Das Gold von Sparta
Q-U-O-I-N-S.«
»Sind Sie da ganz sicher?«
»Das sind wir. Ich habe es selbst dreimal überprüft und Pete und Wendy gebeten, das Gleiche zu tun. Warum?«
»Quoin ist zwar ein Begriff aus der Architektur, hat aber eine doppelte Bedeutung. Er bezeichnet den Schlussstein eines Türbogens oder einen äußeren Eckstein.«
»Aber von was?«, fragte Remi.
»Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage. Wir müssen wohl davon ausgehen, dass sie im restlichen Rätsel beantwortet wird.«
»Sofern sich kein Bezug zu den anderen Bedeutungen des Begriffs ergibt«, sagte Selma. »Quoins gibt es auch in der Druck- und der Seekriegstechnik. Im ersten Fall ist es ein spezielles Utensil oder Werkzeug, um handgesetzte Lettern zu fixieren. Im zweiten Fall wird damit ein Holzklotz bezeichnet, mit dessen Hilfe der Lauf einer Kanone angehoben oder abgesenkt werden kann.«
»Ein Holzklotz?«, fragte Remi. »Vielleicht so etwas wie ein Keil?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Wenn wir uns auf die wortwörtliche Bedeutung beschränken«, erwiderte Sam. »Aber wenn wir uns auf die metaphorische Ebene begeben, dann kann der Begriff sogar alles Mögliche bedeuten – ein Keil vermag Dinge zu stützen oder zu trennen. Das Gleiche gilt für einen Eckstein.«
»Wir müssen den restlichen Text entschlüsseln, um einen Zusammenhang herstellen zu können«, schloss sich Remi ihm an. »Wir machen uns an die Arbeit, Selma, danke.«
»Noch zwei Dinge, bevor Sie Schluss machen: Ich beschäftige mich nebenbei auch noch mit Laurents Tagebuch – und ich glaube, dass ich die Antworten auf zwei unserer kleineren Rätsel gefunden habe. Erstens weiß ich jetzt, weshalb er und Napoleon sich eines Codes bedient haben statt einer Landkarte mit einem großen X darauf.
Wie Laurent berichtet, verfiel Napoleon kurz nach seiner Ankunft auf Sankt Helena in tiefe Depressionen. Er war aus seinem Exil auf Elba geflohen, um vier Monate später in Waterloo vernichtend besiegt zu werden. Er machte Laurent das Geständnis, er glaube, sein Schicksal sei besiegelt. Er war sicher, im Exil auf Sankt Helena zu sterben.«
»Und er hatte recht«, sagte Sam.
»Das brachte ihn dazu, über sein Vermächtnis nachzudenken«, fuhr Selma fort. »Er hatte mit seiner zweiten Frau, Marie Louise, einen Sohn, Napoleon Francis Joseph Charles – Napoleon II. Als Napoleon Bonaparte in Waterloo unterlag, übergab er den Thron an seinen Sohn, der etwa zwei Wochen lang regierte, ehe die Alliierten Paris stürmten und ihn entthronten.
Napoleon war untröstlich – und zugleich rasend vor Wut. Er glaubte, dass das Ganze nicht geschehen wäre, wenn sein Sohn sich wie ein echter Bonaparte verhalten hätte. Dabei spielte es für ihn offenbar keine Rolle, dass der Junge erst vier Jahre alt war.«
Sam meinte dazu: »Es war sicherlich nicht gerade einfach für ihn, dem Ruhm und Ansehen seines Vaters nachzueifern.«
»Sogar unmöglich, würde ich sagen. Wie dem auch sei, Napoleon gab Laurent jedenfalls den Auftrag, eine Rätselkarte anzufertigen, die – und ich zitiere – unsere Feinde verwirrt, den Mut und den Eifer des neuen Kaisers beweist und den Weg zu einem Preis zeigt, der dazu beitragen wird, dem Namen Bonaparte zur alten Größe zu verhelfen.
Unglücklicherweise«, fuhr Selma fort, »wurde Napoleon II., nachdem ihn die Alliierten gestürzt hatten, nach Österreich entsorgt, wo man ihm den Ehrentitel Herzog von Reichstadt verlieh und ihn praktisch in Gefangenschaft hielt, bis er 1832 an Tuberkulose starb. Soweit ich feststellen konnte, hat er nie mehr versucht, die Macht zurückzugewinnen – oder auch nur den Hinweisen der Karte zu folgen. Laurent hat jedoch nicht begriffen, weshalb nicht.
Was das zweite der kleineren Rätsel betrifft – weshalb Napoleon und Laurent ausgerechnet auf Weinflaschen als Medium für ihr Rätsel verfallen sind –, so hat Napoleon laut Laurents Aufzeichnungen selbst die Vernichtung der Lacanau-Rebe angeordnet – die Saat, den Weingarten, alles. Aber dies hatte nichts damit zu tun, dass er ein großer Weinliebhaber war und vor allem diese Sorte bevorzugte. Er glaubte, dass die Flaschen schon bald ein gefragtes Sammelobjekt sein würden – der Wein Napoleon Bonapartes, den niemand anderer besitzen durfte. Falls eine der Flaschen in ihrem Versteck aufgestöbert werden würde, käme sie gewiss in ein Museum oder in eine Privatsammlung, wo sie sicher wäre, bis ein Nachkomme Bonapartes daherkäme, der ihr Geheimnis kannte.«
»Demnach war der Vater vom Eifer
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