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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Passt es dir nicht?«
    »Oh doch! Du wirst darin wunderbar aussehen«, beeilte Walther sich, ihr zu versichern. »Ich frage mich nur, warum Ihre Erlaucht dir erlaubt hat, so eine Tracht zu tragen.«
    »Weil Frau Frähmke ihr erklärt hat, ich wäre die Einzige, die die Gäste höflich begrüßen könnte, ohne ihnen den Willkommenstrunk über die Kleidung zu schütten. Da sie Eindruck schinden will, hat sie wohl oder übel zugestimmt.«
    »Du wirst ihr Vertrauen gewiss nicht enttäuschen.«
    »Ich will es hoffen. Aber nun zu dir! Frau Frähmke meinte vorhin, ich müsse dir die Borsten stutzen. Setz dich dorthin!« Gisela wies auf einen Stuhl neben dem Fenster.
    Walther setzte sich gehorsam und sah zu, wie Gisela ihn in ein Tuch hüllte und ihm dann mit der Schere in den Haaren herumfuhrwerkte.
    »Ich hoffe, du schneidest mir keine Glatze«, entfuhr es ihm.
    »Dann müsstest du Ihre Erlaucht bitten, die Perücke länger tragen zu dürfen«, spottete Gisela und schnitt ungerührt weiter. »Und jetzt halte still, sonst zwicke ich dir nicht nur deine Haare, sondern auch ein Ohr ab«, schalt sie, als Walther den Kopf drehte, um die Zopfperücke anzusehen, die auf dem Tisch lag.
    »Die Haare gehen noch, aber das Ohr würde ich dir übelnehmen«, erklärte er, blieb nun aber still sitzen und wartete, bis Gisela das Tuch entfernt hatte und ihm einen Spiegel reichte.
    »Wie du siehst, sind deine Ohren noch dran. Auch die Haare, glaube ich, habe ich gut getroffen. Außerdem wachsen sie nach, wenn sie dir nicht gefallen.«
    »Doch, es geht! Es hätte weitaus schlimmer kommen können.« Walther betrachtete sein Spiegelbild und tastete anschließend seinen Hinterkopf ab, um zu sehen, ob Gisela dort einen Kahlschlag gemacht hatte. Zu seiner Erleichterung war ihr die Schere nicht ausgeglitten.
    Gisela musste lachen. »Und da behaupten die Männer, nicht eitel zu sein. Doch nun komm! Wir haben nicht alle Zeit der Welt. Du musst deine Uniform anprobieren.« Mit diesen Worten zeigte sie auf dunkelrote Kniehosen, eine hellgrüne Weste und einen dunkelgrünen Rock. Weiße Knöpfgamaschen und ein schwarzer Dreispitz rundeten zusammen mit der Zopfperücke die Jägertracht ab.
    Walther starrte die Sachen an und schüttelte sich. »Das soll ich anziehen?«
    »So möchte es Ihre Erlaucht, und wie du weißt, ist ihr Wunsch ein Befehl! Also raus aus Hosen und Rock, damit du die Sachen anprobieren kannst!«
    »In deiner Gegenwart?«, platzte Walther heraus.
    »Ich verspreche dir, weder schamhaft zu erröten noch in Ohnmacht zu fallen«, spottete Gisela. »Oder bist du so züchtigen Sinnes, dass du deine Hosen nicht in meiner Gegenwart ausziehen willst? Ich hoffe, du trägst etwas darunter.«
    Walther wurde rot, denn genau das hatte er nicht. »Du solltest hinausgehen.«
    »Ich sagte, ich drehe dir den Rücken zu!«, antwortete Gisela spöttisch und setzte ihre Ankündigung in die Tat um.
    Einen Augenblick lang wartete Walther noch, dann streifte er die Stiefel von den Füßen und zog rasch die Hose aus. Erst als er Gisela kichern hörte, merkte er, dass diese in den kleinen Spiegel schaute, der auf dem Tisch stand.
    »Das war gemein von dir«, tadelte er sie, raffte die Kniehose an sich und schlüpfte hinein. Diese war aus Seide gefertigt, saß an den Oberschenkeln etwas eng, passte sonst aber gut.
    Ohne auf seine Bemerkung einzugehen, deutete Gisela jetzt auf seinen Oberkörper. »Du wirst dir heute Nachmittag ein sauberes weißes Hemd und gute Unterwäsche anziehen!«
    »So etwas habe ich nicht«, antwortete er brummig.
    Gisela überlegte kurz und nickte, als müsse sie einen Gedanken bestätigen. »Dann werde ich nachsehen, welche Hemden der junge Herr in seiner Kammer zurückgelassen hat, und eines davon für dich abändern. Wäsche bekommst du auch. Ich sage Frau Frähmke, das Zeug wäre für Graf Diebold nicht mehr gut genug gewesen. Außerdem wird er sich, wenn er zurückkommt, gewiss neue Sachen machen lassen.«
    »Du freust dich wohl darauf, ihn wiederzusehen?«, fragte Walther bissig.
    Er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da saß ihm Giselas Hand im Gesicht. Wütend funkelte sie ihn an. »Sage so etwas nie wieder zu mir, hörst du? Sonst sind wir die längste Zeit Freunde gewesen!«
    »Es tut mir leid! Ich wollte dich nicht kränken.« Walther ärgerte sich über seine unbedachte Äußerung. Doch der Gedanke, ein Hemd von Diebold tragen zu müssen, stieß ihn ab.
    »Dann ist es ja gut. Warte einen Augenblick, ich hole

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