Das Gottschalk-Komplott
Welt greift eins ins andere, Flamen, und wir Menschen werden mitgerissen wie … wie gefallenes Laub im Sog eines Skimmers. Diablo hat vorhin erwähnt, wie man für alles Prinzipien erarbeitet, an denen Maschinen sich orientieren können, und recht bald kommt die Person, die sich der Maschinen bedient, zur Ansicht, so sei’s seit jeher gewesen, es habe nie ein subtileres Denken gegeben. Das ist etwas von dem, woran’s bei uns krankt, aber das ist noch längst nicht alles. Nehmen Sie mal das hübsche, teure Haus, in dem Sie wohnen, mit den automatischen Abwehranlagen und den Minen, unterm Rasen gesät wie Zwiebeln von Osterglöckchen. Sie schließen sich hinter Panzerplatten ein, Sie schließen auch Ihren Geist ab. Sie werben in Ihrer Sendung für ‚Schildwache’-Fallen, diese Geräte aus stählernen Bändern, die gespickt sind wie die Eiserne Jungfrau, stimmt’s? Was für eine Mentalität mag wohl jemand besitzen, der im Bewußtsein von einem Besuch bei Nachbarn heimkommt, möglicherweise eine Leiche vor seiner Haustür hängen zu sehen? Ich behaupte, so einer ist bereits geisteskrank, wenn er sich überhaupt auf so was einläßt, und man braucht nicht mehr zu warten, bis er unter einer Überdosis Ladromid total ausnippt, um zu konstatieren, daß er aufgehört hat, wie eine ausgereifte, verantwortungsvolle Person zu denken. Und was ist der Grund, warum er auf eine solche Bahn gerät?“ Er drehte sich nach Reedeth um.
„Sie wissen’s! Sie vergegenwärtigen es sich wahrscheinlich während Ihrer Tätigkeit ein dutzendmal täglich. ‚Sei ein Individuum!’“ Es gelang Conroy, das Schlagwort anstößig klingen zu lassen. „Und was wird daraus gemacht? Der größte Großbetrug der Geschichte! Es ist aussichtslos, sich das Leben so privatistisch zu gestalten, daß man sich sogar weigert, aus den Erfahrungen anderer Menschen zu lernen – man verheddert sich in einem Gestrüpp von Irrtümern, die allesamt überflüssig sind. Mit einer Handbewegung an einem Schalter können wir mehr Wissen zugänglich machen, als jemals überhaupt erhältlich war, wir können uns jeden Teil der Welt ins Haus holen, und wie nutzen wir diese Möglichkeiten? In der Hälfte der Zeit werben wir für Kram, den die Leute sich gar nicht erlauben können, und außerdem stellen sie Farbe und Empfang getrennt ein, weil die schönen Muster so lustig anzuschauen sind, wenn man sich den Verstand mit Drogen vernagelt und verrammelt hat. Teilung! Trennung! Absonderung! Kneif die Augen zu, vielleicht geht’s vorüber! Wir verminen unsere Gärten, wir machen unsere Grenzen dicht, wir verbarrikadieren unsere Städte mit MacNamara-Linien, um Schwarz von Weiß abzusperren, wir teilen, teilen, teilen!“ Ein Fußstampfen betonte jede Wiederholung des Wortes. „Die Trennungswut dringt bis in unsere Familien vor, gottverdammt noch mal, bis in unsere Liebesbeziehungen. Herrgott, ich hatte letztes Jahr ’ne Schülerin, sie dachte echt, sie hätte ’ne richtige Liebschaft mit einem Jungen daheim, aber die zwei saßen bloß am Komm-Netz und masturbierten einer vorm anderen, ist das zu glauben?! Dreißig Kilometer dazwischen! Sie haben sich noch nicht einmal geküßt! Wir verlieren den Verstand, unser ganzes verfluchtes Menschengeschlecht – wir gehen einer haarsträubenden kollektiven Ochlophobie entgegen! Noch zwei Generationen, und die Ehemänner werden sich fürchten, allein mit ihren Frauen in einem Zimmer zu sein, Mütter werden sich vor ihren Kindern fürchten, falls es noch Kinder gibt. Und warum das alles? Warum fördern wir das Umsichgreifen dieses Wahnsinns? Ich meine uns, hier in Nordamerika. Ich rede nicht von den Afrikanern, die selbstzufrieden oben auf ihrem Ameisenhaufen armer schwarzer Hunde sitzen, hungrig, halbnackt und seuchenkrank, die Reichsten der Welt, die die Ärmsten mit Füßen treten. Sie sind bloß habgierig, und das ist eine relativ einsichtige Form von Schlechtigkeit. Ich spreche von Perversion, der gräßlichen, abscheulichen, systematischen, vorsätzlichen Perversion des Menschenverstandes, die dazu dient, Menschen zu vernichten, ohne sie umzubringen, sie ihrer Initiative zu berauben, ihrer Lebensfreude, ihrer Hoffnung, um Himmelswillen, ihres äußersten, unwiderruflich letzten Hilfsmittels, ihrer Hoffnung. Aus schierer Verzweiflung geben Millionen von Menschen es auf, ihren Verstand zu gebrauchen, erklären ihren geistigen Bankrott, indem sie sich massenfabrizierte Götzen kaufen, ein letzter kindischer Versuch, die
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