Das Gold des Bischofs
nicht um diese Jahreszeit.«
»Kymlisworth liegt nahe bei Finchale«, stellte Roger düster fest. »Und Finchale ist berühmt für seine Schlangen.«
»Allerdings«, pflichtete Cenred ihm bei. Er erschauderte. »Finchale ist kein Ort für einen gottesfürchtigen Mann. Aber der Angriff fand nicht in Finchale statt, sondern in Kymlisworth. Drei Reisende wurden getötet: Haymo, ein Ritter der Johanniter und ein Knappe. Die übrigen â fünf Frauen und zwei Knechte aus der Burg â blieben unverletzt.«
Roger schnaubte abschätzig. »Aber bis diese Leute in Durham ankamen, waren die Gesetzlosen schon längst über alle Berge?«
Cenred nickte. »Einer meiner Sergeanten wird heute Morgen noch Kymlisworth aufsuchen und fragen, ob jemand etwas gehört oder gesehen hat, auch wenn kein Bauer mit einem Funken Verstand dergleichen zugeben würde. Die Räuber gehen nicht sonderlich sanft um mit Leuten, die zu viel reden, vor allem in den einsamen Dörfern, wo man keinen Schutz findet.« Er musterte Eleanor mitfühlend. »Haymos Leichnam ist in der Schlosskapelle aufgebahrt.«
»Dann sollte ich jetzt meinen Pflichten als Ehefrau nachkommen«, stellte Eleanor fest und erhob sich langsam. »Ich muss ihn in die Kirche von St. Giles bringen lassen und mich um die Totenmesse kümmern.«
»Ich begleite dich«, sagte Roger in unbeholfener Fürsorge. »Ich kümmere mich um alles. Du musst dir keine Sorgen machen.«
Sie lächelte ihm matt zu. »Nun, ein Gutes hat es ja. Zumindest muss ich nicht länger ein Bordell in meinem Haus dulden. Ich kann als ehrbare Witwe leben und diesen Ausschweifungen ein Ende setzen.«
Cenred wirkte erschrocken. »Gnädige Frau, ich bitte Euch, trefft keine übereilten Entscheidungen, während Euch der Kummer noch die Sinne vernebelt. Gebt der Sache ein wenig mehr Zeit.«
»Ich hätte erwartet, dass Ihr darüber erfreut wäret«, merkte Geoffrey überrascht an. »Die meisten Städte wollen die Hurerei unterbinden und nicht noch ermutigen.«
Cenred warf ihm einen gequälten Blick zu. »Wir haben zweihundert Krieger auf der Burg, und noch einmal hundert Steinmetze und Zimmerleute sind an der Kathedrale beschäftigt, gar nicht zu reden von deren Lehrlingen. Man muss kein Gelehrter sein, um auszurechnen, dass das ziemlich viele Männer sind. Und Männer brauchen bekanntlich Frauen. Nun, die meisten jedenfalls.« Er hielt inne und musterte Geoffrey eindringlich, um festzustellen, ob dieser womöglich eine Ausnahme war.
»Ich mag Frauen«, verkündete Roger begeistert.
Cenred fuhr fort. »Und weil Männer stets Frauen wollen und auch so manches tun, um eine in die Finger zu bekommen, ist es besser, man hat Hurenhäuser, die man unter Kontrolle halten kann. Sonst stellen die Männer nämlich den anständigen Bürgerinnen der Stadt nach, und das zieht allerhand Ãrger nach sich.«
»Deshalb hat Stanstede auch immer Frauen aus Newcastle beschäftigt und nicht aus Durham«, lieà Roger Geoffrey wissen. »Er wollte nicht plötzlich die aufgebrachten Väter oder Brüder aus der Gegend vor der Tür stehen haben. Ich nehme an, er war auch gestern zu diesem Zweck unterwegs, nicht war, Ellie? Um Huren zu sammeln?«
Eleanor schluckte schwer. »Er meinte, er wolle Zimt kaufen. Aber ich wusste, dass dem nicht so war. Ich nehme an, die fünf Frauen in seiner Begleitung waren seine Beschäftigten?«
Cenred seufzte. »Ja. Aber wenn sie nun schon mal hier sind, dann können sie sich genauso gut nützlich machen.« Er neigte den Kopf Richtung Fenster, hinter dem man die Schneeflocken fallen sehen konnte. »Bei diesem Wetter kommen die Arbeiten an der Kathedrale zum Erliegen, und wir brauchen diese Art Frauen nötiger denn je, wenn wir keine Banden gelangweilter Männer haben wollen, die in der Stadt Aufruhr verbreiten.«
»Also«, stellte Eleanor matt fest, »habe ich jetzt nicht nur einen Ehemann zu begraben, sondern muss auch noch ein Hurenhaus führen.«
»Ich mache das«, bot Roger an und rieb sich fröhlich die Hände. »Ich weià alles über Hurenhäuser.«
Eleanor blickte ihn zweifelnd an â und das zu Recht, wenn man Geoffrey fragte. Das wäre so, als würde man dem Fuchs die Aufsicht über den Hühnerstall übertragen. Sie wäre besser beraten, wenn sie Rogers
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