Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gold des Bischofs

Das Gold des Bischofs

Titel: Das Gold des Bischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaufort
Vom Netzwerk:
St. Giles vorbeiführte. Der Schnee erschwerte das Vorankommen und machte das Laufen unangenehm. So hielt er bei der Kirche an und beschloss, sich zum ungestörten Nachdenken in das Gebäude zurückzuziehen.
    Wie zuvor war es im Inneren düster, und die meisten Fensterläden waren wegen der Witterung geschlossen. Die in der Marienkapelle standen allerdings offen, teils um den Altarraum zu erleuchten, aber hauptsächlich, weil die beiden Leichen dort jetzt schon seit einer Woche aufgebahrt lagen. Auch wenn das kalte Wetter hilfreich war, so konnte es doch nicht vollständig verhindern, dass der Gestank des Todes durch die Kirche zog.
    Geoffrey hielt sich von der Kapelle fern und nahm im Kirchenschiff Platz. Er blickte zum Hochaltar und auf die Nische, in der eigentlich die Gebeine des heiligen Balthere ruhen sollten. Er erinnerte sich, was Eilaf ihm darüber erzählt hatte: dass Flambard der Kirche die Knochen eines sächsischen Einsiedlers gestiftet hatte, damit die Abtei nicht sämtliche Einnahmen durch die Pilger einstreichen konnte, die um der Reliquien willen in die Stadt strömten.
    Der Raub von Reliquien war nichts Ungewöhnliches, vor allem nicht durch geistliche Einrichtungen, die ihre eigene Bedeutung erhöhen wollten, oder durch Leute, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf solcher Objekte verdienten. Flambard hatte wahrscheinlich selbst jemanden beauftragt, um Balthere auf diese Weise zu beschaffen, und ohne Zweifel würde er dasselbe tun, um den sagenhaften Stab des Aaron zu erhalten. Ungewöhnlich war allerdings, dass die so geraubte Reliquie vollkommen verschwunden war: Im Allgemeinen tauchten sie alle anderswo wieder auf, wo die neuen Eigentümer jede Verwicklung in finstere Machenschaften beharrlich leugneten und stattdessen behaupteten, dass der Heilige auf wundersame Weise erschienen war – eine Behauptung, die sich nur schwer widerlegen ließ in einem Land, wo die Leute an göttliches Wirken glaubten.
    Â»Es ist ein trauriger Anblick, nicht wahr?«, erklang eine leise Stimme hinter Geoffrey. Es war Eilaf, der auf seine nutzlosen Stiefel verzichtet hatte und barfuß ging. Seine Füße waren rot und geschwollen vor Kälte, und sein Gesicht wirkte hungriger und eingefallener denn je. »Diese Nische sollte Balthere aufnehmen und nicht einen Stechpalmenkranz.«
    Geoffrey nickte. »Hat man den Diebstahl je untersucht?«
    Der Priester schüttelte den Kopf. »Niemand aus meiner Gemeinde ist verwegen genug, um Männern wie Burchard entgegenzutreten und die Reliquie zurückzufordern. Burchard hat stets behauptet, dass die Abtei nichts damit zu tun hat. Und da der bedauernswerte Balthere seither nicht mehr gesehen wurde, spricht er vielleicht die Wahrheit. Was für einen Sinn hätte es, die Reliquie zu stehlen, wenn man sie dann nicht ausstellt?«
    Â»Flambard muss verärgert gewesen sein. Vermutlich hat er sie selbst bezahlt?«
    Â»Das hat er, ja. Und er war wütend, als er von dem Raub erfuhr. Allerdings hat er versprochen, sie für uns wieder zu beschaffen, sobald sie irgendwo auftaucht. Leider kam es nicht dazu.«
    Â»Warum leiht Euch die Abtei nicht einfach einen Knochen um besserer Freundschaft willen? Sie besitzt eine Menge davon. Was ist mit St. Oswalds Kopf? Da er nicht bei den anderen Reliquien liegt, würde ihn doch bestimmt niemand vermissen?«
    Â»Oswald ist viel zu angesehen, um Leuten wie uns geliehen zu werden. Und außerdem ruht sein Schädel sicher in St. Cuthberts Sarg, wo er hingehört.«
    Â»Roger meinte, er hätte ein eigenes Reliquiar im Hochaltar«, wandte Geoffrey ein.
    Eilaf schüttelte den Kopf und lächelte. »Roger hat die Heiligen schon immer durcheinandergebracht. Hört nicht auf ihn. Aber warum seid Ihr hier? Wolltet Ihr mich sprechen?«
    Â»Ich war in der Abtei und habe das Bedürfnis nach ein wenig Frieden.«
    Â»Dann lasse ich Euch in Ruhe. Ich bin ohnehin beschäftigt: Jarveaux soll heute beerdigt werden. Das Grab ist leider nicht so tief, wie ich es gern hätte, weil der Boden gefroren ist. Ein paar zusätzliche Pennys hätten vermutlich dafür sorgen können, ihn auf wunderbare Weise wieder aufzuweichen, aber Alice will davon nichts hören.«
    Â»Das glaube ich gern.«
    Â»Sie meint, sie hätte bereits für ein Loch bezahlt, und weigert sich, noch mehr zu geben. Aber es muss reichen. Walter ist seit einer Woche tot, und

Weitere Kostenlose Bücher