Das Gottschalk-Komplott
worden. Er widmete seine Aufmerksamkeit, ungemein erleichtert, von neuem Ariadne.
„Mr. Matthew Flamen brauche ich Ihnen wohl kaum lang und breit vorzustellen“, sagte sie laut und deutlich; sie mußte die Übertragung wieder voll aufgedreht haben. „Sein Gesicht und seine Stimme sind Ihnen gewiß von der fünfmal wöchentlich ausgestrahlten Medienkiebiz-Sendung der Holokosmos bestens bekannt. Er hat darum gebeten, diesen Auftritt von Miss Lyla Clay heute nachmittag für die eventuell denkbare Verwendung in seiner Show aufzeichnen zu können, aber natürlich muß ich erst einmal nachfragen, ob irgend jemand hier dagegen …“
Plötzlich sank der Ton herab, und der Pultomat meldete sich zu Wort. „Dr. Mogshack fragt seine Mitarbeiter ebenfalls nach gegebenenfalls vorhandenen Bedenken. Liegen Ihrerseits welche vor, Dr. Reedeth?“
Reedeth zögerte. „Keine Einwände“, beschied er nach kurzem Nachdenken. Das war das sicherste Vorgehen. Da Mogshack bereits sein Einverständnis erteilt hatte, blieb es sinnlos, einen Disput zu entfesseln.
Offenbar erhob auch sonst niemand Einspruch, denn als nächstes sagte Lyla Clay sehr leise etwas zu Ariadne, während sie an ihrem Schleier nestelte, und Ariadnes Blick streifte zwei, drei Patienten, bis sie nach einem Moment inneren Ringens zuletzt mit den Schultern zuckte. Lyla Clay warf den Schleier mit einer Gebärde, die nach Reedeths Empfinden Widerwillen ausdrückte, zur Seite, und stand im Handumdrehen in nichts als einem gekürzten Trikot-Overall im Nix-Stil.
„Hmmm …!“ machte Reedeth gedämpft. „Ihr Mackero kann sich wirklich glücklich schätzen.“
Mehrere männliche sowie zwei lesbische Patienten regten sich in einer Weise an ihren Plätzen, die anzeigte, daß sie bei ihnen einen ähnlichen Eindruck erregte.
Danach jedoch geschah erst einmal so gut wie nichts, außer daß Lyla einen Rundgang durch den Veranstaltungsraum machte und jeden der Anwesenden für eine Weile betrachtete, während vollkommenes Schweigen herrschte; sie nahm – zu seinem merklichen Unbehagen – Matthew Flamen nicht aus. Sie wirkte nervös, befand Reedeth, und ließ sich für ihre Aufgabe reichlich Zeit.
Seine Gedanken schweiften ab, als sie sich Madison widmete. Vielleicht wäre es eine Lösung, wenn er sich mit dem Aufsichtsrat der IBM in Verbindung setzte und ihm mitteilte, daß sich hier in der Ginsberg-Klinik jemand aufhielt, der bei der Wartung komplizierter automatischer Schaltanlagen ein absolut unglaubliches Talent entfaltete?
Nein, auch das war kein Ausweg. Abgesehen davon, daß sie zuviel Neopuritaner beschäftigte, war die Inorganic Brain Manufacturers dafür bekannt, daß sie sich mittlerweile ihres gesamten Knieblanks-Personals entledigt hatte, bis hinab zum unwichtigsten Vertreter.
Konnte er ein Gottschalk werden? Die Waffenhändler gehörten zu den größten Abnehmern hochentwickelter Automaten in der ganzen Nation, und ohne Zweifel kämen ihnen Knieblanks-Reparaturmechaniker für die Geschäftsbeziehungen zu den schwarzen Enklaven recht gelegen.
Beim nochmaligen Erwägen neigte Reedeth jedoch zu Zweifeln daran, daß das für Madison die richtige Art von Beschäftigung sei. Seine Erlebnisse beim Militär waren in seiner Erinnerung erfolgreich unter Kontrolle gebracht worden, aber da feststand, daß es sein aktiver Kampfeinsatz gewesen war, der sein Getriebe durcheinandergebracht hatte, wer wollte unter diesen Umständen ausschließen, daß ein erneuter täglicher Umgang mit modernen Waffen zu einer Wiederholung seiner Schwierigkeiten führte?
Am bequemsten wäre es, dachte Reedeth, Flamen würde den Fall Madison aufgreifen und einen Riesenwirbel um das ungerechte Schicksal eines Niebs veranstalten, den man noch in einer Psychiatrie festhielt, lange nachdem er sich für die Entlassung qualifiziert hatte .. Und es mochte, genauer überlegt, sogar möglich sein, die Story einem von Flamens Niebs-Kollegen zuzuspielen, die sich einer weit größeren Zuschauerschaft erfreuten, und außerdem – das zählte noch mehr – vorwiegend in Übersee.
Reedeth freute sich über seinen Einfall und merkte insgeheim vor, sich darum zu kümmern, ob er irgendeinen Ausläufer des unsichtbaren Informationsstroms aufspüren und jemanden wie beispielsweise Pedro Diablo erreichen könne. Das müßte sehr diskret ablaufen, aber bei geschicktem Vorgehen mochte es darin resultieren, daß jemand aus freien Stücken die Vormundschaft über Madison antrat und es ihm ermöglichte, die
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