Das Gold des Bischofs
unglücklichen Dorfbewohnern entlang der Grenze, und nicht alle davon sind Schotten.«
»Manchmal lässt sich eben schwer feststellen, wo man gerade ist«, knurrte Roger mürrisch. »Vor allem im Dunkeln. Aber ich bin nicht hier, um über meinen Ruf als furchtloser Krieger zu reden. Ich wollte zu Turgot in einer wichtigen und vertraulichen Sache.«
»Wartet hier«, sagte Algar und wies auf einen Flur, in dem mehrere Stühle standen, dazu ein Tisch mit einer Schale, die mit duftenden Blättern gefüllt war. »Ich sehe nach, ob er verfügbar ist.«
»Wenn er da ist, ist er verfügbar«, stellte Roger entschlossen fest. »Ich bin ein Jerosolimitanus und ein wichtiger Mann in der Gegend. Wenn ich den Prior sehen will, dann werde ich den Prior sehen.«
»Ich richte es ihm aus«, antwortete Algar nervös. »Aber bitte wartet erst hier. Er wird zornig, wenn ich ohne seine Erlaubnis jemanden einlasse, und ich möchte doch bald befördert werden. Ich will mir von Euch nicht die Gelegenheit zum Aufstieg ruinieren lassen.«
»Roger der Teufel«, sinnierte Geoffrey, nachdem der ehrgeizige Algar die Stufen hinauf verschwunden war. »Ich habe mich schon immer gefragt, weshalb du Durham verlassen hast, wo du doch alles verachtest, was nicht englisch ist. Jetzt weià ich es: Man hat dich zum Gehen gezwungen, weil du deinen Nachbarn so sehr zugesetzt hast, bis sie schlieÃlich zu allem bereit waren, nur um dich loszuwerden.«
»Hör nicht auf Algar«, befand Roger geringschätzig. »Er redet von Dingen, die während meiner Jugend geschehen sind. Es ist nicht recht, sie jetzt wieder hervorzukramen.«
»Du bist vor vier Jahren von hier aufgebrochen, Roger«, rechnete Geoffrey ihm lächelnd vor. »Damals warst du nicht mehr in deiner Jugend.«
»Wenn du meinst«, entgegnete Roger, und sein gelangweilter Ton legte nahe, dass das Gespräch für ihn beendet war. Er schaute sich um. »Beim Blute Christi! Dieser Turgot weiÃ, wie man es sich wohl sein lässt. Mit den ganzen parfümierten Blättern überall riecht es hier drin ja wie in einem Hurenhaus.«
»Der Prior wird Euch empfangen!«, rief Algar unbehaglich. Er wies auf die Waffensammlung, die Geoffrey und Roger mit sich herumtrugen. »Ich kann Euch versichern, Ihr werdet das hier nicht brauchen.«
»Man kann nie wissen«, antwortete Roger und drängte sich an dem Mönch vorbei, um die Treppe hinaufzugehen. »Vielleicht will der Prior sich ja mit mir im Schwertkampf üben.« Er brüllte vor Lachen, und Algar wirkte nervöser denn je.
»Keine Sorge«, sagte Geoffrey beschwichtigend.
Algar lieà sich davon nicht überzeugen. »Das ist Roger der Teufel. Und ich habe ihn gerade zu Turgots privaten Gemächern vorgelassen, und zwar in voller Bewaffnung. Wenn irgendetwas Ungehöriges dabei geschieht, dann kann ich meine Pläne begraben, selbst eines Tages Prior zu werden!«
Prior Turgot saà an einem groÃen Tisch dicht am Fenster seines Empfangszimmers â eines komfortablen Zimmers mit Wollteppichen auf dem Boden, die so dick waren, dass Geoffreys FüÃe bei jedem Schritt darin einsanken. Die Mauern waren mit schweren Wandbehängen in weichen Farben verhüllt, so dass matte Blautöne, helles Grün und blasses Gelb dem Raum eine friedliche und heimelige Atmosphäre verliehen. Sämtliche Möbel passten zusammen und bestanden aus bestem rotgoldenem Kirschholz. Ein Feuer knisterte fröhlich im Kamin, während ein Becken mit glühenden Kohlen neben dem Tisch zusätzliche Wärme abgab und dafür sorgte, dass der bedeutsame Bewohner dieser Räumlichkeiten nicht ins Frösteln geriet. Zwischen den Pergamenten, die auf dem Tisch verstreut lagen, standen Teller mit gezuckerten Mandeln und kleinen Mandelküchlein neben zwei Weinkrügen. Hier wurden Behaglichkeiten geboten, die sonst nur eine verwöhnte Königin erwarten konnte und die von der Armut, wie sie der heilige Benedikt empfohlen hatte, weit entfernt waren.
Turgot war nicht allein. Zwei weitere Mönche leisteten ihm Gesellschaft: Der eine fertigte Abschriften von vertraulichen Briefen für die Archive der Abtei an, der andere sprach flüsternd auf den ersten ein. Geoffrey hörte Ehrfurcht aus seiner Stimme, wann immer Wörter wie »Zehnter«, »Spende« oder »Steuer« geäuÃert wurden.
»Sir
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