Das Gottschalk-Komplott
zum Beispiel in Form der persönlichen Begrüßung von Gästen, deren Status unterhalb der Armutsgrenze lag.
Trotz des Schutzschleiers, der die Pythoness umhüllte, ließ sich erkennen, daß sie jung war und in ihrer Art der Bewegung sehr anmutig. Reedeth hoffte, man werde nicht darauf dringen, daß sie den Schleier auch vor den Patienten trug.
Auszug aus einem zuverlässigen Wörterbuch des einundzwanzigsten Jahrhunderts
Mackero m (makeró) [fr. maquereau ‚ Makrele’, ugs. f. Zuhälter; Kurzform ‚Mack’] Manager, Agent usw. f. junge erwerbstätige Person weiblichen Geschlechts (Fotomodell, freiberufliche Sängerin, Pythoness usf.); i.d. Kurzform abwertend.
Er, Sssie und wer?
„Ist alles so, wie Sie’s wünschen, Mr. Kazer?“ erkundigte sich Ariadne, zu verhindern außerstande, daß sie den allgegenwärtigen Kameras dann und wann nervöse Blicke zuwarf. Sie vermutete, daß nicht nur Reedeth und Mogshaw der Vorführung zuschauten, sondern wahrscheinlich ebenso buchstäblich jeder andere Angehörige des Personals. Sie hoffte, daß die Sache erfolgreich verlief.
Dan bückte sich und befühlte die große, dicke Matte, die ausgebreitet worden war, damit sich Lyla während ihrer konvulsivischen Zuckungen nicht verletzte. „Macht ’nen guten Eindruck“, sagte er. „Wo kann ich meinen Recorder anschließen?“
„Wir nehmen natürlich alles selbst auf“, antwortete Ariadne. „Wir verfügen über erstklassige Geräte.“
Dan schenkte ihr ein flüchtiges, sehr routiniertes Lächeln. „Sicherlich. Trotzdem möchte ich gerne mein eigenes Band haben. Wegen der Rechte, müssen Sie wissen.“
„Oh. Ach ja … natürlich. Na, also irgendwo drüben an der Wand, würde ich sagen.“ Erneut ruckte Ariadnes Blick rundum. Reedeth, der das sah, konnte sich nicht des Gefühls erwehren, daß sie Zeit zu gewinnen versuchte, den Beginn der Veranstaltung verzögerte. Verband sie mit ihrem Experiment irgendwelche Hintergedanken?
Doch da entkrampfte sie sich plötzlich, und Reedeth wechselte verwundert die Kamera, verschaffte sich einen weiträumigeren Überblick. Unmittelbar diesseits der Schwelle – die Tür glitt noch zu – stand ein neuer Ankömmling, der wirkte, als hätte er drei Köpfe. Auf seinen Schultern trug er, gekoppelt mit einer Blickwinkel-Folgevorrichtung, ein Paar Stereovision-Kameras, die zusätzlichen Schädeln aus blitzblankem Metall ähnelten. Und das dazwischen halb verborgene Gesicht, überkreuzt von einem Schaltarm mit Zungenauslöser, gehörte …
Matthew Flamen! Ruckartig beugte sich Reedeth an seinem Platz vor. Er fand nur selten eine Gelegenheit, die Matthew-Flamen-Show anzusehen, weil er an allen fünf Tagen arbeitete, an welchen man sie mittags sendete, aber er war dem TV-Macher kurz nach der Einlieferung seiner Frau zweimal persönlich begegnet.
War sie da? Reedeth musterte die Zuschauerschaft und erspähte ihre Haube dunkelbraunen Haars fast augenblicklich; sie hatte einen Sitz weit hinten belegt, in der letzten Reihe. Er sah Flamen ihr zuwinken, doch sie widmete ihm nur einen vollständig ausdruckslosen Blick, und nach einem Moment erstaunten Zögerns setzte er seinen Weg zur Mitte der Räumlichkeit fort. Ariadne machte ihn mit der Pythoness und ihrem Mackero bekannt, und man wechselte Worte, die verdrießlich knapp außerhalb der akustischen Aufnahmereichweite fielen.
Anschließend begann Flamen selbsttätig adjustable Mikros zu verteilen, als dekoriere er seine Umgebung mit Luftballons, justierte sie allesamt auf den Flotage-Index der Luft, so daß sie in konstanter Höhe unter der Decke schweben blieben. Beruhte sein Eintreffen auf Zufall oder Verabredung? Und was hielt Mogshack davon, daß hier ein Medienkiebiz aufkreuzte, voll ausgestattet mit Aufnahmegerät?
Unversehens stieß Reedeth ein zynisches Auflachen aus und richtete die beiden Fragen an seinen Pultomaten. Die Antworten – vor allem jene, die Aufschluß über die Motive Mogshacks gab, die Aufmerksamkeit des Fernsehpublikums zu suchen –, bewiesen ohne den geringsten Zweifel, daß Madison während seiner Arbeit an dem Apparat die Zensurschaltungen restlos eliminiert hatte.
Er lachte noch gedämpft vor sich hin, da kam ihm der schaurige Gedanke, daß er möglicherweise keineswegs der einzige Personalangehörige war, dessen Pultomaten Madison unvermutet abgeändert hatte. Auch danach fragte er, erhielt allerdings die tröstliche Auskunft, eine solche Modifikation sei bisher nur an seinem Exemplar vorgenommen
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