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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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brauche er dringend absolute Ruhe. »Es wird sich alles als ein großes Mißverständnis herausstellen, Fred. Noch eine Möglichkeit: Einer der Vietnamesen wollte klauen, und ich habe ihn gestört. Unbewußt, ich weiß ja nichts von meinem Herumlaufen. Habt ihr daran mal gedacht?«
    »Nein.« Dr. Herbergh beugte sich vor und starrte auf den verbundenen Kopf und die geschlossenen Augen. Das ist eine Spur, dachte er erschrocken. In dieser Richtung haben wir überhaupt noch nicht gesucht. »Aber jetzt kann Licht in die Sache kommen. Wilhelm, man munkelt, daß Sie etwas mit dem Mädchen Phing haben.«
    »Du lieber Himmel, auch das noch!« Dr. Starke hob wieder den Kopf und stützte sich mit den Ellenbogen auf. »Wofür haltet ihr mich eigentlich? Lauf ich den ganzen Tag mit offener Hose herum?! Wer ist Phing?«
    »Ein junges, hübsches Mädchen vom zweiten aufgefischten Boot. Als wir sie an Bord holten, war sie so elend, daß Sie sie selbst ins Hospital getragen haben. Sie hat sich dann schnell erholt und wurde wieder eine zierliche Schönheit.«
    »Und schon lag Dr. Starke drauf! Fred, ihr spinnt ja alle. Warum wollt ihr mir das alles anhängen? So langsam finde ich das zum Kotzen!«
    »Nun gut.« Dr. Herbergh erhob sich. »Ich hol' mal die Medikamente. Denken Sie mal darüber nach, wie schön es ist, daß Sie noch leben.«
    Kaum hatte Herbergh die Kabine verlassen, griff Starke zum Telefon, zögerte einen Moment und rief Julia an. Sie meldete sich sofort, als habe sie darauf gewartet.
    »Hier Wil«, sagte er. »Mein Schätzchen, dichthalten wie ein Gummihöschen. Niemand weiß was.«
    »Und ich will nicht mehr!« Ihre Stimme klang entschlossen.
    »Ich werde eine Verschlechterung spielen und mich ins Hospital verlegen lassen. Dann kannst du mich pflegen.«
    »Dafür ist Johann zuständig. Und bleib bloß da, wo du bist! Ich will nicht mehr. Begreif das doch: Ich will nicht mehr.«
    Die Verbindung brach ab, Julia hatte aufgelegt. Starke schielte zu den Zigaretten, legte sich aber tapfer wieder hin und befahl sich: Nein! Erst wieder auf die Beine kommen. Und dann den suchen, der dir den Schädel einschlagen wollte. Der Täter war nur unter den Flüchtlingen zu suchen. Hatte Phing einen Freund? Man würde das schnell herausfinden. Hung wußte alles, er war es auch gewesen, der Phing in der Nacht zu ihm geführt hatte. Dafür hatte er hundert Dollar kassiert. Eine einmalige Vermittlungsgebühr. Und sie machte Hung zum Abhängigen von ihm, zum Mitverschworenen, zum Zuhälter.
    Kleine, schöne Phing, die Narbe auf dem Kopf wird mich immer an dich erinnern. Du wirst für immer bei mir sein.
    Er schloß wieder die Augen, dachte darüber nach, was er mit dem Vietnamesen tun sollte, falls Hung ihm den Namen nannte und ihn auf Deck durch ein diskretes Zeichen verriet.
    Aus dem Tagebuch von Hugo Büchler, 1. Offizier der Liberty of Sea.
    Während ich diese Zeilen schreibe, weiß ich nicht, ob ich zum Mörder ge worden bin. Ich weiß nur, daß ich meinen Verstand verloren habe. Bis her war ich immer ein ziemlich real denkender Mann, das kann ich von mir behaupten. Ein völlig normaler Mensch, ein guter Nautiker, von allen wohl gelitten. Ich habe getrunken, wie andere auch, ich habe meine Mädchen gehabt, so wie die meisten, ich bin achtunddreißig, also in den besten Jahren, wie man sagt, bin gesund an Körper und Geist, und bin doch völlig verrückt.
    Dazu hat mich Julia gemacht. Julia, bei deren Namen schon mein Herz klopft. Julia, bei deren Anblick mir der Atem stockt, und wenn ich sie im Arm halte, herrscht absolutes Chaos in meinem Inneren. Wie kann ein Mensch einem anderen nur so verfallen? Ich weiß darauf keine Antwort. Ich will auch keine Antwort wissen.
    Bin ich jetzt zu einem Mörder geworden? An meinem Schlüsselbund hat Blut geklebt. An dem langen, dicken Eisenschlüssel für das Karten magazin. In die Faust habe ich ihn genommen und damit zugeschlagen, bedenkenlos. Und als er vor mir zusammenbrach, war ein wilder Tri umph in mir, es war fürchterlich, aber schön zugleich. Ich hätte immer und immer wieder auf ihn einschlagen können, aber er lag auf dem Bo den und rührte sich nicht mehr.
    Habe ich ihm den Schädel zertrümmert? Morgen früh erst werde ich es wissen. Ich muß warten, ich darf nicht wahnsinnig werden.
    Denken wir jetzt der Reihe nach.
    Es fing damit an, daß wir alle nach dem schrecklichen Erlebnis mit Truc und den hingeschlachteten Menschen einen Cognac brauchten. Starke soff wie ein Irrer, er war

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