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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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hatten kaum zehn Schritte zurück in Richtung Kapelle gemacht, als eine Lautsprecherstimme erklang und eine Ansage zuerst auf Deutsch und dann auf Eng lisch machte.
    »Achtung, Achtung, sehr geehrte Besucher. Wir entschuldigen uns für die Störung, aber wir wurden soeben von einem unmittelbar bevorstehenden Unwetter informiert. Auf Grund heftiger Windböen bis Orkanstärke schließen wir den Park vorzeitig. Bitte begeben Sie sich zügig zur Anlegestelle und befolgen Sie die Anweisungen des Personals. Es handelt sich um eine routinemäßige Vorsichtsmaßnahme – es besteht kein Grund zur Panik. Vielen Dank für Ihr Verständnis.«
    Um Sam und Remi herum wurde das Geplapper enttäuschter Stimmen laut. Mütter und Väter riefen nach ihren Kindern. Gesichter wandten sich nach oben, Augen suchten den blauen Himmel ab.
    Sam sagte: »Ich sehe keine …«
    »Dort«, unterbrach ihn Remi.
    Im Südwesten wälzte sich tatsächlich eine schmale Wand violettschwarzer Wolken über die Berggipfel. Sam und Remi konnten verfolgen, wie sich die Gewitterfront wie eine mächtige Woge im Zeitlupentempo über die Berghänge auf den See hinab ergoss.
    Besucher schlugen den Weg zur Anlegestelle ein, einige schnell, andere im Bummelschritt. Angehörige des Aufsichtspersonals, in hellblaue Hemden gekleidet, fungierten geradezu als Schäfer, drängten Nachzügler zur Eile und halfen Eltern, ihre Kinder einzusammeln.
    »Ich weiß nicht, wie du darüber denkst«, sagte Sam, »aber ich bin nicht gerade scharf darauf …«
    »Ich auch nicht. Wir bleiben hier. Wir müssen uns nur ein Versteck suchen.«
    »Dann komm.«
    Mit Remi im Schlepptau startete Sam in Richtung Seeufer, das etwa fünfzig Meter weit entfernt lag. Dort verlief ein Weg, der nach links zum Wald und nach rechts zum Pier führte. Sie wandten sich nach links, beschleunigten ihre Schritte und passierten ungefähr ein Dutzend Besucher, die in der entgegengesetzten Richtung unterwegs waren. Einer von ihnen, ein Mann, der zwei kleine Jungen in grünen Lederhosen an der Hand hatte, rief ihnen auf Deutsch etwas zu.
    »Das ist aber die verkehrte Richtung. Zur Anlegestelle geht es dort entlang!«
    »Ich hab meinen Wagenschlüssel verloren«, erwiderte Sam. »Wir kommen gleich nach!«
    Eine Minute später hatten sie den Waldrand erreicht. Der Weg beschrieb einen Bogen nach links zu den Nebengebäuden, doch sie hielten sich geradeaus, duckten sich unter dem Geländer hindurch und drangen ins Unterholz ein. Nach etwa dreißig Metern hielten sie an und kauerten sich unter die tief hängenden Zweige einer Kiefer. Über ihnen trieben bleigraue Wolken über die Halbinsel und verbargen die Sonne.
    Während der nächsten zwanzig Minuten beobachteten sie zwischen den Bäumen hindurch, wie Besucher über Wege und Rasenflächen zur Anlegestelle eilten. Ein paar Minuten später sahen sie, wie eins der elektrisch angetriebenen Ausflugsschiffe auf den See hinausfuhr und Kurs auf Schönau nahm. Dabei passierte es zwei weitere Schiffe, die von Norden kamen. Alle drei schoben schaumgekrönte Bugwellen vor sich her.
    Das Stimmengewirr verlor sich allmählich, und zurück blieben nur das Pfeifen des Windes zwischen den Bäumen und gelegentliche gedämpfte Rufe wie »Alles an Bord!«, die von der Anlegestelle kamen. Die Lautsprecher, die die Aufforderung zum Verlassen der Parkanlagen im halbminütigen Abstand wiederholt hatten, verstummten nun.
    »Es wird kälter«, stellte Remi fest und schlang die Arme um ihren Oberkörper.
    Sam, der den Rat seines Reiseführers befolgt hatte, holte ihre Windjacken und Strickmützen aus dem Rucksack. Remi schlüpfte in ihre Jacke und zog die Hände in die Ärmel ihres Sweatshirts zurück.
    »Meinst du, sie haben sich den anderen Leuten angeschlossen?«, fragte sie.
    »Das hängt davon ab, was Cholkow von uns erwartet. Man kann wohl davon ausgehen, dass sie bis zur Abfahrt des letzten Schiffes abwarten werden und uns zwischen den flüchtenden Touristen suchen.«
    »Trotzdem sagt mir irgendeine warnende Stimme, dass wir mit dem Schlimmsten rechnen sollten.«
    »Das denke ich auch.«

    Sie warteten eine ganze Stunde, nachdem das letzte Schiff abgelegt hatte und seeabwärts verschwunden war. Dicke Schneeflocken vor sich hertreibend, frischte der Wind merklich auf und wühlte sich durch die Baumwipfel. Kiefernzapfen trommelten auf den Waldboden, und Laub regnete raschelnd ins Unterholz. Schnee begann sich hinter Baumstämmen und auf Grasflächen zu sammeln, taute jedoch sofort,

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