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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Sie auf Befehle von den Offizieren der Organisation für Innere Sicherheit. Wiederhole, Alarmstufe Rosa für Ost- und Nordbereiche des Stadtgebiets New York. Ende-Ende-Ende. Bleiben Sie für weitere Mitteilungen auf Empfang.“

Wenn man sich im Finstern ängstigt, kann man eine Taschenlampe mitnehmen, aber es gibt keinen billigen, tragbaren Schutz vor Einsamkeit
     
    Lyla unterbrach den Weg vom Lift zur Wohnung vorm KommNetz-Apparat am Ende des Korridors; wie die meisten KommNetz-Sammelanschlüsse, die man in diesen jämmerlichen Neubau-Wohnblocks installierte, war das Gerät klobig, häßlich und mit Panzerplatten gewappnet, und man konnte es wahrscheinlich nur mit einer Bombe lahmlegen. Als sie ins Fach schaute, entdeckte sie darin nur eine Pfütze Betriebsflüssigkeit – die Hausverwaltung hatte das Kopierpapier ausgehen lassen. Den Apparat in Gang zu haben, wenn sich nichts aufzeichnen ließ, war reiner Schwachsinn.
    Doch sie befand sich in zu kläglicher Gemütsverfassung, um sich über so etwas zu ärgern. Ihr depressiver Zustand hatte begonnen, kurz bevor sie Flamens Haus verließ, und ihn so erfreut über irgend etwas zu sehen, das sie nicht begriff – das Resultat seiner rätselhaften Unterhaltung mit dem Dicken namens Lionel –, war nur dazu geeignet gewesen, ihre Niedergeschlagenheit zu vertiefen. Unvermittelt war die Welt freudlos für sie geworden. Vielleicht waren Nachwirkungen der SibyllPille dafür verantwortlich, aber sie konnte auf keinerlei vorherige Erfahrungen zurückblicken, um Vergleiche zu ziehen. Noch nie war sie mit Ohrfeigen aus der Trance geholt worden.
    Und schlimmer: Dans Wort hätte sie nicht geglaubt, aber nachdem sie Flamens Aufnahmen gesehen hatte, war es unmöglich, die Notwendigkeit weiterhin anzuzweifeln. Echofallen waren in drei ihr bekannten Fällen der Tod von Pythonessen gewesen – ihr geistiges, nicht körperliches, und daher um so ärgeres Ende.
    Nun mußte sie sich mit einem unüberschaubaren Haufen von Problemen auseinandersetzen: der Tatsache, in eine Echofalle geraten zu sein (aus welchem einsichtigen Grund?), den Ungewissen Folgen dessen, den Rest der Droge stoffwechselmäßig im Normalzustand, nicht in der Trance, verarbeiten zu müssen, und dem seltsamen Nachhallgefühl, das sie während des Skimmerflugs zu Flamen dazu gebracht hatte, Äußerungen zu tun, die auf nichts anderes als ein Orakel hinausliefen.
    Indem sie den Kontaktschlüssel mit seinem nur einmal existenten Magnetmuster gegen das Schloß der Wohnungstür drückte, versuchte sie, zu entscheiden, ob die Person, über die sie geredet hatten, auch jene gewesen war, deren Anwesenheit sie in die Echofalle getrieben haben konnte. Wie es hieß – wenngleich das Talent einer Pythoness zu fragil war, um mit Laborversuchen mehr Klarheit darüber schaffen zu können –, mußte unter den Zuschauern eine außergewöhnlich starke Persönlichkeit sein, eine Person mit so starker Aura von Autorität, daß sie ihre sämtlichen Versuche zu unterbinden vermochte, sich von ihr ab- und einem anderen Anwesenden zuzuwenden.
    Flamen selbst? Sie hatten gut eine Stunde damit zugebracht, die drei Orakel zu diskutieren, die sie bei ihrem Auftritt vollständig aussprechen konnte, und zuletzt geschlußfolgert, daß keines davon auf ihn zutraf. Das hatte ihn spürbar erleichtert.
    Flugs huschte sie unter der Falltür hindurch, die sich öffnete, wenn man das Türschloß mit dem richtigen Schlüssel kontaktierte, und sicher arretiert blieb, bis man die Tür wieder zumachte; sobald sie drinnen war, sperrte sie die Welt mit einem dumpfen Knall aus.
    „Dan?“ rief sie und warf ihren Schutzschleier über den Haken, aber er fiel auf den Boden, und sie mußte ihn umsichtiger aufhängen.
    Keine Antwort.
    Sie ging zum Kühlschrank und fand darin den Rest eines Brotlaibs mit Schimmel darauf sowie Erdnußbutter, die so alt war, daß sie sich ihres Öls enteitert hatte. Aber Lyla verspürte sowieso keinen Hunger. Im Tiefkühlfach lag ein Sortiment blauer, grüner und brauner Fläschchen, deren Inhalt sehr kalt gehalten werden mußte, wollte man den gewöhnlichen Zeitraum seiner Verwendbarkeit verlängern; in einer braunen Flasche, auf der sie Dans Handschrift erkannte, entdeckte sie noch eineinhalb HappyPillen und schluckte sie.
    Daraus ergab sich so gut wie nichts. Wahrscheinlich waren die Pillen durch zu lange Lagerung unwirksam geworden. Lyla trat ans Wandbrett der Küche und schabte mit der Kreide in dicken Großbuchstaben HAPPYPILL.

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