Das Gold von Sparta
und Remi erhoben ihre Gläser, lächelten und gingen weiter. »Mir ist gerade ein Gedanke gekommen«, sagte sie. »Was ist, wenn wir Olga und ihrem Mann über den Weg laufen und sie ihre eigene Kleidung erkennen?«
»Na ja, das wäre wirklich ein Problem. Oder?«
Den nächsten Raum, den sie betraten, hatte Bohuslaw in seiner Beschreibung Schwertzimmer genannt. Als sie den Raum betraten, erkannten sie, dass dieser Name leider völlig unpassend war. Seine Grundfläche betrug etwa fünfundzwanzig mal fünfzehn Meter, die Wände waren mattschwarz gestrichen, und der Fußboden bestand aus schwarzen, unregelmäßig geschnittenen Schieferplatten. In der Mitte des Raums befand sich ein rechteckiger Glaskasten, der von Punktstrahlern erhellt wurde, die im Fußboden versenkt waren. Mit einer Grundfläche, die nur um weniges kleiner war als die des Raums ringsum – und mit blutroten Läufern gesäumt –, war der Kasten mit nicht weniger als fünfzig Hieb- und Stichwaffen gefüllt: von Streitäxten und Schwertern bis hin zu Piken und Messern. Jede dieser Waffen ruhte auf ihrem eigenen Marmorpodest und war mit einer Schrifttafel mit einem erklärenden Text auf Russisch und Englisch versehen.
Acht oder zehn Paare spazierten im Raum herum und betrachteten fasziniert den Glaskasten. Die Gesichter von unten beleuchtet, deuteten sie abwechselnd auf verschiedene Waffen und unterhielten sich im Flüsterton. Sam und Remi gesellten sich zu ihnen, achteten aber darauf, nicht miteinander zu reden.
An Historischem interessiert, wie er war, erkannte Sam auf Anhieb zahlreiche der ausgestellten Waffen: zunächst das berühmte Claymore, das schottisch beidhändig geführte Breitschwert; eine Berdysch, die langstielige russische Streitaxt; dann eine kurze, gekrümmte französische Falchion; einen Shamshir, das war ein persischer Säbel; außerdem einen omanischen Khanjar mit Elfenbeingriff sowie das japanische Katana, die Lieblingswaffe der Samurai; und schließlich das klassische römische Kurzschwert, bekannt unter dem Namen Gladius.
Andere Waffen sah er zum ersten Mal: einen englischen Mamlukensäbel; einen türkischen Yatagan; eine Wurfaxt der Wikinger, Mammen-Axt genannt; einen mit Rubinen verzierten Koummya, einen marokkanischen Krummdolch.
Remi beugte sich zu ihm und flüsterte: »Nicht besonders originell, oder?«
»Wie meinst du das?«
»Dass ein Mörder Blankwaffen sammelt. Es wäre doch viel interessanter, wenn in diesem Kasten Porzellanpuppen ausgestellt werden würden.«
Sie erreichten das Ende der überdimensionalen Vitrine, bogen um die Ecke und blieben stehen, um ein funkelndes sichelförmiges ägyptisches Chepesch zu bewundern. Von der anderen Seite des Glaskastens drang der Klang gedämpfter Stimmen zu ihnen herüber. Durch die Glasscheiben konnten Sam und Remi erkennen, wie Paare beiseitetraten und Platz machten, als eine Gestalt den Raum betrat.
»Der Haifisch ist eingetroffen«, murmelte Remi.
»Und ich habe gar keinen Eimer mit Giftköder mitgebracht«, murmelte Sam bedauernd.
Hadeon Bondaruks tiefe Bassstimme füllte den Raum, als er in einem Englisch sagte, das durch einen leichten Akzent verfärbt war: »Guten Abend, Ladys und Gentlemen. An Ihren Mienen kann ich erkennen, dass Ihnen meine kleine Sammlung gefällt.«
Die Schultern nach hinten gedrückt, die Hände auf dem Rücken verschränkt wie ein General bei der Inspektion seiner Truppen, so schritt Bondaruk an der Vitrine entlang. »Kriegswaffen üben sehr oft eine faszinierende Wirkung auf ihre Betrachter aus. Als so genannte zivilisierte Menschen bemühen wir uns, dem Reiz von Tod und Gewalt nicht zu erliegen, aber das ist schon in unserem Erbgut begründet. Tief in unseren Herzen sind wir alle Neandertaler, die nichts anderes tun, als um ihr Überleben zu kämpfen.«
Bondaruk blieb stehen, als wollte er seine Umgebung herausfordern, ihm zu widersprechen. Da aber niemand Anstalten machte, sich kritisch zu äußern, ging er einfach weiter. Im Gegensatz zu seinen Gästen trug er keinen Smoking, sondern eine schwarze Hose und ein dazu passendes schwarzes Seidenhemd. Er war eine schlanke Erscheinung mit scharf geschnittenem Gesicht, funkelnden schwarzen Augen und kräftigen langen schwarzen Haaren, die er zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden hatte. Er sah zehn oder fünfzehn Jahre jünger aus, als man bei seinem angeblichen Alter von fast fünfzig Jahren erwartet hätte.
Keinem seiner Gäste ließ er besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden. Dafür
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