Das Gold des Columbus
Er rückte von ihm ab. »Kann schon sein, dass du in der Hölle landest, aber da brennen tausend Feuer. Regen gibt’s da überhaupt nicht.«
»Ich komme nicht in die Hölle! Ich kann mich noch retten. Denn wer seine Taten beichtet und bereut, dem werden sie verziehen. Und auf See kann man das auch ohne Priester machen. Heiliger Gott im Himmel, ich will nicht in die Hölle.« Pedros Gesicht verzerrte sich.
Pablo konnte nicht erkennen, ob seine Wangen von Regen und Gischt nass waren oder von Tränen.
»Da gibt’s doch einen Satz, den man sprechen muss vor der Beichte, das weiß ich noch. Wie heißt der Satz, Pablo? Er fällt mir nicht mehr ein. Aber er ist wichtig. Sag mir, wie er heißt, Pablo. Bitte!«
Das war das erste Mal, dass Pedro ihn nicht mit einem Schimpfwort anredete, sondern ihn bei seinem Namen nannte. Und gebeten hatte er auch noch nie, bloß befohlen.
»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, in Demut und Reue bekenne ich meine Schuld«, sagte Pablo zögernd.
»Das ist es! Ja, das ist es. Das hab ich gesucht.« Der Bordschütze faltete ungeschickt die Hände. »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, in Demut und Reue bekenne ich meine Schuld. Ich habe die Frau von Sancho Delibes erwürgt. Ich... ich wollte das gar nicht, ich wollte sie bloß am Schreien hindern. Sie hat sich so gewehrt, als ich sie gepackt hab, und da hab ich wohl zu fest zugedrückt.«
Pedro drehte seine mächtigen Pranken hin und her und betrachtete sie so erstaunt, als ob sie die Tat alleine ausgeführt hätten. Er seufzte. »Ich habe den Garcia Bermudez erstochen. Der Schuft hat mich beim Kartenspiel betrogen und hat mir mein ganzes Geld abgenommen. Da hat er eben ein Messer in die Rippen gekriegt. Aber ich wollte ihm bloß zeigen, dass er mich nicht reinlegen kann, ich wollte ihn nicht umbringen.«
Er tastete mit zitternden Fingern nach dem Messer in seinem Gürtel. Pablo rückte noch weiter von ihm ab und beugte sich schon vor, um aufzuspringen und wegzurennen, da faltete Pedro die Hände wieder und flüsterte weiter: »Meinen Kumpel Carlos hab ich auch erstochen. Wir sind in Streit geraten über ein Mädchen. Sie war mein Mädchen! Aber das wollte er nicht wahrhaben. Er ist ihr ständig nachgelaufen und hat ihr aufgelauert und hat ihr schöngetan. Aber das hab ich ihm ausgetrieben. Er hat nur gekriegt, was er verdient hat. Man nimmt einem Kumpel nicht sein Mädchen weg.«
Er brütete eine Zeit lang vor sich hin. »Ich muss bereuen, das weiß ich. Also gut, ich hätte ihn vielleicht nur zusammenschlagen sollen. Es tut mir Leid, dass ich ihn umgebracht habe. Es hat auch nichts genützt. Mein Mädchen hat mich nicht mehr haben wollen. Sie hat was gewittert, glaube ich. Da hab ich sie im Fluss ertränkt.«
Lieber Gott, ist er denn immer noch nicht fertig, dachte Pablo, erfüllt von Entsetzen. Das heisere Flüstern und die schrecklichen Taten ließen ihn schaudern. Was hatte Señor Méndez gesagt? Das Meer ist der Mantel der Sünder und die Zuflucht der Missetäter.
Zum ersten Mal während seiner Beichte drehte Pedro den Kopf und sah den Jungen an. Dann wandte er sich ab und hob die gefalteten Hände vor die Brust. »Ich habe den Grumete Pablo über Bord geworfen.«
Der Junge fuhr zusammen. Also doch! Das harte Zupacken war Wirklichkeit gewesen, keine Einbildung! Der Mann hatte ihn während eines Hurrikans über die Reling gehievt und ins Meer gestoßen, in die tobenden Wellen, in denen jeder Mensch ertrinken musste!
»Aber warum?«, fragte Pablo. »Warum?«
»Frag nicht so blöd! Das weißt du doch genau! Du hast mich vor allen Leuten lächerlich gemacht! Und deinetwegen hab ich diese widerlichen Austern bezahlen müssen. Denkst du, ich lasse mir von einem Straßenlümmel so was bieten?« Pedro hatte die Hände nicht mehr gefaltet, sondern zu Fäusten geballt. Die Erinnerung versetzte ihn offensichtlich wieder in Wut. Er schien wirklich sehr jähzornig zu sein. »Du wärst schon längst über Bord gegangen, wenn du dich nicht so an den Bubi vom Admiral rangeschleimt hättest. Man sieht dich ja kaum noch ohne ihn. Aber du wirst schon sehen, was du davon hast. Nämlich nichts - das kann ich dir jetzt schon sagen. Alle Genuesen sind geizig und geldgierig und der Admiral ist außerdem noch arrogant und... Wo willst du hin?«
»Ich muss die Ampolleta umdrehen.« Pablo nutzte die Gelegenheit, um einen gehörigen Abstand zwischen sich und den Bordschützen zu bringen. Vielleicht war
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