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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Zeitreisender, der Jahre damit zugebracht hatte, sein Latein zu vervollkommnen, nun jedoch fehlgereist war und feststellen mußte, die angepeilte römische Stadt war eine Woche vorher von den Goten überrannt worden …
    Andererseits war ihm das erspart geblieben – und beim Gedanken daran hob sich seine Stimmung ein wenig –, was in der umgekehrten Situation geschehen wäre. Einmal angenommen, man hätte irgendeinen unerwünschten schwarzhäutigen Typ am Stadtrand Blackburys abgeliefert; sofort wären beim lokalen TV-Sender Anweisungen eingetroffen, ihn unverzüglich auf Übertragung zu bringen, ihm wilde Beschimpfungen seiner bisherigen Freunde zu entlocken, bevor seine Wut verpuffte. Es galt, sich mit aller Wachsamkeit vor dieser Gefahr zu hüten, denn er sorgte sich aufrichtig um die Behandlung, die ihm widerfahren mochte, weil er darauf beharrt hatte, daß man bei seiner Abschiebung in vollständiger Übereinstimmung mit dem Vertrag Blackbury/Washington vorging.
    Aber gnädigerweise war er von der befürchteten Belagerung durch Kameras und Mikros, Interviewer und politische Repräsentanten, verschont geblieben. In seiner ersten Wut hätte er womöglich Dinge gesagt, zu denen zu stehen er später außerstande gewesen wäre. Und außerdem war es Uys, der weiße Afrikaner, der hinter all seinem Ärger stand. Bürgermeister Black war, wenn auch machtgierig, sexbesessen, arbeitsmäßig nachlässig – was immer er sein mochte –, viel zu intelligent, um die eigene Position immer stärker zu untergraben. Früher oder später mußte er begreifen, daß er durch den Bruch mit dem international berühmten TV-Spezialisten Pedro Diablo eine seiner wertvollsten Waffen verloren hatte, und genau das mußte von vornherein Uys’ Absicht gewesen sein.
    Ein schriller Summton erscholl. Er zuckte zusammen, dann nahm sein Verstand eine Berichtigung vor. Das war das Geräusch, welches hier ‚draußen’ ein KommNetz-Gerät machte, wenn jemand anrief. In Blackbury bestand das Rufsignal natürlich aus dem Dröhnen einer afrikanischen Sprechenden Trommel, das in der Joruba-Sprache die Aufforderung ‚Komm und lausche!’ übermittelte. In der nächsten Zeit mußte er sich von verflucht vielen eingefleischten Reflexen befreien, so wie eine Phonotypistin, die auf eine Schreibmaschine mit anderer Tastatur überwechselte. Doch wohl oder übel blieb ihm nichts anderes übrig, als dergleichen stumm zu erdulden.
    Er seufzte und gab durch, daß er bereit sei, das Gespräch anzunehmen.

Ich bin wie Gott, und ich sehe alles, was geschieht, mit den Augen eines Adlers
     
    Fast wirkte es überraschend, daß man in die bauliche Konstruktion der Klinik einen Raum aufgenommen hatte, der groß genug war, um den vierzig Personen, die dem Auftritt der Pythoness beiwohnen sollten, Platz zu bieten. Mogshack legte so starken Wert auf die Betonung ungeminderter Zurückgezogenheit, daß es keine Versammlungsräume gab, keine Aufenthaltsräume, nicht einmal eine Sporthalle. Mogshack selbst zog es vor, keinen persönlichen Umgang mit seinen Mitarbeitern zu pflegen; er befolgte die eigene Lebensweisheit »Zurückziehen und umdenken!’ mit solcher Regelmäßigkeit, daß Wochen vergehen mochten, bis sogar seine mit Leitungsaufgaben betrauten Assistenten ihn wieder in Person sehen durften.
    Der Architekt jedoch, darum besorgt, später könnten aufgrund andersartiger Erfahrungen Änderungen seiner Pläne erforderlich werden, hatte darauf bestanden, in einigen Bereichen der Klinik verschiebbare Wände einzuarbeiten, und indem ein halbes Dutzend davon – in einer Abteilung, die gegenwärtig nicht mit Patienten belegt – verschoben worden waren, hatte man eine für die Veranstaltung ausreichende freie Räumlichkeit geschaffen.
    Die Zuschauer hatten bereits einzutreffen begonnen, als Reedeth sein KommNetz-Gerät einschaltete, um die Vorführung zumindest auf der Mattscheibe mitansehen zu können. Er hatte nie die leiseste Absicht gehegt, unbedingt auf seiner persönlichen Anwesenheit zu beharren, aber nicht der Versuchung zu widerstehen vermocht, Ariadne zum Erröten zu bringen. Er lachte leise vor sich hin, während er seinen Blick über die grüngekleideten Patienten schweifen ließ, die sich einfanden, aber seine Belustigung schwand schlagartig in dem Moment, als er merkte, unter den ersten Ankömmlingen war Harry Madison.
    Es mußte einen Weg geben, um den Mann wieder hinauszuschleusen! Mogshack hätte ihn schon vor Monaten entlassen können; warum es nicht

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