Das Gold des Bischofs
die aus der Abtei zurückgreifen.«
»Warum?«
»Sie mussten erfahren, dass sie Kunden verlieren, wenn sie das nicht tun.«
»Warum will die Abtei ihre Schreiber für die Kaufleute in der Stadt hergeben, wenn sie doch eigentlich Manuskripte illustrieren oder Ãhnliches tun sollten?«
»Das hat zwei Gründe. Zum einen bringt ihnen das zusätzliche Einnahmen, und der Cellerar liebt nichts mehr als Geld. Zum anderen erfahren sie auf diese Weise, welche Geschäfte in der Stadt abgewickelt werden.«
Geoffreys Gedanken rasten. Hatte es irgendeine Bedeutung, dass Flambard eine der Karten einem Kaufmann gesandt hatte, welcher der Abtei nicht vertraute? Und gab es einen bestimmten Grund dafür, dass eine weitere Karte an den Prior gegangen war? Vielleicht war das Flambards Methode, die Fäden in der Hand zu behalten â indem er Männer zusammenbrachte, die einander mit gesundem Misstrauen gegenüberstanden.
»Vielleicht findet Eleanor etwas für Euch zu tun«, schlug Geoffrey vor. »Sie braucht vielleicht einen Schreiber, jetzt, wo sie die Geschäfte ihres Mannes übernehmen muss.«
Eilaf lachte trocken. »Da bin ich mir sicher. Und mit dieser Art von Geschäft kann sie kaum zu den Mönchen gehen. Aber was würde mein Bischof sagen, wenn er erfahren müsste, dass ich mir meinen Lebensunterhalt als Schreiber eines Hurenhauses verdiene?«
»Nicht allzu viel, nehme ich an. Flambard lässt sich selten von unbequemen Moralvorstellungen plagen.«
»Das stimmt allerdings«, pflichtete Eilaf ihm wehmütig bei. »Dann steht nur noch mein eigenes Gewissen zwischen mir und dem Hungertod. Lasst Euch nie von dem Eurem behelligen. Ihr werdet sonst feststellen, dass es Euch nur von einer Zwangslage in die nächste führt.«
»Ich bin ein Ritter«, stellte Geoffrey trocken fest. »Unsereiner lässt sich selten von einem Gewissen behelligen.«
Eilaf lachte leise in sich hinein. »Dann seid auf der Hut: Auch zu viel Nachdenken kann in Durham gefährlich werden.«
»In welcher Hinsicht?«
Ein plötzlicher Windstoà klapperte an sämtlichen Fensterläden und riss die Tür auf, so dass der Hund mit wütendem Kläffen durchs Kirchenschiff flitzte. Geoffrey zog den Dolch, rannte zur Tür und lief hinaus auf den finsteren Friedhof. Dort schaute er sich um, ob wohl ihre Unterhaltung belauscht worden war. Er sah niemanden. Noch immer wirbelte Schnee herab, auch wenn er schon nachlieÃ, und einige lose Lumpen flatterten zwischen der Kirchhofmauer und dem Tor im Wind. Aber das war auch die einzige Bewegung.
Schon kam er zu dem Schluss, dass der plötzliche Lärm nichts weiter gewesen war als ein kräftiger WindstoÃ, da sah er frische FuÃabdrücke, die über den Friedhof zu einem der Fenster und wieder zurück führten. Sie stammten nicht von ihm, und die auf die Kirche zuliefen, waren schon ein wenig überschneit. Also hatte der Betreffende eine ganze Weile in Fensternähe verweilt.
Geoffrey schaute genauer hin. Die Abdrücke endeten vor dem Fenster, das der Hund vor kurzem noch angeknurrt hatte. Geoffrey war also tatsächlich beobachtet worden, während er die Toten untersuchte. Möglicherweise war ihm jemand bis St. Giles gefolgt â und hatte auch sein Gespräch mit Eilaf belauscht.
Eine rasche Runde um die Kirche verriet Geoffrey, dass auÃer dem Lauscher nur er und der Priester Abdrücke hinterlassen hatten: Wer ihm nachspioniert hatte, war wieder verschwunden. Zumindest im Augenblick waren er und Eilaf ungestört.
Er lieà den Hund drauÃen, damit sich nicht erneut jemand unbemerkt annähern konnte. Dann kehrte er zu dem Priester zurück und wollte mehr über die Abtei erfahren. Er war sehr verärgert, dass die Mönche sich auf so grobschlächtige Weise in die Angelegenheiten der Stadt einmischten und Roger ihm nichts davon erzählt hatte.
Aber Eilaf hatte genug von Geoffrey und seinen Fragen. Er war eifrig dabei, die Kerzen zu löschen, damit er die Kirche verschlieÃen und nach Hause gehen konnte. Seine Stimmung war umgeschlagen, seit er wusste, dass jemand seine Worte belauscht hatte. Er wirkte ängstlich, und seine Hände zitterten, während er die Flammen löschte.
»Ihr habt mir von der Abtei berichtet«, sagte Geoffrey und folgte ihm zum Hochaltar. »Warum wollt Ihr mir raten, die Sache ruhen zu lassen?«
»Ich
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