gehabt hatte, und auch der Steinboden unter der aufgebahrten Leiche war reichlich nass. Der Mönch berichtete ebenfalls, dass sich der Todeszeitpunkt des
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