Das Gottschalk-Komplott
Drinks oder ein Joint, und Sie kommen wieder zurecht. Die Welt sieht dann wieder einigermaßen normal aus.“
„Das ist genau, was ich will“, sagte sie dankbar. „Den Dingen einen normalen Anschein geben, bloß für eine Weile, auch wenn ich weiß, sie sind’s nicht und werden’s nie mehr sein. Hören Sie, lassen Sie uns sofort essen, dann brauche ich Sie nicht allzu lange aufzuhalten. Ich ziehe meinen Schutzschleier und Sockassins an, damit auf der Straße niemand sieht, daß ich eine Blank bin, und ich kenne mehrere Restaurants, die gegen gemischte Kundschaft keine Einwände erheben.“
Sie langte nach dem Schleier, der an seinem Haken hing, ganz wie gewohnt; offenbar war Berry nicht mehr dazu gekommen, ihn auch vor die Tür zu befördern. Als sie sich gerade ducken und die schleirige Umhüllung überstreifen wollte, zögerte sie plötzlich.
„Harry, waren Sie’s?“ erkundigte sie sich unvermittelt und bereit, dem hinzuzufügen: ‚Der mich in die Echofalle gebracht und diese Nachwirkung verursacht hat, so daß ich außerhalb der Trance ein Orakel gesprochen habe?’
Doch sie konnte sich die Ergänzung sparen. Er widmete ihr ein sachliches Nicken und hielt ihr den Schlüssel hin, den er Berry abgenommen hatte, damit sie ihn in die Tasche stecke.
„Entschuldigung“, sagte er und öffnete die Tür.
Nachdruck aus dem Londoner Observer vom 10. März 1968
Hautfarbe – der uralte Konfliktstoff von Colin Legum
Nach einem Aufenthalt von mehreren Monaten in den Vereinigten Staaten teile ich nunmehr die Meinung jener Amerikaner, die der Ansicht sind, daß die USA – wenn nicht gleich zwei Wunder geschehen, nämlich der Vietnam-Krieg ein baldiges Ende nimmt und daheim die Bewilligungen für öffentliche Ausgaben ganz erheblich erhöht werden – kurz vor einer Periode roher Unterdrückung der Schwarzen durch die Weißen stehen, die ihr politisches System bis in die Fundamente erschüttern könnte.
Was wären die voraussichtlichen Folgen, ginge die westliche Führungsmacht zu einer verstärkten rassischen Unterdrückungspolitik über? Dadurch würde die auf Rassenunterschieden beruhende Krise, die sich weltweit bemerkbar macht, in einem Maße dramatisiert und vertieft, wie nichts anderes es zu bewirken imstande wäre. Der Treue von Amerikas westlichen Verbündeten würde eine weit schwerere Belastungsprobe auferlegt, als selbst Vietnam sie bedeutet. Ein traumatischer Effekt wäre in Afrika die Konsequenz, und in direkter Folge sähen die afrikanischen Nationalisten keine andere Wahl, als sich kommunistischer Unterstützung zu versichern …
Sollte dieser deprimierend düstere Ausblick sich als falscher Alarm erweisen, könnte das nur der Fall sein, wenn der Westen aufgrund rechtzeitigen Erkennens der Gefahr bei seinem Engagement zu Hause und auswärts die Prioritäten ausgetauscht hat …
Falls die weiße amerikanische Gesellschaft einmal zum Empfinden gelangt, ihre wirtschaftlichen Interessen und ihre Sicherheit seien gefährdet, ist es sehr wohl möglich, daß es zu radikalen Änderungen kommt. Noch nicht allerdings ist es möglich, im voraus zu erkennen, wie diese Veränderungen beschaffen sein mögen.
Gleichfalls könnte die weiße Schicht Südafrikas, sollte sie sich einmal so isoliert und bedroht fühlen, daß sie sich außerstande sieht, die gegenwärtige Politik der weißen Vorherrschaft beizubehalten, ernsthaftes Interesse an einer tatsächlichen Trennung entwickeln, vergleichbar mit dem kantonalen System in der Schweiz. Diese Art von freiwilliger Separation wird zur Zeit auch in israelischen Kreisen als eine vorstellbare Lösung für das Problem des Existierens neben den Arabern am Westufer diskutiert.
Freiwillige Separation – die bis zum Absondern auf verschiedene Territorien geht – muß nicht zwangsläufig ein Rückschritt sein. Obwohl sie liberal gesonnenen Zeitgenossen suspekt ist – aufgrund der Greuel, zu denen der Rassismus im zwanzigsten Jahrhundert geführt hat –, gehörten stets Liberale zu den Verfechtern des Separatismus im neunzehnten Jahrhundert, die nach Unabhängigkeit von den Reichen der Habsburger und Ottomanen strebten, und noch heute reagieren Liberale auf die separatistischen Forderungen von Schotten oder Walisern mit Sympathie.
Die aktuelle Forderung der Black-Power-Bewegung in Amerika nach Selbstverwaltung in den eigenen Gettos ist ein Schritt in diese Richtung …
Zum Zwecke der in diesem Buch erzählten Geschichte gemachte Annahme in bezug auf das
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